Merkel, Seehofer und daneben nur ein wenig Politik
Wie die drei Augsburger Bundestagsabgeordneten das Jahr 2018 sehen und was für den Wahlkreis erreicht wurde
Als das Jahr 2018 begann, war zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht klar, wer Deutschland regiert. Nach der Bundestagswahl im September 2017 waren die Jamaika-Verhandlungen gescheitert, Union und SPD näherten sich der Fortsetzung der Koalition in Berlin erst langsam an. Im März nahm die Bundesregierung endlich ihre Arbeit auf. Die beiden Augsburger Bundestagsabgeordneten Volker Ullrich (CSU) und Ulrike Bahr (SPD) sind Teil der Koalition. Dritte Vertreterin im Bundestag aus Augsburg ist Claudia Roth (Grüne). Auf Anfrage ziehen die Abgeordneten eine Bilanz des turbulenten politischen Jahres.
● Volker Ullrich Viele Personaldebatten hätten inhaltliche Themen überlagert, sagt Ullrich. Das gelte auch für die Union. Angela Merkel sei nun nicht mehr CDU-Vorsitzende, bleibt aber Kanzlerin. Ullrich geht davon aus, dass sie dies bis 2021 bleiben wird: „Bis dahin ist sie gewählt.“Dass es in der CSU heftige Debatten gegeben hat, die mit dem Wechsel an der Parteispitze im Januar 2019 enden, kommentiert der Bundestagsabgeordnete wie folgt: „Ich halte es für ehrenwert, dass Horst Seehofer den Weg für eine Verjüngung an der CSUSpitze freigemacht hat.“Seehofer ist seit Regierungsbildung Bundesinnenminister. Geht es nach Ullrich, gibt es keinen Grund für eine Veränderung: „Es handelt sich um ein Staatsamt, das nicht von Parteitaktik abhängig zu machen ist.“Inhaltlich nennt Ullrich Wohnen, Pflege und Rente als zentrale Themen. Mit Bezug zum Wahlkreis sieht der CSU-Mann im abgelaufenen Jahr positive Entwicklungen: „Ich nenne im Bereich Industriepolitik die Sicherung von Arbeitsplätzen durch einen Raketen-Auftrag für MT Aerospace.“ Die jüngst beschlossene Senkung der Modernisierungsgrenze werde auch den Wohnungsmarkt in Augsburg positiv beeinflussen.
● Ulrike Bahr Die SPD-Abgeordnete geht ebenfalls auf Personalien ein: „Das Reingrätschen von Seehofers Kasperletheater mit dem alles überlagernden Asylstreit war ein nerviges Hemmnis für die gute Sachpolitik, was Politikverdrossenheit mitgefördert hat.“Dass das Wahljahr „dramatische Einbrüche für die SPD, speziell in Bayern“, gebracht hat, verhehlt Augsburgs Parteichefin nicht: „Die SPD muss dringend ihr Profil schärfen und Kante zeigen.“Positiv sei festzuhalten, „dass wir mit dem Gute-Kita-Gesetz bessere Personalschlüssel und erstmals Gebührenfreiheit für Eltern einleiten, ein Meilenstein und Hauptanliegen der SPD für Chancengerechtigkeit.“Das in Augsburg erfolgreiche Programm der Sprachkitas werde weitergeführt.
Im Wahlkreis sei zu sehen, dass mit Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen der Ausbau der Bahnstrecke Augsburg-Donauwörth erreicht worden sei.
● Claudia Roth Die Bundestagsvizepräsidentin sagt: „Im Bundestag erklingen immer häufiger anti-demokratische und autoritäre Stimmen, während die Bundesregierung ihre Politik geradezu entrückt an den realen Herausforderungen unserer Zeit vorbei macht: Klimakrise, die wachsende Schere zwischen Arm und Reich, zu hohe Mieten und zu niedrige Renten.“Das Thema Umweltschutz ist der Grünen-Politikerin wichtig. Sie verweist auf Fahrverbote, die in immer mehr Städten erhoben werden. Es sei gut, wenn Augsburg selbst aktiv werde und mit dem Masterplan nachhaltige Mobilität dann den Ausbau des Nahverkehrs, der Fahrradstadt und auch der Elektromobilität voran bringt. Roth: „Das ist ein Meilenstein zur Verbesserung unseres Stadtklimas und der Luftqualität.“