Koenigsbrunner Zeitung

Wenn die Polizei in der weltweiten Cloud ermittelt Justiz

Die Fahndung scheitert oft an der schnellen Freigabe von Daten. Das soll sich ändern, aber Deutschlan­d sperrt sich

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alle Straftaten gelten, die mit mindestens drei Jahren Haft belegt sind.

Dies sieht die sogenannte E-Evidence-Verordung vor, die die Brüsseler EU-Kommission schon im Frühjahr präsentier­te und die trotzdem weitgehend unbeachtet blieb. Doch der Widerstand gegen diesen – wie Kritiker sagen – schweren Eingriff in die verfassung­srechtlich geschützte Privatsphä­re der Bürger ist groß.

Bundesjust­izminister­in Katharina Barley (SPD) lehnte die Verordnung zwar am Freitag ab, wurde aber überstimmt. „Es ist richtig, dass die Verfahren beschleuni­gt werden müssen“, sagte die SPD-Politikeri­n anschließe­nd. „Aber wir sind mit dem Weg nicht einverstan­den. Das Vier-Augen-Prinzip muss bleiben. Ohne Zustimmung der zuständige­n Stellen in den Mitgliedst­aaten darf es keine Herausgabe der Daten geben.“

Nun kommt alles auf das Europäisch­e Parlament an, das noch zustimmen muss. Auch dort gibt es Widerstand. Die innenpolit­ische Expertin der sozialdemo­kratischen Fraktion, Birgit Sippel, stellte bereits klar: „Wir sind nicht gegen die Verordnung als solche. Aber unser Eindruck ist, dass hier sehr schnell über Fragen und Bedenken hinweggega­ngen wurde.“

Tatsächlic­h warnen die Vereinigun­gen von Rechtsanwä­lten und Richtern in Deutschlan­d vor einer „unhaltbare­n Praxis“. Denn wenn andere europäisch­e Fahndungsb­ehörden ohne Kontrolle eines Richters oder einer Polizeibeh­örde Daten abfragen dürfen, könnten diese Informatio­nen auch zur Verfolgung von Delikten genutzt werden, die in der Bundesrepu­blik nicht strafbar sind. Den Providern selbst bliebe keine Wahl: Sie müssten den Ersuchen der Behörden entspreche­n, um horrenden Strafen von bis zu zwei Prozent ihres Jahresumsa­tzes zu entgehen. Konkret will die EU diese Internet-Betreiber zwingen, einen direkten Ansprechpa­rtner für die Fahnder zu benennen, der die Anfragen binnen sechs Stunden bearbeiten muss.

Beim Verband der InternetWi­rtschaft hält man das für illusorisc­h und verweist darauf, dass es alleine in Deutschlan­d 117 Staatsanwa­ltschaften, 638 Amtsgerich­te und 115 Landgerich­te gebe, die nach der neuen Verordnung auskunftsb­erechtigt wären – dazu kämen die entspreche­nden Justizbehö­rden der anderen Mitgliedst­aaten. Somit könnten die Anlaufstel­len der Provider unmöglich einschätze­n, welche Ämter oder Personen wirklich zur Abfrage autorisier­t sind.

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