Was sich auf der Baustelle am Schmiedberg tut
Eigentlich sollte der Umbau des Gebäude-komplexes in diesem Jahr fertig werden. Es dauert länger, denn die Arbeiter machten zahlreiche Entdeckungen – lästige aber auch kuriose
Wer im Hohen Weg steht und nach Osten schaut, sieht seit Langem ein ähnliches Bild: Baugerüste, Arbeiter, Maschinen. Ein ganzes Haus wurde abgerissen. Bald wird sich das Bild ändern, wie Geza Varga und Wolfgang Fratz sagen. Einige Bauabschnitte werden allerdings mit wohl einem Jahr Verspätung fertig gestellt – denn bei den Arbeiten erwiesen sich die Gebäude als eine wahre Fundgrube.
Geza Varga ist der Architekt des Gebäudes, Wolfgang Fratz Vertreter der Bauherren. Vor einigen Jahren kaufte das Immobilienunternehmen ALS die Gebäude am Schmiedberg zwischen Hohem Weg und Belzmühlgäßchen, 2015 begannen die Arbeiten an den sanierungsbedürftigen Häusern. Von einer Plane geschützt lehnt ein schwerer Stein unter der Galerie in Richtung Schmiedberg an der Häuserwand, eine halb verdeckte Inschrift darauf weist noch auf die früheren Nutzer der Gebäude hin: die Handwerkskammer. Sie wird nicht wieder hierhin ziehen, zu Fuß drei Minuten vom Rathaus und einen sehr kurzen Steinwurf von den Stadtwerken entfernt. Der Bezirk Schwaben ist es, der das Gebäude mieten wird. Der vom Hohen Weg abgewandte Teil des Gebäudekomplexes wird dann Mitte des nächsten Jahres fertig sein, der Teil direkt an der Straße erst zum Ende des Jahres.
Vorgesehen war die Fertigstellung eigentlich bereits noch in diesem Jahr. „Mit Ausnahme eines Bombenfundes aus dem Krieg haben wir eigentlich alles durchgemacht“, erklärt Wolfgang Fratz. Seine gute Laune hat ihn das nicht gekostet: Damit müsse man eben rechnen und leben, sagt er.
Die größte Aufgabe für Architekt Varga dürfte die Wand gewesen sein, die es mittlerweile gar nicht mehr gibt: Es stellte sich heraus, dass diese seinerzeit ohne Fundament in die Höhe gezogen wurde, sich mittlerweile nach außen hin zu neigen begann und der Mörtel schlecht war, wie Varga erzählt. Dies war allerdings nicht einmal ein großes Problem – bis jedoch das angrenzende, mittlere der drei Häuser in der Reihe am Hohen Weg abgerissen wurde. Die Wand war nicht mehr tragfähig, das Gebäude musste gesichert und die Wand abgetragen werden.
Zu allem Überfluss ging auch noch die beauftragte Baufirma pleite. „Ein Glücksfall“, wie Fratz rückblickend aber sagt. Er und Varga sind mit der erneuten Vergabe das Auftrages glücklich, überschlagen sich mit Lob für die Arbeiter: „Sie sind richtig produktiv und fleißig“, sagt Varga. Das hält sie jedoch nicht davon ab, die Baustelle einen „Griff ins Klo“zu nennen – doch nicht etwa, weil es dort drunter und drüber gehen würde, sondern wegen eines weiteren Fundes im Bereich des Innenhofes: Fünf Latrinen habe man ausgegraben, sagt Varga, ebenso wie mit starken Schadstoffen kontaminiertes Material. All diese Funde seien schon Jahrhunderte alt, unter anderem wohl Überreste einer Apotheke, die hier früher gestanden haben könnte. „Arsen und ähnliches Material haben sie einfach hinterm Haus weggeworfen“, mutmaßt Varga. All das habe behördlich überprüft werden müssen, genauso wie der Denkmalschutz lange nach möglicherweise schützenswerter Bausubstanz gesucht habe. „Jetzt dürften uns aber keine weiteren Verzögerungen mehr dazwischen kommen“, ist Fratz optimistisch. Zeitdruck vom Bezirk Schwaben als Mieter sollten die Beiden aber keinen spüren.
„Solche Verzögerungen muss man bei Bauvorhaben in der Größe immer in Kauf nehmen“, sagt Birgit Böllinger vom Bezirk Schwaben. Die Verwaltung sei auch in den bisherigen Räumlichkeiten gewährleistet, der Umzug zum Schmiedberg wird eben dann erfolgen, sobald er möglich ist. Eine andere Option bleibt auch dem Sushi-restaurant nicht, das als Nutzer des Hauses vorgesehen ist, das in der noch klaffenden Abbruchlücke wieder neu aufgebaut werden soll. Gleich hinter dem Gebäude soll ein neuer Innenhof entstehen, darunter eine Tiefgarage. Weil Varga befürchtet, dass durch die alte Kanalisation in der Umgebung das Wasser nicht mehr aus dem Hof ablaufen kann, wenn es stark regnet, hat er außerdem speziell dafür ein Ablaufbecken bauen lassen.
Jetzt hoffen Varga und Fratz noch darauf, dass auch die benachbarte Baustelle im tiefer gelegenen Bereich des Schmiedbergs bald fertig wird, auch wenn sie mit diesem Vorhaben nichts zu tun haben – denn die Umgebung „ihres“Baus würde das sicher aufwerten. Schon jetzt kann man vom Dach des Gebäudes weit über die Dächer der Stadt blicken. Und weiter unten wird sicher auch der Stein mit der Inschrift der Handwerkskammer seinen Platz finden.