AfD verbreitet Unwahrheiten zu Vergewaltigungsfall
Die Partei behauptet, der Missbrauch einer 15-Jährigen in einem Augsburger Asylheim sei wegen der Landtagswahl verheimlicht worden. Dabei gingen die Ermittler schon vier Wochen zuvor damit an die Öffentlichkeit
Der Fall sorgt in Augsburg für Aufsehen. Ein 15-jähriges Mädchen soll zwei Mal vergewaltigt worden sein. Fünf Asylbewerber aus Afghanistan sitzen deshalb inzwischen in Untersuchungshaft. Die „Alternative für Deutschland“behauptet nun: Die Behörden hätten den Fall bewusst erst jetzt öffentlich gemacht, damit er keinen Einfluss auf das Ergebnis der bayerischen Landtagswahl haben konnte. Das Problem an dieser Geschichte, die die AfD auf ihrer offiziellen Facebook-Seite verbreitet, ist allerdings: Sie stimmt nicht.
Man könnte es neudeutsch „Fake News“nennen, eine Falschmeldung – oder auch schlicht die Unwahrheit. In dem Facebook-Beitrag vom 17. Dezember heißt es jedenfalls: „Die abscheuliche Tat ereignete sich schon im Juli in Augsburg, doch erst heute wird darüber berichtet.“Und weiter: „Der CSU lag im Wahlkampf wohl nichts daran, einen weiteren Beweis für die katastrophalen Nebenwirkungen der von ihr mitgetragenen Asylpolitik der Kanzlerin nach außen dringen zu lassen.“Die AfD behauptet auch, das 15-jährige Mädchen sei damit ein zweites Mal Opfer geworden, weil die bayerische Politik sie „im Stich gelassen“und „ihren Fall totgeschwiegen“habe.
Bei der Augsburger Polizei wundert man sich über diese harschen Vorwürfe. Offenbar, sagt ein Beamter, seien die Verantwortlichen der Partei ziemlich schlecht informiert. Tatsächlich gingen Polizei und Staatsanwaltschaft nämlich bereits rund vier Wochen vor der Landtagswahl von sich aus mit dem Fall an die Öffentlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt saßen zwei Verdächtige in Haft. Die Polizei holte sich im September von zahlreichen Bewohnern der Asylunterkunft, in der das Mädchen vergewaltigt worden sein soll, DNA-Proben. Anhand der DNA wurde dann im September noch ein dritter Verdächtiger ermittelt – auch darüber gab es unmittelbar danach eine Pressemitteilung. Weil vor wenigen Tagen erneut zwei Verdächtige ermittelt und inhaftiert worden sind, gab es nun erneut eine Mitteilung der Behörden. Diese beiden Männer sollen das Mädchen in einem zweiten Fall vergewaltigt haben.
Auch ansonsten nimmt es die AfD in ihrem Beitrag mit den Tatsachen nicht allzu genau: Sie behauptet, drei Täter seien im September eingesperrt worden, nach zwei Männern werde noch gefahndet. Das ist falsch: Zwei Verdächtige kamen noch im Juli in Untersuchungshaft, einer im September und zwei Männer im Dezember. Gesucht wird keiner der Verdächtigen. Die AfD behauptet, alle fünf Verdächtigen seien über das Mädchen hergefallen und hätten dabei kein Kondom benutzt. Fakt ist: Vier Verdächtigen wird Vergewaltigung vorgeworfen. Gegen den fünften Beschuldigten wird ermittelt, weil er sein Zimmer in dem Heim in der Proviantbachstraße für eine Tat zur Verfügung gestellt haben soll. Ob von den Tätern Kondome benutzt worden sind, ist unklar. Dazu haben die Ermittler sich bisher gar nicht geäußert.
Eine Anfrage unserer Zeitung an die Facebook-Redaktion der AfD blieb am Dienstag zunächst unbeantwortet. In einer Standardantwort heißt es: „Durch die hohe Anzahl eingehender Anfragen können wir diese leider nur mit Verzögerung beantworten.“Korrigiert wurde die Falschmeldung deshalb bislang auch nicht. Wegen des falschen Beitrags ereiferten sich allerdings bereits weit mehr als 100 Nutzer des Netzwerks über die angebliche „Vertuschung“und das „Verheimlichen unangenehmer Wahrheiten“.
Redaktion von 10 bis 17 Uhr: Maximilianstraße 3: (0821) 777- 2201 Telefax: (0821) 777- 2202 E-Mail: lokales@augsburger-allgemeine.de Anzeigen-Service:
Telefon: (0821) 777- 2500 Telefax: (0821) 777- 2585 E-Mail: anzeigen@augsburger-allgemeine.de Abo-Service:
Telefon: (08 21) 777- 23 23 Telefax: (08 21) 777- 23 44 E-Mail: abo@augsburger-allgemeine.de
Zentralredaktion Augsburg: Chefredaktion: (08 21) 7 77-20 33 Bayern, Politik: (08 21) 7 77-20 54 Sport: (08 21) 7 77-21 40