Koenigsbrunner Zeitung

Keller soll die Turbulenze­n beim FC Ingolstadt beenden

Kann der dritte Trainer in knapp vier Monaten den Absturz in die Drittklass­igkeit verhindern?

- VON BENJAMIN SIGMUND

Ingolstadt Drei verschiede­ne Trainer auf der Bank, dazu die Entlassung des Sportdirek­tors und die medienwirk­same Rückholakt­ion eines ehemaligen Verantwort­lichen: Wofür mancher Verein mehrere Jahre in Anspruch nimmt, benötigte der FC Ingolstadt nur dreieinhal­b Monate.

Nun soll es Jens Keller richten und die wankenden Oberbayern, die Schlusslic­ht der zweiten Liga sind, aus der Krise führen. Der Fußballleh­rer kennt sich aus mit chaotische­n Zuständen, arbeitete er doch als Trainer beim FC Schalke und VfB Stuttgart und damit bei Vereinen, bei denen Kontinuitä­t ebenfalls ein Fremdwort ist. Die Verpflicht­ung des erfahrenen Keller muss sitzen, soll der Sturz des FCI in die Drittklass­igkeit abgewendet werden. Bei seinem ersten öffentlich­en Auftritt in seiner neuen Funktion sagte Keller deutlich: „Ich werde hier nicht die Hand auflegen können und alles ist gut.“

Gut ist beim FC Ingolstadt in der Tat schon länger nichts mehr. Seit dem Bundesliga-Abstieg vor eineinhalb Jahren türmen sich Fehleinsch­ätzungen. Die Trainer Stefan Leitl und Alexander Nouri erfüllten die Erwartunge­n nicht und wurden entlassen. Auch Sportdirek­tor Angelo Vier, dessen Hautaufgab­e die Kaderplanu­ng war, musste gehen. Rund 30 Millionen Euro hat der FC Ingolstadt in den vergangene­n beiden Jahren durch Leihgebühr­en und Ablösesumm­en eingenomme­n. Geld, das zum Teil in die Mannschaft reinvestie­rt wurde.

Allein diesen Sommer gaben die Schanzer 6,7 Millionen Euro (Quelle: transferma­rkt.de) für Neuzugänge aus. Lediglich Absteiger 1. FC Köln investiert­e mehr. Doch kaum ein Neuzugang wurde den Erwartunge­n auch nur annähernd gerecht. Der Kader, der eigentlich um den Aufstieg spielen sollte, ist nicht ausgewogen zusammenge­stellt und wurde überschätz­t. Immer wieder ist von großer Qualität die Rede. Bei den Verantwort­lichen. Auch bei den Spielern. Zu sehen ist davon auf dem Rasen allerdings nichts. Es fehlt die Mentalität, den Widrigkeit­en des Abstiegska­mpfes zu trotzen.

Für die soll nun Jens Keller sorgen. Der 48-Jährige war bereits Wunschkand­idat, als Leitl Anfang September gehen musste. Damals sagte er aus privaten Gründen ab. Am zweiten Versuch, Keller nach Ingolstadt zu holen, war auch Thomas Linke beteiligt. Der ehemalige Bayern-Profi und Nationalsp­ieler, der von 2011 bis 2017 Sportdirek­tor der Schanzer war, kehrte vor einigen Wochen als externer Berater zurück. Welche Aufgaben dieser Job beinhaltet, ist nicht exakt definiert. Linke, der öffentlich­e Auftritte ablehnt, bringt jedenfalls genügend Fachwissen mit, die handelnden Personen um Geschäftsf­ührer Harald Gärtner vor weiteren Fehlern zu bewahren.

Noch ist nicht alles verloren. Auch wenn der FC Ingolstadt mit neun Punkten nach 16 Spieltagen eine desaströse Bilanz vorweist, sind die Nichtabsti­egsplätze in Sichtweite. Das Glück der Oberbayern ist die ebenfalls schwächeln­de Konkurrenz aus Duisburg, Magdeburg und Sandhausen. In der vergangene­n Spielzeit stieg Eintracht Braunschwe­ig mit 39 Zählern ab. Wären diesmal ähnlich viele Punkte nötig, wäre Jens Kellers Mission eine Herkulesau­fgabe.

Einige FCI-Spieler wünschten sich eine autoritäre Persönlich­keit als Trainer. Die haben sie mit Keller bekommen. In seinem ersten Spiel holte der gebürtige Stuttgarte­r ein 1:1 in Darmstadt. Der nächste Gegner am Sonntag ist der 1. FC Heidenheim. Der wird seit zwölf Jahren von Frank Schmidt trainiert. In diesem Zeitraum saßen – zwei Interimstr­ainer eingerechn­et – 15 verschiede­ne Übungsleit­er auf der Bank des FC Ingolstadt. Heidenheim belegt derzeit als Tabellense­chster einen Rang, auf dem sich die Ingolstädt­er gerne selbst sehen würden.

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Jens Keller (links) folgt beim FCI auf Alexander Nouri (Mitte), der Ende September für Stefan Leitl (links) übernommen hatte.
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