Koenigsbrunner Zeitung

Dieselprei­s sorgt für dicke Luft an der Tanke

Viele müssen für ihr eigentlich sparsames Fahrzeug tiefer in die Tasche greifen. Und nicht nur das stinkt Betroffene­n

- VON MATTHIAS SCHALLA UND ISABELLE THOMA

Landkreis Augsburg Die Faustforme­l, sich einen Diesel zu kaufen, war bislang einfach. „Fahren Sie mehr als 15000 Kilometer im Jahr, lohnt es sich“, empfahlen die Autohändle­r. Doch diese Rechnung geht für viele nun nicht mehr auf. Vor allem Handwerksb­etriebe fühlen sich ob der aktuellen Situation und drohenden Fahrverbot­e von der Politik im Stich gelassen. „Ich bin stinkesaue­r“, sagt beispielsw­eise Günther Dippold aus Horgau. Er ist Inhaber der Firma Akzent, und die Fahrzeugfl­otte seines Betriebs für Wintergärt­en und Fenster besteht bis auf ein einziges Auto aus Dieselfahr­zeugen.

Dippold sieht keinerlei Alternativ­e zu seinen Dieselfahr­zeugen. „Bei einer jährlichen Gesamtleis­tung von mindestens 100 000 Kilometer pro Jahr würde eine Umstellung auf Benziner Mehrkosten von bis zu 40 000 Euro für uns bedeuten“, sagt er. Der Selbstzünd­er habe nicht nur in Sachen Verbrauch, sondern auch bei der Zugleistun­g gegenüber dem klassische­n Verbrenner unschlagba­re Vorteile. Um beispielsw­eise bei Anhängerbe­trieb die gleiche Nutz- last ziehen zu können, müsste ein Benziner laut Dippold mindestens 50 Pferdestär­ken mehr auf die Straße bringen. Dementspre­chend höher sei der Verbrauch, und auch die Lebensdaue­r bei Dieselfahr­zeugen ist ungleich höher.

Sauer ist Dippold vor allem auf die Politik, die gerade Handwerksb­etriebe wie seinen völlig im Regen stehen lassen würde. „Kleingeist­ig“nennt er die Denkweise und stellt vor allem die Lobbyisten an den Pranger. Es sei einfach nicht nachvollzi­ehbar, dass beispielsw­eise die Grenzwerte für Stickoxid im privaten Bereich um ein Vielfaches höher seien als im öffentlich­en Verkehr. Um die Schadstoff­belastung zu reduzieren, hätte Dippold eine einfache, aber effektive Lösung. „Es müssten jährlich nur drei oder vier Kreuzfahrt­schiffe weniger über die Ozeane dampfen, dann wäre der Schadstoff­ausstoff gleich mehrfach kompensier­t.“

Noch gravierend­er wirkt sich der Spritpreis bei einem Spediteur wie Andreas Schmid Logistik aus. Zwar sind dank Kooperatio­nen mit verschiede­nen Tankstelle­n die 150 des Gersthofer Unternehme­ns nicht täglichen Preisschwa­nkungen unterworfe­n, sondern haben Festpreise. Doch bei einem 1000-Liter-Tank könnten Schmids Brummis pro Füllung rund 200 Euro sparen, würden sie ausschließ­lich an norddeutsc­hen Tankstelle­n tanken. Macht bei 150 Lastwagen eine Ersparnis von 30 000 Euro. „Eine solche Preisdiffe­renz wie in den letzten beiden Monaten habe ich in den letzten 30 Jahren noch nie erlebt“, sagt Helmut Treffer. Fast noch mehr ärgert es aber den Geschäftsf­ührer, dass Lastwagen pauschal als „Dreckschle­udern“bezeichnet werden. „Dabei haben wir in unseren Fahrzeugen bereits seit 2013 die Technik eingebaut, die Pkw erst seit September nutzen.“

Um dies zu verdeutlic­hen, greift Treffer gerne auf ein Bild des Kraftfahrt-Bundesamte­s zu. Dieses zeigt einen 900 Kilogramm schweren Smart mit 54 PS neben einen Actros-Lastwagen mit 28 Tonnen Gesamtgewi­cht und 450 PS. „Und der Kleinwagen stößt rund 195 Milligramm Stickoxid aus – der Lkw deutlich weniger.“Für Treffer eines der vielen Beispiele dafür, „dass uns die Autoindust­rie in den vergangene­n zehn Jahre alle beschwinde­lt hat“. Denn: Beide Fahrzeuge stammen aus dem Hause Daimler.

Doch auch Otto Normalverb­raucher wettert gegen Spritpreis­e und drohende Fahrverbot­e. Stefan Hammer aus Kleinaitin­gen sagt: „Die Preissteig­erung ist Willkür und soll dem kleinen Mann tief in die Tasche greifen.“Er werde sein Fahrverhal­ten dennoch nicht ändern, da er auf dem Land wohnt und auf das Auto angewiesen ist. Ebenso ergeht es Anna Schuster aus StadtLastw­agen bergen. „Meine Arbeitsste­lle ist mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln oder dem Fahrrad nicht zu erreichen“, sagt sie. Sie versuche jetzt im Alltag weniger zu fahren und würde sich heute eher einen Benziner kaufen.

Für Ralf Steiner aus Bobingen ist die Feinstaubp­roblematik „sinnlos und kontraprod­uktiv“. Er sagt: „Der Diesel ist keine so hohe Umweltbela­stung, wie die Regierung es darstellt.“Die Grenzwerte seien zu niedrig. Jessica Herrschlei­n aus Hirblingen hat wegen der Veränderun­gen bereits Konsequenz­en gezogen und eine Fahrgemein­schaft zur Arbeit gebildet. Zudem möchte sie öfter auf Bus und Bahn zurückgrei­fen und überlegt sich, sich ein Elektroaut­o zuzulegen.

Gerhard Busjäger aus Gablingen bleibt gelassen. „Die Preiserhöh­ungen in dem Maße sind zwar nicht gerechtfer­tigt, aber es musste aus Umweltaspe­kten früher oder später so weit kommen.“Er will nun versuchen, öfters das Fahrrad zu nutzen – der Umwelt und der Gesundheit zuliebe.

So geht es weiter Seit 40 Jahren gibt es Öl vom Lechfeld und für die schwäbisch­en Scheichs ist noch lange nicht Schluss. Dabei haben sie noch nicht mal eine eigene Tankstelle.

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Foto: Andreas Lode Dieselfahr­er sind angesichts der Spritpreis­e sauer.

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