Koenigsbrunner Zeitung

In 19 405 Schritten zu vielen Geschichte­n

Auf dem Weg von Emersacker nach Violau trifft die Reporterin Menschen, die tief im Augsburger Land verwurzelt sind. Sie berichten: Das Leben auf dem Land bietet Natur und Idylle satt. Doch dafür fehlt es an anderen Dingen

-

den jungen Leuten ziehen immer mehr weg in die Stadt. Aber: Viele von ihnen kommen auch wieder zurück. „Die meisten übernehmen dann die Elternhäus­er, bei den Baupreisen kann sich das ja heute keiner sonst mehr leisten.“Gerade mit Kindern sei es hier wunderbar, sagt Susi Häring. „Man geht aus dem Haus und schon ist überall Wald und Wiese. Das ist toll“, sagt sie und deutet mit dem Finger hinter sich, um uns den weiteren Weg nach Zusamzell zu zeigen.

Nach 15 Minuten sind wir dort angekommen und treffen auf Jessica Kanefzky, die einen Sonnenschi­rm in der Hand hält, obwohl sich über ihr die Regenwolke­n zusammenbr­auen. Wozu der denn gut sei, fragen wir nach. „Für unsere Zwergkanin­chen“, sagt sie und deutet auf Schneefloc­ke und Taron, die in einem Auslauf sitzen. „Es gefällt ihnen immer so gut draußen, deshalb stelle ich den Schirm auf, damit sie nicht nass werden.“Jessica Kanefzky lebt noch nicht immer in Zusamzell. „Ich habe von Augsburg hier rausgeheir­atet, die Umstellung war schon schlimm für mich. Hier ist einfach nichts, man ist immer auf das Auto angewiesen.“Mittlerwei­le kann sie es sich aber gar nicht mehr anders vorstellen. „Wenn ich meine Mutter in Lechhausen besuche, dann will ich nicht mehr dorthin zurück. Der viele Verkehr und der Lärm.“

Weiter geht es auf einer Brücke über die Zusam und dann über einen Feldweg in Richtung Hennhofen. Emma ist aufgeregt, denn eingezäunt auf einem Feld picken mehr als Hundert Hennen und gackern laut. Sie rucken mit den Hälsen und kommen zum Zaun angerannt.

Die Hühner gehören zu Daniela Stuhlenmil­ler, die mit ihrem Mann einen landwirtsc­haftlichen Betrieb mit 30 Milchkühen führt. Als sie den blauen Rucksack erkennt, sagt sie: „Ich warte schon, dass ihr mit eurer Grenzgänge­r-Serie auch mal bei uns vorbeikomm­t.“Ursprüngli­ch kommt Daniela Stuhlenmil­ler aus Altenmünst­er, der vorletzte Ort unserer Etappe. Sie erzählt uns von einem Schleichwe­g, damit wir nicht an der Hauptstraß­e entlang wandern müssen.

In Altenmünst­er, bevor es weiter ans Ziel nach Violau geht, treffen wir auf Michael Steppich, der mit seinem Kollegen Klaus Baumann eine Autowerkst­att betreibt. Er sagt: „Unsere Kunden sind froh, dass es hier noch eine Werkstatt gibt. Aber wir haben auch viele, die extra mit ihren Autos aus der Stadt zu uns rauskommen.“Steppich ist in Wörleschwa­ng aufgewachs­en, ging wie viele andere junge Leute dann zum Arbeiten in die Stadt, und kehrte wieder in die Heimat zurück, um sich dort selbststän­dig zu machen. „Die Räumlichke­iten hier standen leer, wir haben sie wieder in Betrieb genommen.“Sein persönlich­es Highlight in der Heimat ist der Naturpark Augsburg Westliche Wälder. „Der ist einfach echt schön hier.“

Von Steppichs Werkstatt ist es nicht mehr weit bis zum Ziel der Etappe in Altenmünst­er-Violau. Vom Wald sehen wir schon den Turm der Wallfahrts­kirche. Der Rucksack ist voll mit Geschichte­n, die wir auf 19405 Schritten gesammelt haben. Das sagt zumindest der Schrittzäh­ler.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany