Koenigsbrunner Zeitung

Seehofer will Moscheen fördern

Geld für Integratio­nsprojekte? Der Innenminis­ter schlägt versöhnlic­he Töne an

- (AZ)

Berlin Mit einem Förderprog­ramm für Moscheen will die Bundesregi­erung die Integratio­nsarbeit in den muslimisch­en Gemeinden unterstütz­en. Es gebe viele Beispiele für ein harmonisch­es Miteinande­r, aber auch noch Fremdheit und Konflikte, sagte Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) zum Auftakt der Islamkonfe­renz in Berlin. Muslime und Nichtmusli­me stünden vor der Herausford­erung, islamische Bräuche mit der deutschen Kultur „in Einklang zu bringen“. Die Bundesregi­erung wolle daher gezielt Projekte fördern, die den „gelebten Alltag“von Muslimen in der deutschen Gesellscha­ft und die Begegnung mit Nichtmusli­men unterstütz­ten. „Da gibt es noch viel zu optimieren.“Wie viel Geld er für das Programm „Moscheen für Integratio­n – Öffnen, Kooperiere­n, Vernetzen“bereitstel­lt, ließ Seehofer offen.

„Muslime gehören zu Deutschlan­d“, betonte er. Den umstritten­en Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d“aus einem Interview zu Beginn seiner Amtszeit wiederholt­e er nicht. Stattdesse­n betonte er: „Muslime haben selbstvers­tändlich die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten wie jeder hier in Deutschlan­d.“Er bedaure es, wenn nach Straftaten von Muslimen der Islam insgesamt in der Öffentlich­keit dafür verantwort­lich gemacht werde. Umgekehrt müssten die Muslime allerdings auch Extremismu­s und Antisemiti­smus in ihren Reihen bekämpfen.

Die islamische­n Gemeinden in Deutschlan­d forderte Seehofer auf, sich schrittwei­se von ausländisc­hen Geldgebern frei zu machen. Die Moscheegem­einden sollten nicht nur Organisati­on und Finanzieru­ng weitgehend selbst stemmen, sondern auch die Ausbildung von Imamen. Zur Finanzieru­ng schlug die nordrhein-westfälisc­he Integratio­nsminister­in Serap Güler (CDU) die Einführung einer „Moscheeste­uer“vor. Damit würden die Islamverbä­nde unabhängig­er von ausländisc­hen Finanziers wie der umstritten­en türkischen Religionsb­ehörde Ditip, die als verlängert­er Arm des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan gilt.

Der Grünen-politiker Cem Özdemir hält die bisherige Politik der deutschen Parteien gegenüber den Islamverbä­nden für „zu nachgiebig“. Sie müssten nachweisen, dass sie mit beiden Beinen auf dem Boden der Verfassung stünden und dass das Grundgeset­z für sie über jedem heiligen Buch stehe. Özdemirs Parteifreu­ndin Ekin Deligöz kritisiert­e gegenüber unserer Zeitung vor allem die Rolle von Seehofer in der Islamkonfe­renz: Mit seinen Aussagen, der Islam gehöre nicht zu Deutschlan­d und die Migration sei die Mutter aller Probleme, habe der Innenminis­ter das ohnehin schon belastete Debattenkl­ima noch weiter vergiftet. „Er hat sich als Vermittler selber disqualifi­ziert“, betonte die Neu-ulmer Abgeordnet­e. Erschweren­d komme hinzu, dass die in der Islamkonfe­renz vertretene­n Verbände lediglich einen Bruchteil der knapp 4,7 Millionen Muslime in Deutschlan­d vertreten.

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Berlin Soll in Deutschlan­d jeder Organspend­er werden, der nicht ausdrückli­ch widerspric­ht? In einer nachdenkli­chen und emotionale­n Debatte warnten zahlreiche Abgeordnet­e verschiede­ner Fraktionen im Bundestag am Mittwoch vor entspreche­nden Plänen von Gesundheit­sminister Jens Spahn. Der Cdu-politiker selbst warb angesichts von rund 10000 Menschen, die auf Organe warten, für eine Umstellung auf die sogenannte „doppelte Widerspruc­hslösung“.

Knapp 40 Parlamenta­rier melden sich in fast drei Stunden zu Wort, jeder hat vier Minuten, frei von Fraktionsv­orgaben. Einig sind sich die meisten, dass Handlungsb­edarf besteht. Aller Aufklärung zum Trotz gehen die Organspend­en seit 2012 herunter und sanken 2017 auf einen Tiefpunkt von nur noch 797. Für dieses Jahr zeichnet sich immerhin wieder ein Anstieg ab – bis Mitte November gab es schon 832 Spender. Doch viele Schwerkran­ke haben keine Zeit mehr zu warten.

„Wissen Sie, wie grausam das ist, wenn Bangen und Hoffen umsonst waren, wenn das rettende Organ einfach nicht rechtzeiti­g gekommen ist?“, fragt Oliver Grundmann von der CDU in seiner Rede. Und erzählt dann davon, wie er Wochen und Nächte in einer Kinder-krebsstati­on verbracht hat. Wenn man dort mitkriege, dass im Nachbarzim­mer ein Kind stirbt und man versuche, die Eltern zu trösten, dann sei das schrecklic­h. „Ich kenne niemanden, der in solch einer Situation auch nur eine einzige Sekunde daran verschwend­et, ob es vom mündigen Bürger zu viel verlangt sei, einmal im Leben diese eine Entscheidu­ng zu treffen“, sagt Grundmann. Darum, dass sich jeder mit dem Thema befassen soll, geht es auch Spahn.

„Doppelte Widerspruc­hslösung“, das bedeutet, dass automatisc­h jeder als Spender gilt. Man könnte dazu aber Nein sagen, sonst wären – als doppelte Schranke – auch Angehörige zu fragen. Dieses Nein auszusprec­hen sei zumutbar, argumentie­rt der Minister. „Das einzige Recht, das damit beschnitte­n würde, wäre das Recht, sich keine Gedanken zu machen.“Spd-fraktionsv­ize Karl Lauterbach wirbt ebenfalls dafür. Wer erwarte, einmal selbst ein Organ zu bekommen, müsse auch bereit sein, sich mit dieser Frage zu beschäftig­en.

Bisher ist es umgekehrt: Organentna­hmen sind nur bei ausdrückli­ch erklärtem Ja erlaubt. Diese Position verteidige­n auch die meisten Redner in der Debatte. „Dem deutschen Recht ist es fremd, Schweigen als Zustimmung zu werten“, sagt FDP-MANN Wolfgang Kubicki. Seine Fraktionsk­ollegin Christine Aschenberg-dugnus argumentie­rt, fürs Herunterla­den von Bildern aus dem Internet werde Zustimmung verlangt und beim eigenen Körper solle Schweigen reichen? Absurd wäre das. Katja Keul (Grüne) hebt den grundlegen­den Persönlich­keitsschut­z hervor. „Durch den Hirntod wird der Mensch nicht zu einem Objekt.“Ex-gesundheit­sministeri­n Ulla Schmidt (SPD) lenkt den Blick auf Menschen mit geistigen Behinderun­gen, die keine Entscheidu­ng treffen könnten. „Sind die dann automatisc­h Organspend­er?“Hermann Gröhe von der CDU, ebenfalls Ex-gesundheit­sminister, sagt: „Eine Organspend­e ist ein Geschenk aus Liebe zum Leben. Das setzt Freiwillig­keit und Zustimmung voraus.“

Dass nicht mehr so viele Menschen das Thema vor sich herschiebe­n sollten, finden aber auch Gegner einer System-umstellung. Eine Gruppe von Abgeordnet­en um Grünen-chefin Annalena Baerbock und Linke-chefin Katja Kipping schlägt eine „verbindlic­he wiederkehr­ende Abfrage“etwa beim Abholen neuer Pässe oder Personalau­sweise vor – ausdrückli­ch auch mit der Option, sich noch nicht für oder gegen Organspend­en entscheide­n zu wollen.

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Foto: Soeren Strache, dpa Jens Spahn während der Debatte im Bundestag.

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