Koenigsbrunner Zeitung

So werden Unternehme­r geboren

Anton Humbaur hat mit seinem Sohn Ulrich einen der größten europäisch­en Anhänger-Hersteller aufgebaut. Am Anfang seiner Karriere standen Zufälle und ein Kollege, der Achsen verkaufen wollte

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seinem Sohn Ulrich zum Gespräch, der für die Expansion und Internatio­nalisierun­g der Firma eine entscheide­nde Rolle spielen sollte. Anton Humbaur ist 85 Jahre alt, trägt zur Trachtenja­cke Krawatte und Einstecktu­ch. Mit seinem grauen, vollen Haar sitzt er lächelnd neben dem Sohn. Die beiden müssen sich gut verstehen, so lange arbeiten sie bereits zusammen. Denn der 57-jährige Ulrich Humbaur stieg schon 1982 als fünfter Mitarbeite­r in die Firma ein. Vater und Sohn haben die Firma gemeinsam groß gemacht. „Mein Papa ist nicht allzu streng zu mir und hat mir Freiräume gegeben“, sagt der Jüngere über den Älteren. Und: „Mein Papa ist ein genialer Verkäufer.“

Anton Humbaur hat sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezo­gen. „Ich schau aber oft noch vorbei“, sagt er und meint: „Dann guck ich, ob noch ein Geld da ist.“Sein Sohn schaut den Vater liebevoll an. Anton Humbaur hatte vor elf Jahren einen Schlaganfa­ll. Doch es geht ihm längst wieder gut.

Vater und Sohn sind ein eingespiel­tes Team. „Toi, toi, wir kommen prima zusammen aus. Des passt alles“, meint Anton Humbaur. Das mag auch daran liegen, dass Vater und Sohn von 1985 an je 50 Prozent der Firma gehörten, bis Ulrich Humbaur den Betrieb ganz übernahm. „Mein Vater war Prokurist und nie Geschäftsf­ührer. Diesen habe ich schon mit 24 Jahren übernommen“, sagt der Jüngere. Ulrich Humbaur beschreibt den Erfolg der Doppelspit­ze: „Ich war der forsche, junge Unternehme­r, der nach vorne stürmt. Geht nicht, gibt es nicht für mich.“Jetzt schaltet sich der Vater ein und sagt: „Ich war die Bremse.“Beide lächeln. Beide haben Humor, auch für Unternehme­r ein wichtiges Betriebsmi­ttel.

Die Humbaur-Arbeitstei­lung muss gut funktionie­ren. Vater und Sohn betonen: „Wir haben immer Geld verdient, immer eine positive Bilanz gehabt und mit Eigenkapit­al ohne Banken die Expansion finanziert.“So wuchs die Zahl der Mitarbeite­r auf heute über 500. Der Umsatz stieg von zwei Millionen im Jahr 1985 auf gut 130 Millionen Euro.

Irgendwann im Jahr 2019, so hat es Ulrich Humbaur berechnet, werden sie den einmillion­sten Anhänger ausliefern. „Wir haben investiert, was wir zahlen konnten“, sagt der Senior, und der Junior ergänzt: „Mir ging es nie darum, möglichst viel Geld zu verdienen. Ich wollte nach vorne stürmen und etwas Neues machen. Wir haben gut Geld verdient. So konnten wir Gas geben.“

Ulrich Humbaur, der zum Anzug keine Krawatte trägt, ist ein Typ, der den Fuß nicht vom Gaspedal der Firma nimmt. Wer mit Mitarbeite­rn spricht, hört immer wieder: „Dem Chef fällt immer was Neues ein.“So ist die Firma mit Erfolg in den Markt für Aufbauten kleinerer Lieferwage­n eingestieg­en, mit denen etwa Amazon, DHL oder Rewe in Städten auf der letzten Meile Waren zum Kunden bringen. „Koffer“heißen die Aufbauten in der Fachsprach­e. Humbaur reagiert dabei auf die Wünsche der Kunden. Beim Gang durch das Werk fällt auf, an wie vielen unterschie­dlichen Anhängern und Aufbauten die Beschäftig­ten arbeiten. Es gibt immens viele Modelle – und alle werden in Deutschlan­d produziert. Neben dem Standort in Gersthofen gibt es noch ein Werk in Ostdeutsch­land, aus dem leichte Kunststoff­teile zugeliefer­t werden. Diese kommen gerade bei PferdeanPo­sten hängern zum Einsatz, auch so ein Markt, den die beiden Nicht-Reiter neben der Baubranche, der Landwirtsc­haft, Gärtnereie­n, dem Speditions­gewerbe, der Viehzucht und vielen anderen Wirtschaft­szweigen erobert haben. „Wir waren frech und haben uns was getraut. Das war eine geile Zeit“, erinnert sich Ulrich Humbaur. Der Chef hat einen Blick für Details und arbeitet sich mit seinem Team in neue Bereiche wie die Reiterei ein. So können die edlen Tiere in den komfortabe­l gefederten Anhängern nach dem Einstieg durch ein getöntes Panorama-Fenster schauen. Das reduziert Stress. An die meist weiblichen Besitzerin­nen eines solchen „Mercedes unter den Pferdeanhä­ngern“haben die Humbaurs auch gedacht. Im vorderen Teil des Transportg­efährts kann die Reiterin über eine Extratür in die Sattelkamm­er gehen. Dort findet sie auch einen Schminkspi­egel vor.

In einem Unternehme­rleben kommt es auf beides an: den Blick für Kleinigkei­ten und für das große Ganze. An Letzteres muss Ulrich Humbaur gedacht haben, als er 2009, noch zu Zeiten der Finanzkris­e, den Sattelanhä­nger-Hersteller Kögel aus der Insolvenz heraus gekauft und saniert hat. Damals zählte der Betrieb 443 Mitarbeite­r, heute arbeiten in Burtenbach im Kreis Günzburg 888 Frauen und Männer für Kögel. Der Unternehme­r setzte sich hier gegen chinesisch­e Mitbieter durch. Ihm ist es zu verdanken, dass die Firma in deutschen Händen blieb. So offen Ulrich Humbaur auch ist, den Kaufpreis für Kögel verrät er nicht. Ursprüngli­ch wollte der Unternehme­r das Geschäft mit Sattelanhä­ngern für größere Lkw unter der Marke „Big One“selbst machen. Doch die weit fortgeschr­ittenen Pläne gab er auf und setzte auf die Firma Kögel, die unabhängig von Humbaur als Marke und Unternehme­n von Managern geführt wird. Was interessan­t ist: Die BigOne-Fabrik sollte dort auf den Lechwiesen bei Augsburg stehen, wo heute das Amazon-LogistikZe­ntrum angesiedel­t ist. Humbaur ließ das Areal erschließe­n.

Trotz aller Umwege lief also vieles glatt im Leben der Anhängerba­uer. Natürlich gab es Rückschläg­e. So scheiterte­n die Unternehme­r mit dem Versuch, Anhänger für Boote zu bauen. Ulrich Humbaur sagt: „Bei uns hatte einfach keiner Ahnung von Schiffen. Das haben wir abgehakt und gingen voran.“

In dem so an Geschichte­n reichen Leben des Unternehme­r-Duos bleibt eine besonders in Erinnerung: Anton Humbaur, der sich ja selbst scherzhaft „Bremser“nennt, gesteht, „Bauchweh“gehabt zu haben, als der Sohn Kögel gekauft hat. Doch das Bauchweh ist längst weg. Wenn Aktiengese­llschaften grundlegen­de Veränderun­gen in ihrer Struktur vornehmen, müssen sie die Anleger sofort informiere­n, der Fachbegrif­f dafür lautet Ad-HocMeldung. Am späten Freitagabe­nd schickte der Augsburger Roboterkon­zern Kuka eine solche Meldung raus – mit durchaus brisantem Inhalt. Demnach stehen mögliche Veränderun­gen an der Konzernspi­tze an: Der amtierende Vorstandsc­hef Till Reuter könnte abgelöst werden. Aktuell laufen der Mitteilung zufolge Gespräche darüber mit dem Aufsichtsr­atschef von Kuka, Andy Gu. Der Aufsichtsr­at habe über die Personalie noch nicht beraten und beschlosse­n. Der wegen Vorwürfen der Veruntreuu­ng festgenomm­ene RenaultChe­f Carlos Ghosn soll eine weit höhere Summe seiner Einkünfte nicht angegeben haben als bislang bekannt. Japanische Zeitungen berichtete­n, Ghosn habe in Japan 62,3 Millionen Euro nicht deklariert, weit mehr als bisher angenommen. Die Staatsanwä­lte würden ihre Anklage gegen den Manager nun ausweiten. Weiter hieß es, Nissan habe der Schwester Ghosns seit 2002 jedes Jahr knapp 88 000 Euro gezahlt – ohne, dass es irgendwelc­he Anzeichen für eine erbrachte Leistung für die Firma gebe. Die riesige Satelliten­manufaktur von Airbus Defence and Space am Bodensee ist fast fertig. Offiziell geht das 47 Millionen Euro teure „Integrated Technology Centre“im Februar in Betrieb, wie der Standortle­iter in Friedrichs­hafen, Dietmar Pilz, ankündigte. In einer Halle mit speziellen Luftfilter­n sollen Satelliten etwa zur Erdbeobach­tung zusammenge­baut werden. Als „ein kleines technische­s Wunderwerk“bezeichnet­e Pilz diesen 2000 Quadratmet­er großen Reinraum. Der Aufwand, die Luft bei dieser Größe von Staub zu säubern, sei enorm.

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