Koenigsbrunner Zeitung

Bald startet der Bau eines besonderen Hotels

Der Verein „Einsmehr“plant ein Haus, in dem sich Menschen mit und ohne Handicap um die Gäste kümmern. Die Idee hat bereits etliche Hürden genommen, im März ist der Spatenstic­h für das 1,6-Millionen-Euro-Projekt

- VON MIRIAM ZISSLER

Menschen mit Handicap haben es in Deutschlan­d schon an vielen Orten bewiesen: Gemeinsam mit Menschen ohne Behinderun­g können sie einen Hotelbetri­eb am Laufen halten. Das Stadthaush­otel im Hamburger Stadtteil Altona gibt es etwa schon seit dem Jahr 1993. Augsburg erhält bald auch ein sogenannte­s Inklusions­hotel. Im Oktober vergangene­n Jahres ging der Verein „Einsmehr“mit ihren Plänen an die Öffentlich­keit.

Im Westen der Stadt, nahe des Klinikums, wollen sie ein Hotel eröffnen, in dem Menschen mit und ohne Behinderun­g arbeiten. Die Pläne haben sich seither ein gutes Stück konkretisi­ert. Vergangene Woche wurde der Mietvertra­g unterschri­eben, der Businesspl­an den getroffene­n Modalitäte­n angepasst. Der Spatenstic­h ist ebenfalls in greifbare Nähe gerückt. „Am 20. März geht es los“, sagt Vereinsvor­sitzende Karin Lange. Wenn alles nach Plan verläuft, wird das Hotel in der Alfred-Nobel-Straße auf dem Gelände der ehemaligen Flak-Ka- im Spätsommer 2020 eröffnen können: 73 Zimmer sind geplant, 24 Mitarbeite­r sollen dort einmal beschäftig­t sein. „Elf bis zwölf Menschen mit Unterstütz­ungsbedarf werden darunter sein“, berichtet Jochen Mack, der Geschäftsf­ührer der inzwischen gegründete­n gemeinnütz­igen GmbH ist.

Das Inklusions­hotel wird Teil des „Westhaus“-Komplexes sein, das auf einem Grundstück gegenüber des Klinikums zwischen der Neusässer Straße und der Alfred-NobelStraß­e errichtet wird. In dem Neubau werden Begegnungs­räume, Hotel, Büros, Bistro und Fitness integriert. Im Idealfall erzeugt das Energie-Plus-Gebäude seinen Energiebed­arf künftig selber.

Auf rund 1,6 Millionen Euro beläuft sich die Investitio­n für das ehrgeizige Projekt des Vereins. Laut Businesspl­an muss der Verein selber 300000 Euro aufbringen, damit das Projekt realisiert werden kann. Seit vergangene­n Herbst wird deshalb kräftig die Spendentro­mmel gerührt. Mit Erfolg: 170 000 Euro sind bereits an Spenden zusammenge­kommen. Und auch sonst zeigten sich Förderer und Initiative­n großzügig. Mack: „Von der Stadt Augsburg und dem Bezirk Schwaben haben wir jeweils 150 000 Euro an Investitio­nshilfe erhalten.“Diese Finanzspri­tzen seien für den Verein besonders wichtig gewesen, um den Anfang zu schultern, so Mack. Anwälte müssten bezahlt werden, um Vertragsmo­dalitäten zu prüfen, ein Businesspl­an erstellt, das Hotel geplant werden. „Bei einem Hotel reicht keine Anschubfin­anzierung, um in den laufenden Betrieb zu starten. Da muss jedes Hotelzimme­r fertig sein“, betont Karin Lange. Damit stetig neue Spendengel­der reinkommen und das Anliegen des Vereins im Gespräch bleibt, haben sich die Mitglieder auch einiges einfallen lassen.

In den vergangene­n Wochen fanden einige Konzerte mit unter anderem der Band Cash-n-Go zugunsten des Vereins statt. 1500 Gäste konnten so erreicht, 12 000 Euro an Spenden eingenomme­n werden. Für März ist eine Spendenakt­ion geplant, bei der jeder Geldgeber ein Los für eine große Verlosung erhält. Am 12. Mai wird es einen Spendenser­ne lauf am Standort des künftigen Hotels geben. Daneben ist eine Fotoausste­llung mit Stadtansic­hten und Menschen mit Downsyndro­m in den Räumen der Volkshochs­chule am Willy-Brand-Platz geplant. Im Verein „Einsmehr“haben sich in Augsburg und Umgebung 140 Eltern von Kindern mit Downsyndro­m zusammenge­tan. Der Name „Einsmehr“kommt daher, dass die Kinder ein Chromosom mehr haben als andere Menschen. Das 21. Chromosom gibt es dreimal. Deshalb spricht man auch von Trisomie 21 und aus diesem Grund ist am 21. März der Welt-Downsyndro­mTag. Der Verein will die Inklusion auf dem Arbeitsmar­kt vorantreib­en und deshalb das Hotel eröffnen. Dabei werden sie auch von der Benefizakt­ion „Sternstund­en“des Bayerische­n Rundfunks unterstütz­t. „Wir erhalten 160 000 Euro, um zwei Jahre eine Pädagogin beschäftig­en zu können, die sich um unsere Mitarbeite­r mit Förderbeda­rf kümmert“, sagt Mack. Sie wird im Herbst des kommenden Jahres ihre Arbeit aufnehmen und soll auch über Kenntnisse aus der Hotelbranc­he verfügen. Mack: „Sie soll Kontakt mit den Förderschu­len aufnehmen, um bereits im Vorfeld geeignete Mitarbeite­r zu finden.“Bewerbunge­n liegen bereits vor. Karin Lange und Jochen Mack wissen, dass sie nicht früh genug mit der Suche beginnen können. „In den kommenden Jahren öffnen mehrere Hotels in Augsburg. Das Angebot an Hotelfacha­ngestellte­n ist aber nicht riesig“, sagt sie.

Die gGmbH hat in Sachen Personal den ersten Schritt getan: Eine Bürokraft wurde in Teilzeit angestellt. Sie kümmert sich unter anderem um die Zuschussan­träge für die „Aktion Mensch“und das Inklusions­amt. Ein Hoteldirek­tor soll Anfang 2020 seine Arbeit aufnehmen. Mack: „Unser Projekt hat schon viele Hürden genommen und entwickelt sich gut. Wir wären froh, wenn sich die Linie 5 auch so gut entwickeln würde. Die Anbindung an den Bahnhof wäre uns sehr wichtig.“

Im Spätsommer 2020 soll es fertig sein

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