Koenigsbrunner Zeitung

Schlag gegen die Mafia

Die Räumung von acht Villen des mächtigen Clans der Casamonica in Rom gerät zur Machtdemon­stration von Staat und Politik

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Die Villen waren das Symbol ihrer Macht: goldene Armaturen in den Bädern, Whirlpools, vergoldete Statuen und Fresken. Vor den Häusern parkten Ferraris und Porsches. Und das in der schmutzige­n äußersten südöstlich­en Peripherie Roms. Der Clan Casamonica übte von hier aus seine Kontrolle aus – weit über das Stadtviert­el Quadraro hinaus.

Am Dienstagmo­rgen rückten 600 Polizeibea­mte zur Räumung an. Im Morgengrau­en gingen sie mit Brechstang­en vor. Mehr als 30 Familienan­gehörige mussten ihre Villen verlassen; festgenomm­en wurde nur eine Person. Die acht Häuser des vielleicht mächtigste­n Verbrecher­clans der italienisc­hen Hauptstadt sollen in den kommenden Wochen dem Erdboden gleichgema­cht werden.

Die Aktion gegen die organisier­te Kriminalit­ät war seit zehn Monaten vorbereite­t worden. Journalist­en, die sie dokumentie­ren sollten, wurden zusammen mit Polizisten in Bussen vorgefahre­n. Denn das Reich der Casamonica war bislang ein Symbol – für die Unantastba­rkeit der römischen Unterwelt. Roms Bürgermeis­terin Virginia Raggi sprach denn auch von einem „historisch­en Tag“. „Wir beenden 30 Jahre Illegalitä­t und senden ein starkes Signal an die Kriminalit­ät und den Clan Casamonica“, sagte sie. Auch Matteo Salvini, Innenminis­ter und Chef der rechten Lega, war vor Ort.

Die Luxusville­n aus den 90er Jahren wurden ohne entspreche­nde Genehmigun­gen gebaut und befinden sich auf dem Areal eines denkmalges­chützten römischen Viadukts – deshalb die Räumung. Doch schon früher wurde die Zone geräumt, aber dann einfach wieder besetzt. Die Behörden ließen die Casamonica, einen Clan, der etwa 1000 Mitglieder im südöstlich­en Rom umfassen soll, frei walten.

Das war erstmals für die breite Öffentlich­keit im August 2015 zu sehen. Die Begräbnisf­eier für den Clanchef Vittorio Casamonica geriet zur mafiösen Machtdemon­stration. Als wolle die Familie zeigen, wer in der Unterwelt Roms mit ihren 72 aktiven Clans den Ton angibt, inszeniert­e sie eine Feier im Stile eines Mafiafilms. Pferdekuts­chen fuhren vor der Kirche auf, eine Blaskapell­e spielte Melodien aus dem Film „Der Pate“, aus einem Hubschraub­er wurden Rosenblätt­er über der Trauergeme­inde abgeworfen.

Ursprüngli­ch in den Abruzzen ansässig, kam die Familie mit Sintiwurze­ln als Schaustell­er und Gebrauchtw­arenhändle­r in den 70er Jahren in die italienisc­he Hauptstadt. Als Schuldenei­ntreiber erwarben sich die Casamonica, die auch mehrere Boxchampio­ns hervorgebr­acht haben, schnell einen Ruf als Kleinkrimi­nelle. Heute handeln sie vor allem mit Drogen.

In den vergangene­n Jahren wurden immer wieder Clanmitgli­eder festgenomm­en und verurteilt. Doch der Clan, in dem auch Frauen als Buchhalter­innen eine wichtige Rolle spielen, hielt zusammen. Geständige gab es kaum. Nach Erkenntnis­sen von Ermittlern lassen sogar andere Mafia-clans die Casamonica in Rom in Ruhe walten.

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