Literatur
Und wieder ein neuer Bestseller über Bäume. Diesmal aus Amerika. Überhaupt sind Naturthemen, wie auch Maja Lundes Bienen-Buch zeigt, seit einiger Zeit der Renner. Das erzählt einiges über unsere Zeit
schildert sie doch bereits in den siebziger Jahren, wie Bäume kommunizieren und in Netzwerken existieren. Sie schrieb ein Buch mit dem Titel „Der geheime Wald“darüber. Und wenn Wohlleben heute noch immer Kritik für seine Vermenschlichung und romantische Verklärung der Natur und für seine Verteufelung von Nutzwald und Forstwesen erfährt – für Westerford bedeutet das bei Powers den Tod als Wissenschaftlerin und die Ächtung als Person. Sie zieht sich daraufhin von den Menschen zurück, in die Wälder natürlich – und taucht erst wieder auf, als sich langsam das Bewusstsein Bahn bricht, dass gerade in Zeiten wachsender Klimaprobleme Bäume mehr als ein Rohstoff sind und die Natur mehr Mit- als Umwelt ist.
Und damit ist man ja tatsächlich mitten im Heute gelandet. Denn es kommt ja nicht von ungefähr, dass auch im Buchbereich die Natur eine echte Gewinner-Kategorie ist. Man muss nur an die Bestseller von Maja Lunde denken, die mit „Die Geschichte der Bienen“den passenden Roman zur Sorge ums Insektensterben geliefert hat, gefolgt von der ebenfalls erfolgreichen „Geschichte des Wassers“. In Großbritannien, den USA und Australien gibt es für den Bereich des „Nature Writing“inzwischen eigene Autorenpreise und sogar eigene Bestseller-Katego- rien, so viele Veröffentlichungen gibt es, etwa Dave Goulsons „Und sie fliegt doch“über die Hummel. In Deutschland war auch „Die Honigfabrik“von Jürgen Tautz und Diedrich Steen ein Erfolg. Fürs kommende Jahr bereits angekündigt sind Titel wie „Die fabelhafte Welt der Ameisen“von Christina Grätz und Manuela Kupfer.
Das Genre boomt und kann dabei als hochpolitisch gelten. Weil die Werke das Bewusstsein verschieben – wenn auch nicht immer so direkt wie bei Richard Powers. Der 61-jährige Amerikaner nämlich sammelt in seinem zumindest über Powers dann eine Gruppe von Menschen, Wissenschaftler wie Romantiker, die sich gegen den Raubbau wenden, der die am weitesten verbreitete Lebensform der Erde bereits weit mehr als ein Drittel des Bestandes gekostet hat. Aus diesen Menschen werden nicht nur Aktivisten wie im Hambacher Forst, sondern sogar Öko-Terroristen …
Diese allzu grobe Dramatisierung und damit den schwächsten Teil von „Die Wurzeln der Welt“ausgeklammert, führt die Lektüre von Powers’ Roman zuverlässig dazu, dass man fortan mit anderem Blick durch den Wald läuft. Und das in Zeiten, in denen einerseits der amerikanische Präsident jede Form von Klima-Politik ablehnt und Natur nur noch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten anblickt; in denen andererseits in Deutschland die Partei mit der ökologischen Nachhaltigkeit im Markenkern auf einem historischen Hoch schwebt. Dahinter kann man ein aufklärerisch gemeintes Programm vermuten. Und liest bei Powers: „Es ist so einfach. So offensichtlich. Exponentielles Wachstum innerhalb eines geschlossenen Systems mit begrenzten Ressourcen führt zum Zusammenbruch. Aber die Menschen sehen es nicht. Also können
Aber Powers wäre nicht der Autor, der er ist, würde er den Blick nicht darüber hinaus weiten. Er lässt Patricia Westerford predigen, dass Baum und Mensch gemeinsame Vorfahren haben und bis heute auch genetisch eng verbunden sind. Für solcherlei schlägt auch dem US-Autor nicht nur Begeisterung entgegen. Thea Dorn etwa schäumte im „Literarischen Quartett“über all die „Esoterik“, die man hier serviert bekomme. Dorn ist eine, die immer wieder fordert, keine Katastrophenszenarien an die Wand zu malen, sondern sich auf das unmittelbar politisch Gebotene zu konzentrieren.
„Die Wurzeln der Welt“aber rechnet vor, dass, wenn die gesamte Weltgeschichte in einen Tag umgerechnet würde und der Mensch darin erst vier Sekunden vor Mitternacht auftaucht, dann folgte:
Hat man je gehört, dass es faschingt, ostert oder pfingstet? Frühlingt und sommert?
Umso bemerkenswerter ist die in diesen Tagen inflationär auftretende Wendung: Es weihnachtet, nahezu reflexhaft ergänzt um ein „sehr“. Wir sind im Advent, aber niemand lässt sich vernehmen: Ich muss euch sagen, es adventet sehr. Allgegenwärtig aber weihnachtet es – sehr.
Der Duden spricht von einem schwachen Verb, in der Bedeutung: „Auf Weihnachten zugehen [und eine weihnachtliche Atmosphäre verbreiten].“Liegt es an der besonders langen Strecke, an dem mit Erwartungen überladenen Weg, dass den Wochen vor Weihnachten ein eigenes Zugangsverb zugestanden wird? Jedenfalls ist es nicht die Regel, dass ein Vorspiel mit einem Tätigkeitswort bedacht ist. Nicht einmal Kinder, die ihre Geburtstage kaum erwarten können, sagen: Es geburtstagt sehr.
Doch dieses schwache Verb mit starker Verbreitung wird gerne herangezogen. Unüberschaubar sind die Belegstellen. Von „Hilfe,