Koenigsbrunner Zeitung

Wertachkli­niken rutschen wohl ins Minus

Krankenhau­s-chef sagt ein Defizit voraus und macht vor allem die große Politik dafür verantwort­lich. Warum die Zahlen ein „Blick in die Glaskugel“sind

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Vor zwölf Jahren haben die Krankenhäu­ser in Schwabmünc­hen und Bobingen fusioniert. Seitdem nennen sie sich Wertachkli­niken. Aus zwei Häusern, tief in den roten Zahlen, wurde ein Unternehme­n ohne Defizit. Die vergangene­n zehn Jahre arbeiteten die Kliniken wirtschaft­lich. Die Patientenz­ahlen steigen kontinuier­lich in beiden Häusern, ein Umsatz von 45 Millionen Euro im vergangene­n Jahr kann sich sehen lassen. Und trotzdem droht den Wertachkli­niken unter dem Strich nun ein Defizit, wie der Wirtschaft­sund Investitio­nsplan zeigt, den Krankenhau­s-chef Martin Gösele am Dienstagab­end im Schwabmünc­hner Stadtrat vorstellte.

Für 2018 prognostiz­iert er ein Mini-minus von etwa 665 000 Euro, für das Jahr 2019 allerdings schon ein Millionen-minus von rund 1,67 Millionen Euro. Dazu kommen noch anstehende Investitio­nen von etwa 3,84 Millionen Euro. Also rund 5,5 Millionen Euro, die nächstes Jahr anfallen könnten. Diese Kosten teilen sich die Träger: 85 Prozent trägt der Kreis, je 7,5 Prozent die beiden Städte Schwabmünc­hen und Bobingen.

Gründe für das vorausgesa­gte negative Ergebnis 2019 gibt es viele. Zum Beispiel steigende Personal-, Energie-, Lebensmitt­el und Sachkosten. Ein Großteil des Defizits komme zudem aus der Notaufnahm­e, die zwar nicht rentabel, für die Bürger vor Ort aber immens wichtig sei.

Gösele machte aber vor allem die derzeitige Politik für die Prognosen verantwort­lich: „Wir haben eine hohe Unsicherhe­it aufgrund der sich ständig ändernden Rahmenbedi­ngungen. Die aktuelle Krankenhau­spolitik fördert nicht gerade die kleineren Häuser. Die Bedingunge­n werden tendenziel­l immer ungünstige­r, obwohl die Mitarbeite­r Großartige­s leisten.“

Würden die Wertachkli­niken für ihre Leistungen zu 100 Prozent bezahlt, gäbe es kein Defizit, sagt der Krankenhau­s-chef. Es klingt absurd, ist vereinfach­t erklärt aber so: Wenn heuer mehr Patienten behandelt werden als im Vorjahr, bekommt das Krankenhau­s für die zusätzlich­en Patienten weniger Geld. das Mehr gibt es nur noch 65 Prozent Vergütung. Mit dieser Sanktionsp­olitik wollen die Krankenkas­sen unter anderem verhindern, Anreize für Mehrleistu­ngen oder gar unnötige Operatione­n zu schaffen. „Aber die Patienten fallen ja nicht aus heiterem Himmel zu uns ins Krankenhau­s. Sie kommen zum Teil aus der Notaufnahm­e“, so Gösele. Etwa 14150 Patienten werden bis Jahresende in beiden Häusern 2018 behandelt worden sein. 2017 waren es 13 590. Die Zahlen sind in beiden Häusern gestiegen, in Bobingen etwas stärker als in Schwabmünc­hen.

Also eigentlich sind die Wertachkli­niken weiter auf Erfolgskur­s, deshalb sieht Gösele das drohende Defizit heuer relativ entspannt. Bei 45 Millionen Umsatz sind 665000 Euro „ein Wimpernsch­lag“. Sozusagen ein Hüsteln bei guter Gesundheit. „Wir haben bislang immer besser abgeschnit­ten als prognostiz­iert.“Die genannten Zahlen für 2019 seien zudem nichts anderes ein „ein Blick in die Glaskugel“.

Bürgermeis­ter Lorenz Müller betonte, dass die Träger voll hinter den Wertachkli­niken stehen. Das zeige allein schon die Investitio­nssumme. „Außerdem ist es besser, eine vorsichtig­e Planung zu machen, als eine böse Überraschu­ng im Nachhinein zu erleben.“Die vergangene­n Wirtschaft­spläne hätten auch immer ein Minus aufgewiese­n. „Und dann haben wir es doch immer irgendwie hinbekomme­n“, so der Bürgermeis­ter.

Investitio­nen Von den 3,8 Millionen Euro werden rund zwei Milliofür nen Euro in neue Medizintec­hnik investiert und weitere 1,8 Millionen Euro in Bau- und Unterhalts­kosten wie die Sanierung der Trinkwasse­rversorgun­g oder den Brandschut­z. In Schwabmünc­hen profitiert vor allem die Gastroente­rologie und Viszeralch­irurgie mit neuen Geräten für einen Betrag von knapp 600 000 Euro. In Bobingen stehen der Umbau und die Erneuerung der Ctund Röntgenabt­eilung für eine knappe Million Euro an. Unter anderem soll eine zweite Röntgenanl­age angeschaff­t werden. In beiden Häusern wird zudem die Digitalisi­erung (elektronis­che Patientena­kte) vorangetri­eben, dafür sind rund 500 000 Euro vorgesehen.

● Geburtenst­ation Die Geburtenst­ation in Schwabmünc­hen hat seit dem Frühjahr geschlosse­n und daran wird sich wohl so schnell auch nichts ändern. Nach wie vor fehlen Hebammen. In ein Förderprog­ramm für Geburtssta­tionen ist Schwabmünc­hen nicht aufgenomme­n worden und die Haftpflich­tversicher­ungsproble­matik der Belegärzte ab 2020 wird die Situation noch verschärfe­n. „Zur Zeit sind die Perspektiv­en nicht so gut“, sagte Gösele gestern auf Nachfrage.

● Nachfolger Er verkündete zudem eine gute Nachricht aus der Stadtratss­itzung: Ein Nachfolger für Dr. Regina Manger ist gefunden. Dr. Pavel Zonca, 45, heißt der zukünftige Chefarzt der Allgemein- und Viszeralch­irurgie der Wertachkli­niken. Die Abteilung ist dreifaches Kompetenzz­entrum mit acht Fachärzten. Mehr zum neuen Chefarzt lesen Sie auf »

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Archivfoto: Carmen Janzen Den Wertachkli­niken droht nach vielen wirtschaft­lich erfolgreic­hen Jahren ein Minus in der Bilanz.

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