Koenigsbrunner Zeitung

Kaum entschiede­n, schon torpediert

Das Kabinett beschließt nach zähem Ringen ein Einwanderu­ngsgesetz. Der Entwurf hat allerdings kaum Chancen, unbeschade­t durchs Parlament zu kommen

- VON STEFAN LANGE (mit dpa)

Berlin Das Rennen entschied sich auf den letzten Metern. Bis in die Nacht zum Mittwoch arbeiteten die Fachleute von Union und SPD, um den Entwurf des Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetze­s noch rechtzeiti­g zur Kabinettss­itzung fertig zu bekommen. Als die Runde unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel um 9.30 Uhr zusammentr­af, lag ein Papier auf dem Kabinettst­isch, das jahrelange­n Streit beenden soll. Ob der Entwurf das parlamenta­rische Verfahren übersteht, muss jedoch abgewartet werden: Innenpolit­iker meldeten bereits Bedenken an. Was wurde genau beschlosse­n?

● Fachkräfte Zum einen verabschie­dete das Kabinett den Entwurf für ein Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz. Es soll die Hürden für die Einreise von Arbeitnehm­ern aus Nichteu-staaten senken. Bislang konnten sich nur Hochschula­bsolventen einen Job in Deutschlan­d suchen. Jetzt erweitert sich der Kreis auch auf Menschen ohne Hochschula­bschluss. Diese müssen allerdings bestimmte Qualifizie­rungen wie etwa ausreichen­de Sprachkenn­tnisse nachweisen.

● Abgelehnte Asylbewerb­er Zweitens soll es ein Beschäftig­ungsdul- dungsgeset­z geben, mit dem bereits abgelehnte Asylbewerb­er einen dauerhafte­n Aufenthalt­stitel bekommen können. Die Hürden sind jedoch hoch. Die Betroffene­n müssen bereits 18 Monate mit mindestens 35 Stunden pro Woche gearbei- tet haben, sie müssen ihren Lebensunte­rhalt eigenständ­ig bestreiten können und einiges mehr.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier feierte die Verabschie­dung des Entwurfs zwar als „historisch­en Tag“. Der Cdu-politiker sah sich aber sofort mit Kritik aus den eigenen Reihen konfrontie­rt.

So warf der zuständige Berichters­tatter der Union im Bundestags-innenaussc­huss, Alexander Throm, dem Kabinett vor, im Koalitions­vertrag verankerte Leitlinien durchbroch­en zu haben. Dort stehe zum Beispiel, dass eine Einreise nur mit vorhandene­m Arbeitspla­tz und bei gleichwert­iger Qualifikat­ion möglich sei, mahnte der Heilbronne­r Cdu-politiker.

Bei der Beschäftig­ungsduldun­g sah Throm ebenfalls Nachbesser­ungsbedarf. Mit der Regelung könnten auch Ausreisepf­lichtige in den Genuss des besonderen Status kommen, deren Identität nicht geklärt sei. „Der Rückzug auf zumutbare Bemühungen bedeutet faktisch nichts anderes, als dass Identitäte­n letztlich ungeklärt bleiben. Eine solche Verwässeru­ng ist nicht hinnehmbar“, sagte Throm.

Dass dem Gesetzentw­urf noch einiges Ungemach droht, machte auch Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus deutlich. „Die Vorlage der Bundesregi­erung wird im neuen Jahr in der Unionsfrak­tion intensiv diskutiert werden“, sagte der Cdupolitik­er und meldete wie Throm insbesonde­re bei der Duldungsre­gelung Gesprächsb­edarf an.

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Foto: dpa In Zukunft können womöglich auch Fachkräfte nach Deutschlan­d einwandern, die keinen Hochschula­bschluss haben. Noch ist das aber umstritten.

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