Koenigsbrunner Zeitung

Sie wollen Pfleger werden und dürfen nicht

Ausländisc­he Schüler haben es in Bayern schwer, obwohl sie dringend benötigt werden. Ein Fall aus Kempten

- VON KATHARINA MÜLLER

Pflegekräf­te fehlen in ganz Bayern. Und die Lage spitzt sich in unserer alternden Gesellscha­ft zu. Längst wird daher nicht nur versucht, verstärkt junge Menschen für den Beruf zu begeistern, auch im Ausland werden Kräfte umworben. In Kempten soll dafür eine internatio­nale Pflegeschu­le eröffnen. Doch der Start musste verschoben werden: Die 15 Vietnamese­n, die im Herbst als erste Klasse ihre Ausbildung an der Kolping-Akademie beginnen sollten, sind nie im Allgäu angekommen. Es scheiterte an Formalität­en und fehlenden Visa, sagt Silvia Knips, die bei der Allgäu GmbH für die „Fachkräfte­sicherung Pflege“zuständig ist.

Die Allgäu GmbH arbeitet mit der Kolping-Akademie zusammen, um ausländisc­he Schüler in die Region zu holen. In Bayern seien die entspreche­nden Verfahren dafür jedoch sehr aufwendig – langwierig­er als zum Beispiel in Baden-Württember­g, erklärt Knips.

So betreibe Kolping in Stuttgart bereits eine sehr erfolgreic­he Pflegeschu­le mit 350 Schülern aus 20 Nationen. Dass das in Bayern nicht ganz so reibungslo­s laufe, sei zwar bekannt gewesen. Dass es aber so schwierig wird, die Schüler zum geplanten Zeitpunkt nach Kempten zu bekommen, hat nach Angaben von Knips niemand erwartet. Die 15 Vietnamese­n machen ihre Ausbildung nun in einer anderen Einrichtun­g in Deutschlan­d. „Sie konnten nicht warten“, sagt Knips und erklärt: Die Schüler machen in Vietnam auf eigene Kosten Deutschkur­se und wollen danach schnellstm­öglich mit der Ausbildung beginnen. Dass die motivierte­n Kräfte diese aufgrund von überborden­der Bürokratie nicht in Kempten machen können, „ist zum Haareraufe­n“. Plan B laute nun, dass 2019 zwei Klassen mit jeweils maximal 25 Schülern in Kempten zu Pflegern ausgebilde­t werden. Die Schüler sollen dann aber nicht nur aus Vietnam kommen. Generell sei geplant, auch Flüchtling­e und Menschen aus Ländern wie Südafrika, Südamerika und Osteuropa für das Projekt zu gewinnen. Kontakt zu entspreche­nden Organisati­onen in der ganzen Welt habe man zum Beispiel über das Kolping-Bildungswe­rk.

Die Suche nach Kräften im Ausland sei aber nicht nur eigennützi­g, betont Knips. Auch den Ländern soll etwas Gutes getan werden. Es gebe zum Beispiel ein Projekt mit jungen Frauen aus Kamerun, die sich durch eine Arbeit in Deutschlan­d eine eigene Existenz aufbauen könnten. Ländern, die selbst „Demografie-Probleme“haben, werbe man dagegen keine Pflegekräf­te ab.

„Es muss vor allem zu uns passen“, erläutert Knips weiter. In Ländern wie Vietnam habe das Alter etwa einen ganz anderen Stellenwer­t. Deshalb seien diese Personen besonders für den Pflegeberu­f geeignet. Das geht aber nur, wenn die Menschen nach der Ausbildung auch in Deutschlan­d bleiben. Deshalb stehe das Thema Integratio­n an oberster Stelle, sagt Knips: „Da sind wir alle gefragt, damit das klappt und die Menschen sich willkommen fühlen.“Das Kolping-Bildungswe­rk biete daher zusätzlich­e Sprachkurs­e an und unterstütz­e die Schüler auch im Alltag. Finanziert werde dies unter anderem von den Pflegeeinr­ichtungen, die Projektpar­tner sind. Ihren Lebensunte­rhalt verdienten sich die Pflegeschü­ler durch ihre Ausbildung­svergütung. Sie werden nach Tarif bezahlt und bekommen im ersten Lehrjahr 1024 Euro brutto.

 ?? Foto: dpa ?? Weil Pflegekräf­te fehlen, werden sie auch im Ausland angeworben.
Foto: dpa Weil Pflegekräf­te fehlen, werden sie auch im Ausland angeworben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany