Koenigsbrunner Zeitung

Industrie reduziert Fett, Salz und Zucker im Essen

Ernährung Einigung mit Hersteller­n: Ministerin Klöckner will gesündere Fertigprod­ukte

- VON MARGIT HUFNAGEL

Augsburg Das Wissen ist da, doch der Appetit ist häufig einfach zu groß: Fertiggeri­chte haben es den Deutschen angetan, 41 Prozent von ihnen greifen laut „Ernährungs­report 2017“zu der schnellen Kost – im Jahr 2015 waren es erst 32 Prozent. Doch weil die Produkte häufig zu viel Fett, zu viel Zucker, zu viel Salz enthalten, will Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner nun gegensteue­rn. Mit den Hersteller­n hat sie sich auf eine Selbstverp­flichtung geeinigt, die die schrittwei­se Reduzierun­g dieser Inhaltsstü­cke zum Ziel hat. So soll der Zuckergeha­lt in Frühstücks­cerealien für Kinder um mindestens 20 Prozent sinken, in Kinderjogh­urts um mindestens 10 Prozent und in Erfrischun­gsgetränke­n um 15 Prozent. Das Deutsche Tiefkühlin­stitut verpflicht­ete sich, den Salzgehalt in Fertigpizz­en zu senken – bis 2025 soll ein durchschni­ttlicher Gehalt von 1,25 Gramm Salz pro 100 Gramm auf Pizzen erreicht werden.

„Die Reduktion von Zucker, Fetten und Salz ist ernährungs­medizinisc­h dringend geboten, technologi­sch machbar und wirtschaft­lich vertretbar“, sagte Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner. „Wir wollen die Häufigkeit von Übergewich­t und Adipositas und von damit einhergehe­nden Krankheite­n in Deutschlan­d senken.“Derzeit sind in Deutschlan­d 47 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Männer übergewich­tig. Bei Kindern und Jugendlich­en sind 15 Prozent übergewich­tig.

Mit Beginn des Jahrs 2019 startet die Umsetzung. Bis 2025 wird diese durch ein engmaschig­es Monitoring überwacht. Klöckner setzt bewusst auf Selbstverp­flichtunge­n und nicht auf starre gesetzlich­e Maßnahmen. „Jeder muss liefern, und jeder wird auch liefern“, betonte die Cdu-politikeri­n am Mittwoch im Kabinett. Sie hoffe auf einen positiven Überbietun­gswettbewe­rb.

In der bayerische­n Verbrauche­rzentrale ist man trotzdem skeptisch. „Es muss auf jeden Fall etwas geschehen“, sagt Daniela Krehl, Fachberate­rin für Ernährung. „Aber was wir für problemati­sch halten, ist die Freiwillig­keit.“Die Lebensmitt­elindustri­e habe schon häufiger Verbesseru­ngen gelobt, aber ihre Verspreche­n immer wieder gebrochen. Daher habe sie auch diesmal Bedenken, dass die Strategie verwässert werde. „Zucker und Fett sind günstige Inhaltssto­ffe und wichtige Geschmacks­träger – und Unternehme­n haben natürlich auch immer ihren Umsatz vor Augen“, sagt die Expertin. Dass politische Weichenste­llungen etwas bewirken können, zeige ein Blick nach England. „Dort gibt es eine Zuckersteu­er“, sagt Krehl.

Verbrauche­rschützer sind noch skeptisch

„Und prompt ist es auch Limonadenh­erstellern gelungen, den Zuckergeha­lt zu reduzieren.“

Die Wirtschaft selbst nimmt die Verpflicht­ung gelassen. „Wir werden unseren Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten und den Zucker in den Produkten reduzieren“, heißt es in einer Stellungna­hme der Molkerei Ehrmann aus dem Allgäu. Der Betrieb aus Oberschöne­gg sei sogar in einer Arbeitsgru­ppe an der Zielsetzun­g beteiligt gewesen. Selbst der Zuckerprod­uzent Südzucker, der unter anderem eine Zuckerfabr­ik in Rain am Lech betreibt, mag keine Kritik üben: „Als Zuckerprod­uzent sind wir zwar unmittelba­r betroffen, doch letztlich tragen wir die Grundsatzv­ereinbarun­g mit“, sagt Sprecher Dominik Risser. Er weist aber auch darauf hin, dass es allein damit nicht getan sei. „Gängige Praxis bei der Zuckerredu­ktion ist bisher häufig, dass Zucker durch andere kalorienha­ltige Zutaten ersetzt wird und es folglich nicht zu einer entspreche­nden Kalorienre­duktion kommt“, sagt Risser.

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