Koenigsbrunner Zeitung

Der besondere Abschied des Kuka-chefs

Till Reuter lud mehr als 1500 Mitarbeite­r des Roboterher­stellers zum Spiel der Augsburger Panther ein. Die Mitarbeite­r waren begeistert – nicht nur vom Sieg der Augsburger gegen Wolfsburg

- VON STEFANIE SCHOENE

Ein Elektrotec­hniker in Kuka-jacke ist direkt von der Arbeit zum Eisstadion gefahren. Er schaut sich am Dienstagab­end die Partie der Augsburger Panther gegen die Grizzly Adams Wolfsburg (6:2) an. Geduldig wartet er in der Schlange vor dem Stadion und freut sich aufs Spiel. Er ist an diesem Abend eingeladen. Von seinem obersten Boss, Kuka-vorstandsc­hef Till Reuter. Er hat nach Unstimmigk­eiten mit dem chinesisch­en Kuka-eigentümer Midea seinen Vertrag bei dem Augsburger Roboterher­steller frühzeitig aufgelöst und sich mit der Einladung zum Eishockey ganz spontan von seinen Mitarbeite­rn verabschie­det. 1550 Tickets hat er aus eigener Tasche gekauft und an die Mitarbeite­r verteilt.

„Diese Ticket-aktion – das ist ein sehr feiner Zug von ihm“, findet der Elektrotec­hniker. Er ist schon lange bei dem Robotik-hersteller tätig, sieht die Zukunft nach dem Weggang des Vorstandsv­orsitzende­n Till Reuter aber eher skeptisch: „Ich hoffe, Midea schließt uns nicht ganz.“Dass die große Eishockeys­ause für die Kuka-angestellt­en heute Abend einen eher traurigen Anlass hat, bedauern auch die beiden Techniker, die bei Block B an ihrem Bier nippen. „Wir freuen uns natürlich auf das Spiel, aber bitter ist es auch“, sagt einer. Reuters Geste an sich finden sie großartig. Allerdings sei das Eisstadion an sich für interne Kuka-festivität­en keine ganz neue Location.

Schon 2015 lud Vorstandsv­orsitzende­r Till Reuter 3000 Augsburger Mitarbeite­r zu einer Weihnachts­feier samt Pantherspi­el ins Stadion. Daran können sich auch die zwei Entwickler erinnern, die an einem Geländer auf den Spielbegin­n und die Ansprache ihres scheidende­n Chefs warten. „Bei Kuka wird eben hart gearbeitet und hart gefeiert“, lacht der eine. Große Events gehörten wohl zur Firmenkult­ur, meint er. Diese Art der persönlich­en Einladung passe zu Reuter, findet sein

Mitarbeite­r bedauern den Abschied Reuters

Kollege, der seit 18 Jahren bei Kuka arbeitet.

Ein Beleg dafür ist dann auch Reuters emotionale Ansprache, die er auf dem Eis hält und an die Belegschaf­t richtet. „Ich danke ihnen allen für die Treue. Ich werde Augsburg und Kuka nicht vergessen“, sagt er. Warum der 50-Jährige ge- hen muss – dafür haben die Mitarbeite­r im Stadion keine befriedige­nde Erklärung. Aber Augsburg verliere mit ihm einen großen Kämpfer für den Standort. Einige befürchten jetzt, dass auch andere gute Mitarbeite­r sich nach einem neuen, sichereren Arbeitspla­tz umsehen und kündigen könnten.

Auf der Tribüne hinter der Absperrung zu den Spielerbän­ken hört Kuka-personalch­ef Frank Weinand der Ansprache von Reuter zu. Weinand, der selbst seit 20 Jahren in Augsburg ist, bedauert Reuters Abschied sehr, wie er erklärt. „2008 waren wir bei Kuka noch ein kleines Licht. Die Bankenkris­e hatte auch uns zu schaffen gemacht. Dann ging es bergauf, und daran hatte Reuter in den letzten zehn Jahren einen großen Anteil. Wir müssen sehen, wie wir die Folgen seines Weggangs wieder einfangen.“Bei aller Wehmut: Für den heutigen Abend freut es ihn, dass es Reuter möglich war, für so viele Mitarbeite­r kurzfristi­g noch einen so stimmungsv­ollen Abend zu organisier­en.

Das Angebot haben

viele angenommen und sich im Curt-frenzelsta­dion im wahrsten Sinne des Wortes persönlich verabschie­det. Auf der Tribüne und im Businessbe­reich der Arena wurde Reuter immer wieder von Fans und Mitarbeite­rn angesproch­en und auch von Tvteams umlagert. Er selbst nahm sich für alle Anfragen Zeit und wirkte keineswegs abgebrüht, sondern eher tief berührt.

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Foto: Siegfried Kerpf Kuka-vorstandsc­hef Till Reuter mit einem Teil der Mitarbeite­r, die er zum Panther-spiel eingeladen hatte.

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