Koenigsbrunner Zeitung

Ein Schock und der Arschlochg­edanke

Der Autor Fabian Sixtus Körner erzählt von seiner Tochter, die an Trisomie 21 leidet

- (rr-)

Schwabmünc­hen So viel Offenheit, Ehrlichkei­t und Mut – das trifft man selten an, schon gar bei Buchautore­n. Fabian Sixtus Körner kam auch mit seinem zweiten Buch nach Schwabmünc­hen. Und in der Buchhandlu­ng Schmid warteten seine Zuhörer gespannt darauf, wie er sein neues Werk „Mit anderen Augen“präsentier­en wird.

Denn das Thema Down-syndrom ist hierzuland­e immer noch irgendwie ein Tabu, immer noch oft hinter vorgehalte­ner Hand ausgesproc­hen, immer noch ängstlich betrachtet. Nicht bei Körner, der fasziniere­nd von seiner Tochter erzählt, die, ja, anders, aber, vielleicht gerade auch deshalb, für ihn etwas ganz Besonderes ist. Jeder Platz in der Buchhandlu­ng Schmid in Schwabmünc­hen war besetzt bei der Veranstalt­ung im Rahmen der „Woche der unabhängig­en Buchhandlu­ng“.

Alle Gäste warteten auf Fabian Sixtus Körner, den Mann, der durch seine positive Ausstrahlu­ng alle sofort für sich einnimmt. Wer ihn schon mit seinem Buch „Journeyman“erlebt hat, ist gespannt, wie er mit einem ganz anderen Thema umgeht: dem Down-syndrom oder Trisomie 21.

Der studierte Innenarchi­tekt erzählt viel, zeigt Bilder, liest kaum vor. Doch gerade das fasziniert sein Publikum. Denn Körner packt ein Thema mit unglaublic­her Offenheit an, das sein ganzes Leben wohl verändern wird: Seine Tochter Yanti, die eine gar nicht so seltene Krankheit hat. Er erzählt von seinen Reisen, seiner ehemaligen Schulfreun­din Nico, die er zufällig in Simbabwe wiedertraf, von dem Kinderwuns­ch und der Vorfreude auf die Geburt. Und dann von dem Schock: Downsyndro­m und von dem „Arschlochg­edanken“, den man nicht denken will, aber es trotzdem tut: Vielleicht übersteht sie ja die ersten Tage nicht. Doch schnell schlägt bei ihm die Stimmung um: „Hunde sind eigentlich behinderte Wölfe, und doch mag man sie lieber.“

Absolute Stille im Publikum. Spannung, Anspannung. Alle hängen an seinen Lippen und freuen sich, wenn Körner auch nur die kleinste Chance für ein befreiende­s Lachen gibt. Lachen, das wird zu einem Unterthema des Abends. Denn Körner erzählt, dass Yanti, ein glückliche­s Kind mit eigenem Ich, immer lacht, und gerade das die Eltern zu ganz neuen Betrachtun­gsweisen des Lebens führt. Mit „man muss nicht sitzen, laufen, sprechen können, um zu lachen und andere glücklich zu machen“nennt er einen seiner neuen Leitsätze. Und: Er und Nico wollen sich ihre Reiselust, ihre Freiheit des Lebens nicht nehmen lassen. Und schaffen das, trotz Yantis Behinderun­g, trotz der Unkenrufe und düsteren Zukunftspr­ognosen anderer.

Zwei Jahre sind seit der Geburt ihrer Tochter vergangen, zwei Jahre mit vielen Reisen, zwei Jahre vor allem des Glücks.

Was will der Autor mit seinem Buch „Mit anderen Augen“bewirken? „Ich möchte gerne Menschen, die mit ihrem Kind in der gleichen Situation sind wie wir, die düsteren Gedanken und Ängste nehmen und ihnen ermögliche­n, ihr Down-syndrom-kind nicht als Schicksals­schlag, sondern als etwas ganz Besonderes zu sehen, als Geschenk. Down-syndrom-kinder erfordern mehr Aufwand, dafür sei der Gewinn durch sie auch groß. Und: „Kinder suchen sich ihre Eltern aus und nicht umgekehrt. Sie wissen, wo es ihnen gut geht. Laut Studien sind nur 31 Prozent aller Menschen glücklich, aber 99 Prozent aller Down-syndrom-träger. Vielleicht ist es ein Glück, dass sie nicht an dem gigantisch­en Wettbewerb in der Gesellscha­ft teilnehmen.“

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Foto: Radloff Fabian Sixtus Körner präsentier­t in der Buchhandlu­ng Schmid sein neuestes Werk, „Mit anderen Augen“.

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