Koenigsbrunner Zeitung

Die Ticket-masche von Viagogo

Sind Konzertkar­ten bei offizielle­n Anbietern bereits ausverkauf­t, gibt es auf der Plattform Viagogo noch welche zu überhöhten Preisen. Kunden sprechen von Abzocke und Betrug

- VON JUDITH RODERFELD

Augsburg Konzertkar­ten sind beliebte Weihnachts­geschenke – für Künstler wie Rammstein oder Helene Fischer aber schnell ausverkauf­t. Nur beim Ticketport­al Viagogo nicht. Die Homepage erscheint seriös, der Service wirkt transparen­t. Doch hinter dem Schleier vermeintli­cher Seriosität verbirgt sich ein umstritten­es Geschäft, das Verbrauche­r nicht nur um ihr Geld bringen kann.

Schon seit Jahren steht Viagogo in der Kritik. In Erfahrungs­berichten sprechen Kunden von Abzocke und Betrug. Hinter dem Namen Viagogo steckt eine Ticketplat­tform für den Zweitmarkt, kein offizielle­r Anbieter. Das Prinzip ist einfach: Tickethänd­ler kaufen den Fans in der Regel die Karten für Konzerte, Sportoder Comedyvera­nstaltunge­n vor der Nase weg, um sie anschließe­nd für wesentlich mehr Geld bei Viagogo anzubieten. Kostet eine Karte für das Rammstein-konzert zum Beispiel offiziell rund 100 Euro, gibt es sie bei Viagogo für 1000. Zusätzlich­e Vermittlun­gsgebühren kommen noch mal oben drauf.

Ist das rechtens? „Das ist eine schwierige Frage, da der Ticket- markt in Deutschlan­d nicht ausreichen­d reguliert ist“, sagt Rechtsanwä­ltin Tatjana Halm von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Viagogo agiere nicht als Verkäufer, sondern betreibe eine Plattform, auf der vermeintli­ch private Verkäufer Tickets weiterverk­aufen können. „Ob und zu welchen Preisen Tickets weiterverk­auft werden dürfen, ist eigentlich nur zwischen dem Veranstalt­er und dem ersten Käufer geregelt“, sagt Halm. Viagogo bewegt sich damit rechtlich in einer Grauzone.

Das Problem ist, dass viele Verbrauche­r den Eindruck haben, dass es sich bei Viagogo um eine offizielle Verkaufsst­elle handelt. Kaum jemand, sagt Halm, gehe daher davon aus, dass die Ticketprei­se nicht den Originalpr­eisen entspreche­n. „Die Verbrauche­r rechnen nicht mit zusätzlich­en Vermittlun­gsgebühren und sie rechnen nicht damit, dass es tatsächlic­h einen anderen Verkäufer gibt.“Das stellt den Kunden vor ein weiteres Dilemma: Sind die Tickets ungültig, ist der Verkäufer der Ansprechpa­rtner – nicht Viagogo. Da es laut Verbrauche­rzentrale Bayern von den Verkäufern aber selten Kontaktdat­en gibt, bleibt der Kunde am Ende hilflos zurück, ohne Tickets und mit einem hohen Geldver- lust. Problemati­sch ist es laut Rechtsanwä­ltin Halm auch, dass durch Viagogo ein Zweitmarkt entsteht, der die Preisstruk­tur erheblich verfälscht. Das heißt, Preisvorga­ben von Künstlern und Veranstalt­ungen werden ignoriert. Und weil Fans keinen anderen Weg sehen, an die Tickets zu kommen, profitiere­n Portale wie Viagogo.

Das ärgert nicht nur die Fans selbst, sondern auch Künstler, Veranstalt­er sowie offizielle Ticketanbi­eter wie Eventim. „Wir würden es sehr begrüßen, wenn der Gesetzgebe­r gegen überzogene Preise auf dem Zweitmarkt vorgeht“, sagt Eventim-sprecher Christian Steinhof. Deutschlan­d solle sich ein Beispiel an Frankreich nehmen. Dort sei der Weiterverk­auf von Tickets weitgehend untersagt, so Steinhof.

Um den Weiterverk­auf auf dem Zweitmarkt einzudämme­n, bietet Eventim die Weiterverk­aufsplattf­orm „Fansale“an. Wer dort seine Tickets wieder verkaufen will, muss sie zum Originalpr­eis des deutschen Ticketanbi­eters anbieten. Außerdem personalis­iert Eventim einige Karten und nutzt spezielle Sicherheit­sprogramme, um automatisc­h generierte Bestellung­en von Robotern zu verhindern. Eventim, sagt Steinhof, arbeite mit dem Bundesverb­and der Veranstalt­ungswirtsc­haft bereits an weiteren Lösungen, um den Weiterverk­auf von Tickets über den Zweitmarkt zu unterbinde­n. Auch der große Konzertver­anstalter „Deag“überlegt sich Strategien, um den Schwarzmar­kt einzudämme­n.

Mitte des Jahres haben die Marktwächt­erexperten der Verbrauche­rzentrale Bayern Klage gegen das Ticketport­al Viagogo erhoben. Grund dafür sei, sagt Halm, dass der Verbrauche­r nicht klar erkennen kann, dass es sich bei Viagogo um eine Ticketbörs­e handelt, nicht um einen Verkäufer. Außerdem gehen sie auch gegen die Viagogo-garantie vor. Das Unternehme­n gibt vor, den Erhalt der Tickets zu sichern, im Kleingedru­ckten schränkt das Unternehme­n die Garantie allerdings wieder ein.

Rechtsexpe­rtin Halm empfiehlt Verbrauche­rn, Tickets nur bei offizielle­n Verkaufsst­ellen zu kaufen. „Es ist natürlich schwierig, die Angebote auf den Börsen nicht zu nutzen, wenn man als Fan eine Leidenscha­ft hat.“Aber weil immer mehr Tickets personalis­iert werden, steige die Gefahr, dass ein Fan viel Geld zahlt, am Ende aber keinen Einlass erhält.

 ?? Foto: Friso Gentsch, dpa ?? Die Ticketbörs­e Viagogo nutzt die Verzweiflu­ng der Fans, um auf ihrer Internetse­ite überteuert­e Eintrittsk­arten für Konzerte oder Fußballspi­ele anzubieten. Bei Viagogo handelt es sich um eine Plattform für den Zweitmarkt – Verbrauche­r können das aber nicht sofort erkennen.
Foto: Friso Gentsch, dpa Die Ticketbörs­e Viagogo nutzt die Verzweiflu­ng der Fans, um auf ihrer Internetse­ite überteuert­e Eintrittsk­arten für Konzerte oder Fußballspi­ele anzubieten. Bei Viagogo handelt es sich um eine Plattform für den Zweitmarkt – Verbrauche­r können das aber nicht sofort erkennen.

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