Ökumene soll von unten wachsen
Dialog der Konfessionen im Rahmen der Papst-Franziskus-Gespräche in Untermeitingen
Untermeitingen Unter dem provokanten Titel „Wer fürchtet sich vorm lieben Gott?“veranstaltete der Arbeitskreis der Papst-Franziskus-Gespräche Mitglieder der katholischen und evangelischen Gemeinden auf dem Lechfeld einen Dialog mit Vertretern beider Kon- fessionen. Der Abt der Augsburger Benediktinerabtei St. Stephan, Theodor Hausmann und Pfarrer Leander Sünkel von der evangelischen Gemeinde der Lechfelder Versöhnungskirche reflektierten im Zwiegespräch Aspekte der Kirchengeschichte und der aktuellen Situation in der Ökumene.
Die Moderatorin Maria Schneider erinnerte an die euphorische Stimmung, als am Reformationstag 1999 in der Augsburger St.-Anna-Kirche von hochrangigen Vertretern beider Konfessionen ein Einigungsdokument zur Rechtfertigungslehre Martin Luthers unterzeichnet wurde. Damit wurden offiziell die gegenseitigen Lehrverurteilungen des 16. Jahrhunderts überwunden. Beide Referenten waren sich darin einig, dass Luther genauso wie Benedikt von Nursia etwa 1000 Jahre vor ihm gegen entstandene Zerrbilder in der Kirche ankämpfte und den Glauben auf die wesentliche Botschaft von Jesus Christus zurückführte. „Gott nimmt die Menschen als liebender Vater in seine Arme auf. Das war die zentrale Botschaft Benedikts“, sagte Hausmann.
Auch Luther habe in seiner Zeit, in der das Leben von Seuchen und Kriegen stets gefährdet war, den Gott gesucht, der die Menschen in die Arme nimmt, sagte Sünkel: „Er suchte den gnädigen Gott an der Weggabelung zwischen Verdammnis und Erlösung und fand ihn in der Annahme durch Jesus Christus allein aus Glauben, da der Mensch sich nicht selbst rechtfertigen könne.“Die Frage, ob Gott immer ein lieber Gott sei, der auch getaufte Schwerverbrecher in seine Vergebung einschließt, oder auch ein strafender Gott sein kann, löste einige Fragen der Besucher aus.
Die Kirchenspaltung im 16. Jahrhundert sei nicht allein religiös bedingt gewesen, sondern hatte auch machtpolitische Gründe, darin waren sich Hausmann und Sünkel einig. Pfarrer Sünkel stellte unmissverständlich fest: „Getauft wird immer auf den Namen Jesu Christi, nicht auf katholisch oder evangelisch. Die Erklärung von 1999 ist ein Kompromiss von Theologen, der aber nicht so bedeutsam ist wie die gelebte Ökumene in der Gemeinschaft.“Zur Frage eines Besuchers, ob ein katholischer Pfarrer Grenzen seiner Kirche zum Beispiel bei der gemeinsamen Eucharistie überschreiten dürfe, sagte der Abt, dass Papst Franziskus hier viel Spielraum und Eigenverantwortung gelassen habe.
Mit dem Hinweis auf die musikalische Begleitung durch die konfessionsverschiedenen Kirchenmusiker Ulrike Rath und Wolfgang Reiber mit vierhändigen Klavierstücken fasste Sünkel den ökumenischen Dialog zusammen: „Gott ist der Komponist, der uns ein Stück gibt, das wir aber zusammen spielen müssen.“