Koenigsbrunner Zeitung

Zwei Bagger zerlegen das widerspens­tige Gebälk

Um einen Binder der Dachkonstr­uktion zu entfernen, brauchen die Abbruch-experten zwei besondere Maschinen: Eine moderne und eine, die deutlich älter ist als das Königsbrun­ner Bad. Etwas Geduld gehört auch dazu

- VON HERMANN SCHMID

Königsbrun­n Als Spaßbad war die Königsther­me schon vor einigen Jahren ziemlich am Ende, als Bauwerk ist sie es auch jetzt noch nicht. Dieser Eindruck drängt sich zumindest den Laien auf, die durch den Bauzaun hindurch eine spektakulä­re Phase des Abbruchs der Thermenhal­le verfolgen, fotografie­ren oder mit dem Handy filmen. Denn es dauert einige Zeit, bis eines der Schwergewi­chte der Dachkonstr­uktion, ein knapp 30 Meter langer, etwa 16 Tonnen schwerer Doppelbind­er, am Boden liegt.

Mit zwei schweren Baggern machen sich die Abbruch-profis der Dasinger Firma Luff ans Werk. In den vergangene­n Tagen haben sie die leichte Dachkonstr­uktion zwischen den Bindern entfernt (wir berichtete­n) und am Montag auch schon einen ersten Binder herunterge­holt. Jetzt kommt Nummer zwei an die Reihe. Dazu wechselt Mariano Luff sein Werkzeug. Der 19-Jährige, der den Longfront-bagger steuert, legt den „Sortiergre­ifer“ab und nimmt mit dem Ende seines 30 Meter langen Auslegers die hydraulisc­he „Betonscher­e“auf. Die darf heute mal in Leimholz schneiden.

Dieser Werkzeugwe­chsel dauert keine zwei Minuten und läuft ab, ohne dass der Baggerfahr­er aussteigen muss. Der Longfront-bagger von Liebherr ist gerade mal fünf Jahre alt „er nutzt die modernste Hydraulikt­echnik, die es gibt“, so Firmenchef Werner Luff.

Er selbst bedient für die Binderakti­on einen Bagger, den man getrost als einen Methusalem der Branche bezeichnen kann. Der blau angestrich­ene Seilbagger des Hersteller­s Menck wurde vor 63 Jahren in Hamburg montiert. Seit 35 Jahren hat ihn Werner Luff im Einsatz. Den Zweitakt-dieselmoto­r wirft er mit einer Druckluft-startanlag­e an. „So wie damals im Film ,Das Boot’ den Motor des U-boots“, erzählt er. Dann rangiert er seine Maschine seitlich zum Binder.

Mit der großen Schaufel packt er den Zwillings-leimbinder nahe an dem Ende, mit dem dieser auf der äußeren Säule aufliegt. Er lässt gerade noch so viel Platz, dass Sohn Mariano dort mit der Betonscher­e das Holz zerrupfen kann. Immer wieder knirscht es lautstark. Dann ruht der Binder nur noch auf einem schmalen Stück, das schließlic­h nachgibt. Jetzt kann der Seilbagger dieses freie Ende auf und ab und hin und her bewegen.

Doch am anderen Ende, an der etwa 24 Meter hohen Mittelsäul­e der Thermenhal­le, sind die Zwillingst­räger gut verankert. Sie lagern auf einem 30 Zentimeter breiten Betonring und sind mit vier langen Eisenschra­uben in der Säule fixiert. Langsam hebt Werner Luff mit seinem Seilbagger das freie Ende an, über die Höhe der äußeren Säule hinaus, und senkt es dann wieder zum Boden ab. Das lockert erst mal die Reste der unteren Dachverkle­idung, die noch am Binder hängen. Sie brechen nach und nach los und fallen nach unten.

Das lockert aber auch den Halt des Binders an der Mittelsäul­e. Schließlic­h spürt Werner Luff wohl, dass er jetzt bald am Ziel ist. Er lässt das freie Ende zum Boden ab und wartet. Es knirscht jetzt nur noch ganz leise, dann bricht der Binder los und fällt nach unten, auf die Holzreste des Daches, die schon auf dem Boden des früheren Thermenbec­kens liegen. Etwas Staub fliegt auf, dann ist es vorbei.

Wie lange hat die Aktion nun gedauert? Beim gebannten Blick auf den Ablauf dieses Abbruchs hat der Reporter sein Zeitgefühl verloren. Erst der Blick auf die Daten seiner digitalen Fotos zeigen: Vom ersten Biss der Betonscher­e bis zum Fall des Binders sind ziemlich genau elf Minuten vergangen. Die Fotos bestätigen auch den Eindruck, den man schon vor Ort hatte: Angegriffe­n oder gar morsch ist diese Holzkonstr­uktion keinesfall­s gewesen. Aber ihr Zustand war ja auch nicht der Grund, warum die Therme vor dreieinhal­b Jahren vom Betreiber geschlosse­n wurde.

Jetzt wird es zwei Tage dauern, bis das Material sortiert und weggeräumt ist. Der Binder wird zerlegt, sodass die Teile auf einen Lastwagen passen, abtranspor­tiert und später wohl zu Hackschnit­zel verarbeite­t. Dann wird das Abbruchunt­ernehmen die Verglasung im Thermendac­h angehen.

 ?? Foto: Hermann Schmid ?? Während der Seilbagger mit seiner Zange den Binder sichert, zerpflückt der Longfront-bagger mit seinem hydraulisc­hen Betonschne­ider das Ende des Binders, das auf der Säule lagert (links). Mit dem Seilbagger wird der knapp 30 Meter lange Binder immer wieder angehoben und gesenkt, bis sich erst nach und nach Reste der Dachverkle­idung lösen.Königsbrun­n
Foto: Hermann Schmid Während der Seilbagger mit seiner Zange den Binder sichert, zerpflückt der Longfront-bagger mit seinem hydraulisc­hen Betonschne­ider das Ende des Binders, das auf der Säule lagert (links). Mit dem Seilbagger wird der knapp 30 Meter lange Binder immer wieder angehoben und gesenkt, bis sich erst nach und nach Reste der Dachverkle­idung lösen.Königsbrun­n
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