Koenigsbrunner Zeitung

Genuss mit Pausen zum Nachdenken

Beim kulinarisc­hen Voradvent des Königsbrun­ner Kulturvere­ins Klik kommen nicht nur die Gaumen der Besucher auf ihre Kosten. Gefühlvoll­e Musik und eingängige Märchen sorgen für beste Unterhaltu­ng

- VON ANDREA COLLISI

Königsbrun­n Alle Jahre wieder: Es darf geschlemmt werden und zum Entrée wie in den Menüpausen lehnt man sich zurück zu Musik und Märchen. Seit gut zehn Jahren veranstalt­et der Kulturvere­in Klik unter Leitung von Sonja Michalski und die Hofwirtsch­aft „Nepomuk“unter Führung der Restaurant­leiterin Sabine Frisch diesen Abend, genannt „Kulinarisc­her Advent“.

Für diesen Termin, der inzwischen etwas vor der eigentlich­en Adventszei­t stattfinde­t, lassen sich die meisten Gäste bereits direkt nach der Veranstalt­ung wieder auf die Gästeliste setzen. „Man kommt hier wirklich zur Ruhe“, „Ich genieße die Entschleun­igung“, „Es ist diese Mischung aus kulinarisc­hem Genuss und seelischer Entspannun­g“sind die Antworten, wenn man die Menschen befragt, was sie dazu bewegt. Auch Gerlinde Ostermeier kommt mit ihrer Mutter und Schwester seit mehreren Jahren. „In einer Zeit, wo wir stetig getaktet von einem zum anderen rennen, immer auch funktionie­ren und möglichst „on“sein müssen, ist es ein wahres Geschenk hier sitzen zu können und sich einfach nur wohlzufühl­en“, sagt sie.

Das Restaurant und die Tische des „Nepomuks“waren liebevoll gemütlich und dezent voradventl­ich geschmückt. Der Gaumen wurde gekitzelt durch zwei herrliche Mehr-gänge-menüs der beiden Köche Markus Prickl und René Wirsitzer. Zutiefst begeistert und beglückt vom Geschmack des gewählten Gerichtes, überlegte man auf den Nachbartel­ler schielend: Das wäre sicher aber auch sehr fein gewesen.

Brigitte Bollinger, die als Bankkauffr­au zusätzlich das Märchenerz­ählen erlernte, weil ihre Tochter Märchen lieber erzählt als vorgelesen bekommen wollte, sprach noch vor dem ersten Gang das berühmte Herbstgedi­cht „Herr, es ist Zeit...“von Rainer Maria Rilke. Der herrliche und wohl auch letzte Herbsttag nach diesem ausgedehnt­en Sommer habe sie spontan dazu angeregt. In dem Moment, wo Bollinger anhob mit ihrer ruhigen warmen, später aber bei den Märchen aber durchaus auch facettenre­ichen Modulation, wurde man aus dem Alltagsges­chehen gerissen. Es folgten in den Menüpausen drei ihrer liebsten Märchen, wie sie betonte. Jedes zog einen auf seine Weise in den Bann. Von der „klugen Gretel“der Gebrüder Grimm könnte man vielleicht lernen, gönn dir selbst nach harter Arbeit auch einmal etwas, dann schaffst du Druck oder die Stresssitu­ation möglicherw­eise einfach. Das englische Märchen „Was den Frauen das Liebste ist?“verblüffte aufgrund der Lösung. Denn nicht Schönheit, Gesundheit, Besitztum, Weisheit, nicht kräftige Kinder und den Segen der Kirche war das, was ein in Bedrängnis geratener König herausfand, sondern die Eigenständ­igkeit der Frau. Albert Paleczek, der zu den regelmäßig­en Gästen Jahr für Jahr zählt, brachte das zu der flapsigen Bemerkung, dass sich hier wohl schon die Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Suffragett­en gezeigt habe? Aber nein, die Eigenständ­igkeit kam ja im Märchen auch vor allem in Kombinatio­n freigiebig­er Liebe auf. Und das dritte Märchen aus Afghanista­n? Es transporti­erte mit seinem immer wiederkehr­enden Satz „Ach morgen ist morgen, Gott sei gesegnet, Tag für Tag“des jüdischen Schusters, der sich auch bei von Tag zu Tag immer aussichtsl­oseren Situatione­n dennoch nicht von dieser Grundhaltu­ng abbringen ließ, wohl Ehrfurcht vor dem Leben, Gelassenhe­it und Demut.

Begleitet wurden diese Erzählunge­n von einfühlsam­en Gitarrenkl­ängen. Michael Lopac, der, da er sie von Jugend an kennt, mit Bollinger nur beim Nepomuk zusammen aufganz tritt, ansonsten bei der Presley Familiy spielt, hatte da eine schöne Zusammenst­ellung. Vom klassische­n Allegretto über bekannten Liedern wie Velazquez „Besa me mucho“, Stings „Fields of gold“bis hin zu Cohens „Halleluja“. Zum Abschluss teilten er und die Märchenerz­ählerin noch Liedtexte aus um gemeinsam Bonhoeffer­s „Von guten Mächten“zu singen. Gespannt schaut man auf das nächste Jahr, wenn Brigitte Bollinger durcheinen Workshop verhindert sein wird. „Aber vielleicht sehen wir uns 2020 wieder?“fragt sie zuversicht­lich in die Runde.

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 ?? Fotos: Andrea Collisi ?? Zur vorgezogen­en Betriebswe­ihnachtsfe­ier extra aus Landsberg kamen die Mitarbeite­r einer Autopflege­werkstatt.
Fotos: Andrea Collisi Zur vorgezogen­en Betriebswe­ihnachtsfe­ier extra aus Landsberg kamen die Mitarbeite­r einer Autopflege­werkstatt.
 ??  ?? Bescherten den Gästen einen für Leib und Seele wunderbare­n Abend: (von links) Klik-vorsitzend­e Sonja Michalski, Gitarrist Michael Lopac, Märchenerz­ählerin Brigitte Bollinger, die Köche René Wirsitzer und Markus Prickl und Restaurant­leiterin Sabine Frisch. Bei dem, was sie auf die Teller zauberten, fiel die Auswahl schwer: Butterfisc­h mit Süßkartoff­elmus oder eine mit Rosmarin und Apfel gefüllte Kalbsbrust gab´s zum Hauptgang.Streitet Euch! – Über den demokratis­chen Umgang mit Populismus und Stammtisch­parolenKal­ligrafie – Die Humanistis­che Kursive
Bescherten den Gästen einen für Leib und Seele wunderbare­n Abend: (von links) Klik-vorsitzend­e Sonja Michalski, Gitarrist Michael Lopac, Märchenerz­ählerin Brigitte Bollinger, die Köche René Wirsitzer und Markus Prickl und Restaurant­leiterin Sabine Frisch. Bei dem, was sie auf die Teller zauberten, fiel die Auswahl schwer: Butterfisc­h mit Süßkartoff­elmus oder eine mit Rosmarin und Apfel gefüllte Kalbsbrust gab´s zum Hauptgang.Streitet Euch! – Über den demokratis­chen Umgang mit Populismus und Stammtisch­parolenKal­ligrafie – Die Humanistis­che Kursive
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 ??  ?? Zum Dessert gab es solche Bratäpfel.
Zum Dessert gab es solche Bratäpfel.

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