Genuss mit Pausen zum Nachdenken
Beim kulinarischen Voradvent des Königsbrunner Kulturvereins Klik kommen nicht nur die Gaumen der Besucher auf ihre Kosten. Gefühlvolle Musik und eingängige Märchen sorgen für beste Unterhaltung
Königsbrunn Alle Jahre wieder: Es darf geschlemmt werden und zum Entrée wie in den Menüpausen lehnt man sich zurück zu Musik und Märchen. Seit gut zehn Jahren veranstaltet der Kulturverein Klik unter Leitung von Sonja Michalski und die Hofwirtschaft „Nepomuk“unter Führung der Restaurantleiterin Sabine Frisch diesen Abend, genannt „Kulinarischer Advent“.
Für diesen Termin, der inzwischen etwas vor der eigentlichen Adventszeit stattfindet, lassen sich die meisten Gäste bereits direkt nach der Veranstaltung wieder auf die Gästeliste setzen. „Man kommt hier wirklich zur Ruhe“, „Ich genieße die Entschleunigung“, „Es ist diese Mischung aus kulinarischem Genuss und seelischer Entspannung“sind die Antworten, wenn man die Menschen befragt, was sie dazu bewegt. Auch Gerlinde Ostermeier kommt mit ihrer Mutter und Schwester seit mehreren Jahren. „In einer Zeit, wo wir stetig getaktet von einem zum anderen rennen, immer auch funktionieren und möglichst „on“sein müssen, ist es ein wahres Geschenk hier sitzen zu können und sich einfach nur wohlzufühlen“, sagt sie.
Das Restaurant und die Tische des „Nepomuks“waren liebevoll gemütlich und dezent voradventlich geschmückt. Der Gaumen wurde gekitzelt durch zwei herrliche Mehr-gänge-menüs der beiden Köche Markus Prickl und René Wirsitzer. Zutiefst begeistert und beglückt vom Geschmack des gewählten Gerichtes, überlegte man auf den Nachbarteller schielend: Das wäre sicher aber auch sehr fein gewesen.
Brigitte Bollinger, die als Bankkauffrau zusätzlich das Märchenerzählen erlernte, weil ihre Tochter Märchen lieber erzählt als vorgelesen bekommen wollte, sprach noch vor dem ersten Gang das berühmte Herbstgedicht „Herr, es ist Zeit...“von Rainer Maria Rilke. Der herrliche und wohl auch letzte Herbsttag nach diesem ausgedehnten Sommer habe sie spontan dazu angeregt. In dem Moment, wo Bollinger anhob mit ihrer ruhigen warmen, später aber bei den Märchen aber durchaus auch facettenreichen Modulation, wurde man aus dem Alltagsgeschehen gerissen. Es folgten in den Menüpausen drei ihrer liebsten Märchen, wie sie betonte. Jedes zog einen auf seine Weise in den Bann. Von der „klugen Gretel“der Gebrüder Grimm könnte man vielleicht lernen, gönn dir selbst nach harter Arbeit auch einmal etwas, dann schaffst du Druck oder die Stresssituation möglicherweise einfach. Das englische Märchen „Was den Frauen das Liebste ist?“verblüffte aufgrund der Lösung. Denn nicht Schönheit, Gesundheit, Besitztum, Weisheit, nicht kräftige Kinder und den Segen der Kirche war das, was ein in Bedrängnis geratener König herausfand, sondern die Eigenständigkeit der Frau. Albert Paleczek, der zu den regelmäßigen Gästen Jahr für Jahr zählt, brachte das zu der flapsigen Bemerkung, dass sich hier wohl schon die Gleichstellungsbeauftragte der Suffragetten gezeigt habe? Aber nein, die Eigenständigkeit kam ja im Märchen auch vor allem in Kombination freigiebiger Liebe auf. Und das dritte Märchen aus Afghanistan? Es transportierte mit seinem immer wiederkehrenden Satz „Ach morgen ist morgen, Gott sei gesegnet, Tag für Tag“des jüdischen Schusters, der sich auch bei von Tag zu Tag immer aussichtsloseren Situationen dennoch nicht von dieser Grundhaltung abbringen ließ, wohl Ehrfurcht vor dem Leben, Gelassenheit und Demut.
Begleitet wurden diese Erzählungen von einfühlsamen Gitarrenklängen. Michael Lopac, der, da er sie von Jugend an kennt, mit Bollinger nur beim Nepomuk zusammen aufganz tritt, ansonsten bei der Presley Familiy spielt, hatte da eine schöne Zusammenstellung. Vom klassischen Allegretto über bekannten Liedern wie Velazquez „Besa me mucho“, Stings „Fields of gold“bis hin zu Cohens „Halleluja“. Zum Abschluss teilten er und die Märchenerzählerin noch Liedtexte aus um gemeinsam Bonhoeffers „Von guten Mächten“zu singen. Gespannt schaut man auf das nächste Jahr, wenn Brigitte Bollinger durcheinen Workshop verhindert sein wird. „Aber vielleicht sehen wir uns 2020 wieder?“fragt sie zuversichtlich in die Runde.