Der Fußball-Macher aus Augsburg
Christian Hochstätter war nicht nur als Spieler und Gladbacher Sportdirektor bekannt, sondern später auch als Manager von Hannover 96 und dem VfL Bochum. Trotzdem hat er seine Wurzeln nie vergessen (Serie Teil 20)
Hallo Herr Hochstätter. Seit Ihrer Trennung vom VfL Bochum im Februar ist es ruhig um Sie geworden. Was machen Sie derzeit?
Hochstätter: Im Moment bin ich beim VfL Bochum freigestellt. Ich spanne aus, habe nach der Belastung der vergangenen Jahre mal mehr Zeit für mich selbst. Jetzt freue ich mich wieder auf eine neue Aufgabe. Doch im Moment ist noch nichts in Aussicht.
Sie haben 16 Jahre für Borussia Mönchengladbach gespielt und galten als Musterprofi. Vereinstreue schien für Sie kein Fremdwort gewesen zu sein. Hochstätter: Das stimmt. Durch das Bosman-Urteil hat sich in dieser Richtung viel verändert. Die Zeiten haben sich geändert, die Spieler wechseln schneller den Verein. Das ist auch für die Fans und die Fußball-Romantiker sehr schade, aber wohl nicht mehr zu ändern.
1995 feierten Sie mit dem VfL in Berlin den DFB-Pokalsieg. Damals galten Sie als einer der besten Mittelfeldspieler Deutschlands. Unter Franz Beckenbauer haben Sie zwei A-Länderspiele absolviert. Warum wurden es nicht mehr?
Hochstätter: Dass Sie das sagen, freut mich sehr. Ich bin froh, zwei Länderspiele gemacht zu haben. Natürlich habe ich als Mittelfeldspieler viele Tore gemacht, doch damals war es schwierig, Nationalspieler zu werden. Die Konkurrenz war groß. Ich nenne nur Spieler wie Matthäus, Bein, Littbarski oder Häßler. Die waren Weltklasse.
Nach Ihrer aktiven Zeit als Profi stiegen Sie in Gladbach als Manager ein. Normalerweise gilt ja der Prophet im Lande nicht viel, Sie haben sich aber durchgesetzt.
Hochstätter: Man muss nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Ich hatte nach meiner aktiven Zeit, die durch eine Bandscheibenverletzung endete, einen Anschlussvertrag bei der Borussia. Als Trainer oder im operativen Bereich. So kam ich ins Geschäft, wurde Sportdirektor. Ich bin mit der Mannschaft abund wieder aufgestiegen, war sechs Jahre tätig. Zudem war ich auch am Bau des neuen Stadions beteiligt. Da bin ich schon ein bisschen stolz darauf. Nach der Zeit am Bökelberg heuerten Sie bei Hannover 96 und dem VfL Bochum an. Bei den Niedersachsen hatten Sie mit Martin Kind einen nicht einfach wirkenden Präsidenten. Hochstätter: Herr Kind war ganz anders, als er in er Öffentlichkeit dargestellt wird. Ich kenne wenige Menschen, die sozialer eingestellt sind als der 96-Präsident. Erst am Ende wurde es etwas schwieriger, doch ich wollte unbedingt zurück in den Westen, denn dort wohnt auch meine Familie. Deshalb habe bei den Niedersachsen gekündigt. Da kam das Angebot aus Bochum gerade recht. Wir haben den VfL sportlich und wirtschaftlich konsolidiert, mit dem Bundesligaaufstieg hat es leider nicht geklappt.
2016 hatten Sie eine Offerte des Hamburger SV auf dem Tisch liegen. Warum haben Sie damals abgesagt? Hochstätter: Als der Anruf aus Ham- burg kam, habe ich bei den VfLVerantwortlichen nachgefragt, ob ich mit dem HSV reden kann. Da habe ich einen Fehler gemacht, denn kurz zuvor hatte ich meinen Vertrag verlängert. Das hat man mir in Bochum sehr übel genommen, obwohl ich den Hamburgern abgesagt habe. Dann haben, wie man so schön sagt, die Mechanismen gegriffen.
Zwischen den einzelnen Stationen haben Sie studiert und in der freien Wirteigenen schaft gearbeitet. Sich auf die faule Haut zu legen, ist nichts für Sie? Hochstätter: Das ist in der Tat nichts für mich. Ich habe ein Sportmanagement-Studium abgeschlossen und auch in der Finanzdienstleistungsbranche gearbeitet.
Kommen wir zu den Anfängen Ihrer Karriere. 1977 wechselten Sie vom Post SV in die Talentschmiede des FC Augsburg. Wie wurde der FCA auf Sie aufmerksam? Hochstätter: Kurt Weidenbacher, unser damaliger C-Jugendtrainer, wechselte zum FCA an die Donauwörther Straße. Ich ging dann diesen Weg ebenso wie Roland Grahammer von der SpVgg Bärenkeller und Raimond Aumann vom Stadtwerke SV mit.
Mit der ersten Mannschaft des FCA feierten Sie 1982 als junger Spieler den Aufstieg in die zweite Bundesliga. Hochstätter: Das stimmt nicht ganz. Ich hatte in meiner letzten A-Jugendsaison nur einige Einsätze in der Bayernligamannschaft. Als Aufstiegsheld würde ich mich deshalb nicht bezeichnen.
Trotzdem wechselten Sie an den Bökelberg. Ihr ehemaliger FCA-Teamkollege Armin Veh soll Sie an den Niederrhein gelotst haben. Veh bezeichnet sich scherzhaft als Ihren ersten Manager. Stimmt das?
Hochstätter: Das können Sie so stehen lassen. Mit Armin Veh habe ich schon zusammen in der Realschulmannschaft gekickt. Ich wurde nach Gladbach zum Probetraining eingeladen. Den Tipp gab den Verantwortlichen Armin, der damals ja schon beim VfL in der Bundesliga spielte. Ich habe wohl überzeugt, Trainer Jupp Heynckes wollte mich gleich behalten. Armin hat dann meinen ersten Vertrag ausgehandelt.
Zurück nach Augsburg. Der FCA spielt jetzt schon die achte Saison im Oberhaus. Hätten Sie dem Verein diese Entwicklung zugetraut? Hochstätter: Wenn ich ehrlich bin, nein. Doch dort wird seit vielen Jahren ausgezeichnete Arbeit geleistet. Vor allen Dingen von Stefan Reuter und Manuel Baum. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Verein in der Bundesliga spielt. Das sollten die Fans bedenken, wenn es mal nicht so gut läuft.
Sie stammen aus einer echten Fußballerfamilie. Der legendäre Helmut Haller war Ihr Onkel, Ihr Vater Melchior und Ihr Onkel Karl spielten für den BCA in der Oberliga. Wurde Ihnen das Talent in die Wiege gelegt? Hochstätter: Talent allein reicht nicht, um viele Jahre Bundesliga zu spielen. Ich glaube eher, dass es eine Kombination aus Fleiß und Talent war.
Besitzen Sie noch Kontakt nach Augsburg?
Hochstätter: Natürlich zu meiner Mutter, die ja in der Stadt wohnt. Auch zu Heinz Krötz, dem Vorsitzenden des Post SV. Man muss bedenken, dass ich schon mit 18 Jahren Augsburg verlassen habe. Freundschaften aus der Jugend halten halt nicht so lange.
Interview: Herbert Schmoll
● Christian Hochstätter Der heute 55-Jährige ging den Weg vieler hochbegabter Augsburger Nachwuchskicker. Er wechselte nach der Ausbildung 1982 in die Bundesliga. Zu Borussia Mönchengladbach. Nach seiner aktiven Karriere, die 1998 endete, arbeitete er dort sechs Jahre als Sportdirektor. Anschließend war er Manager bei Hannover 96 und beim VfL Bochum. Fußballspielen gelernt hat Hochstätter beim Post SV Augsburg. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder (Sarah und Christian) und wohnt mit der Familie in Mönchengladbach. (oll)