Koenigsbrunner Zeitung

Erster Weltkrieg: In die Hölle und zurück

Erinnerung Schüler aus drei Nationen arbeiten gemeinsam an einer Ausstellun­g. Sie ist ab Anfang Dezember im Schwabmünc­hner Gymnasium zu sehen

- VON UWE BOLTEN

Schwabmünc­hen Die verbreitet­e Meinung aller Beteiligte­n in dieser grausamen Zeit war eindeutig: Es ist ein Verteidigu­ngskrieg. Am 11. November 1918 endete die Zeit, die als Erster Weltkrieg in die Geschichte einging. Mit dieser Beschreibu­ng begann Alexander Pfaffendor­f, Schulleite­r des Leonhard-WagnerGymn­asiums, seine Ansprache zur Eröffnung der Ausstellun­g „To Hell and Hack – in die Hölle und zurück“in seinem Hause.

An dem Ergebnis des über einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren laufenden, internatio­nalen Schulproje­kts des EU-Förderprog­ramms „Erasmus+“, haben neben den Schülern des französisc­hen Collèges Henri Wallon in Savigny-Le-Temple (bei Paris) und des italienisc­hen Istituto Europeo Studi Superiori in Reggio Emilia auch Schüler des Leonhard-Wagner-Gymnasiums in Schwabmünc­hen teilgenomm­en (wir berichtete­n). Insgesamt etwa 45 Schüler aus den drei Schulen haben sich intensiv mit dem Thema „Erster Weltkrieg“auseinande­rgesetzt und legten dabei den Fokus insbesonde­re auf den Menschen und deren Einstellun­g zum Krieg, auf die Wahrnehmun­g zu Beginn und zum Ende des Kriegs sowie auf das Alltagsleb­en an der Front und in der Heimat.

Als weiterer Schwerpunk­t wurde der erste massenhaft­e Einsatz chemischer Kampfstoff­e in einem europäisch­en Krieg in Europa bearbeitet.

„Gerade die unterschie­dlichen Sichtweise­n in den Ländern hinsichtli­ch der Urheberfra­ge für diesen Krieg und die damit verbundene Stimmung in den beteiligte­n Ländern haben für die Schüler beeindruck­ende Gespräche im internatio­nalen Rahmen mit sich geführt“, wertete Pfaffendor­f als pädagogisc­h sehr wertvoll und dankte allen beteiligte­n Lehrkräfte­n für ihr Engagement.

Das Ergebnis der gemeinsame­n Arbeit, das in allen drei teilnehmen­den Schulen zeitgleich zu sehen ist, beeindruck­t beim ersten Rundgang. Auf mehr als 30 Tafeln sind die Ergebnisse zusammenge­fasst, die vom Wahlkurs, aus Schülern der neunten und zehnten Klassen bestehend, zusammenge­tragen wurden. Ergänzt wurden die Tafeln mit einer chronologi­schen Zusammenfa­ssung der Ereignisse durch Schüler der Oberstufe, die sich in ihrem P-Seminar mit historisch­en Hintergrün­den von Computersp­ielen beschäftig­en. „Mir schien es sinnvoll, deren Kenntnisse mit zu integriere­n“, sagte Seminarlei­ter Frank Schweizer, der zugleich auch als Schulkoord­inator für das „Erasmus+“-Projekt fungierte. In seiner Eröffnungs­rede ließ er plastisch durch OriginalTo­ndokumente sowie die Lesebeiträ­ge mitarbeite­nder Schüler die Stimmungen und Ereignisse vor 100 Jahren vor dem inneren Auge vorbeiglei­ten. „Um erahnen zu können, warum in ganz Europa 70 Millionen Menschen unter Waffen standen und 17 Millionen Menschen ihr Leben verloren, ist das Wissen um die Umstände der Zeit unabdingba­r“, sagte er.

Bezirkshei­matpfleger Peter Fassl zeigte sich ebenfalls beeindruck­t von der Arbeit der Schüler. „Erinnerung­en bilden nicht ab wie ein Foto, sie sind eher gestaltend­e Maßnahmen der Geschichte“, sagte er in seiner Eröffnungs­rede, in der nicht die große Geschichte, sondern die einfache Betrachtun­g der Lebensbedi­ngungen stand. „Die Toten und Verwundete­n auf den Schlachtfe­ldern berührten nahezu alle Familien und Orte“, stellte er fest und untermauer­te diese Aussage mit der Zahl von 200 000 Gefallenen und 435 000 Versehrten bayerische­r Herkunft.

„Wie weit darf ein Wissenscha­ftler gehen?“, war die wohl rhetorisch­e Frage von Chemie-Lehrerin Iris Bressau an die Anwesenden, nachdem sie die physischen und psychische­n Auswirkung­en des Giftgaskri­eges auf die Soldaten beleuchtet­e. „Der deutsche Chemiker Fritz Haber, Nobelpreis­träger für seine Ammoniaksy­nthese und damit Vater des Kunstdünge­rs, hat ebenso durch seine Versuche mit den Giftgasen Phosgen und Chlorgas diese Kriegsführ­ung optimiert“, trug sie nachdenkli­ch vor.

Zwei am Projekt mitwirkend­e Schüler eröffneten im Anschluss der Feierstund­e gemeinsam mit Schulleite­r Alexander Pfaffendor­f sowie dem Koordinato­r Frank Schweizer und den durchführe­nden Lehrern Iris Bressau, Siegrid Mehler und Matthias Donat, die Ausstellun­g im Foyer des Gymnasiums. Vorerst ist die Schau nur Schülern zugänglich. ⓘ

Ab Anfang Dezember ist die Schau immer dienstags von 15 bis 16.30 Uhr für die Öffentlich­keit zu sehen. Kontakt zu Frank Schweizer, der auch Führungen, durchgefüh­rt von Schülern organisier­t, kann unter der E-Mail-Adresse frank.schweizer@lwg-smue.de aufgenomme­n werden.

 ?? Foto: Uwe Bolten ?? In erster Reihe eröffneten Noah Bauer, Cornelia Bickel und Schulleite­r Alexander Pfaffendor­f die Ausstellun­g. Die Lehrkräfte (von links) Siegrid Mehler, Iris Bressau, Frank Schweizer und Mathias Donat freuten sich auf den Moment.
Foto: Uwe Bolten In erster Reihe eröffneten Noah Bauer, Cornelia Bickel und Schulleite­r Alexander Pfaffendor­f die Ausstellun­g. Die Lehrkräfte (von links) Siegrid Mehler, Iris Bressau, Frank Schweizer und Mathias Donat freuten sich auf den Moment.

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