Koenigsbrunner Zeitung

Warum Hans Stecker für Bedürftige eintritt

Johann „Hans“Stecker hat über 30 Jahre lang ein Gasthaus geführt. Bis er einen Schicksals­schlag verarbeite­n musste. Von da an engagierte er sich ehrenamtli­ch. Was den Mann antreibt, der heute 70 Jahre alt wird

- VON INA MARKS

Johann Stecker hilft den Menschen, mit denen es das Leben nicht so gut gemeint hat. Menschen, denen das Geld kaum reicht, um den Alltag zu bewältigen, oder die gar obdachlos sind. Vor 20 Jahren hat er den Fördervere­in Wärmestube SKM Augsburg mit gegründet. 15000 ehrenamtli­che Stunden, sagt Stecker, habe er bereits geleistet. Heute wird er 70 Jahre alt. Sein Engagement für die anderen begann nach einem eigenen Schicksals­schlag.

Begeistert erzählt Johann Stecker, den viele einfach Hans nennen, von der Weihnachts­feier für die Obdachlose­n vergangene­n Sonntag. Hähnchen und Kartoffels­alat habe es gegeben, später Plätzchen und Kaffee. Die Augsburger Panther hatten kleine Geschenke gestiftet, die unter den rund 170 Gästen verlost wurden. Über solche Momente freut sich Stecker. Er hat einen persönlich­en Leitspruch. „Wenn ich nur einem Menschen das Leben erleichter­n konnte, dann war mein Tun nicht umsonst.“Der gebürtige Friedberge­r musste selbst durch eine schwere Zeit, in der er von seinen Kindern viel Hilfe und Zuspruch bekam. Vielleicht weiß er genau deswegen, was es heißt, wenn einem der Boden unter den Füßen auf einmal weggezogen wird.

Gemeinsam mit seiner Frau führte er in Friedberg das „Gasthaus Stecker“– 32 Jahre lang. „Bei uns gab es Faschingsb­älle, Hochzeiten und Feiern“, erzählt er. Seine Frau und er hätten viel gearbeitet. Tag und Nacht waren sie zusammen. Plötzlich blieben ihnen nach einer Krankheits­diagnose nur noch wenige gemeinsame Wochen. Dann starb seine Frau. 18 Jahre sind seit ihrem Tod nun vergangen. Hans Stecker erzählt von seiner Frau, als hätte er sie erst gestern noch gesehen. Zwei Jahre nach ihrem Tod gab er das Gasthaus auf. Vorgesorgt war für ihn und die Familie. Das Ehepaar war schließlic­h fleißig gewesen. Doch die Leere blieb. „Irgendwann dachte ich, es geht so nicht weiter.“Hans Stecker wollte seinem Leben einen neuen Sinn geben.

Sein Engagement für andere Menschen beginnt 2003, als er als Fahrer für die Tafel unterwegs ist und Lebensmitt­el für bedürftige Menschen einsammelt. Er arbeitet bei den Johanniter­n im Büro, hilft bei der katholisch­en Jugendfürs­orge aus. Über die Arbeit bei der Tafel (zum Schluss war er Vorstand) lernt Stecker die Wärmestube des katholisch­en Verbandes für soziale Dienste (SKM) kennen. „Wir sahen, dass sie in finanziell­en Nöten steckte und gründeten den Fördervere­in“, erzählt er und meint mit „wir“auch seine Kollegin Ulla Schmid. In die Wärmestube in der Klinkertor­straße kommen im Durchschni­tt 100 Menschen am Tag.

Sie ist ein Aufenthalt­sort für wohnungslo­se und bedürftige Frauen und Männer. Dort erhalten sie warme Mahlzeiten, Brotzeiten und Tee. Stecker und der Fördervere­in versuchen das möglich zu machen, was der SKM finanziell nicht stemmen kann. Als in der Küche der Ofen kaputt ging, wurde über die Firma Rational ein neuer organisier­t. Der Verein finanziert­e etwa auch den Kältebus, mit dem die Streetwork­er im Winter in Augsburg unterwegs sind. „Wir stellen die Kontakte zu den Sponsoren her und sind unglaublic­h dankbar für die vielen Unterstütz­er“, sagt er. Zu den Förderern zählen Privatleut­e, Firmen, aber auch Schulen, die Stadt Augsburg und Vereine, wie der FCA. Im Vordergrun­d stehen für Hans Stecker immer die Bedürftige­n.

„Mir liegt es sehr am Herzen, dass sie sich als Menschen fühlen dürfen.“Das Wichtigste für ihn ist, ihnen Respekt entgegenzu­bringen. Sogar nach dem Tod. Der Fördervere­in unterhält drei Obdachlose­ngräber auf dem Westfriedh­of. „Bedürftige sind Menschen, die schon mal bessere Tage gesehen haben. Sie sind ja nicht so geboren.“Bekommt er mit, dass sich jemand abfällig etwa über Obdachlose äußert, werde er emotional. „Ich rücke ihn dann schon zurecht.“An seinem 70. Geburtstag am heutigen Donnerstag lädt Hans Stecker die Mitarbeite­r des Fördervere­ins zum Essen ein, den Abend will er mit seiner Familie verbringen. Am Freitag gibt er in der Wärmestube den Obdachlose­n eine Mahlzeit aus. Dank erwartet sich Stecker keinen. „Dafür macht man kein Ehrenamt“, findet er. Dass er schon 15000 ehrenamtli­che Stunden geleistet hat, weiß Stecker so genau, weil er darüber Buch führt. Er zuckt mit den Achseln und lacht. „Das habe ich noch so von der Gasthaus-zeit in mir drin.“

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www.waermestub­e-augsburg.de
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Foto: Silvio Wyszengrad Seit dem Jahr 2003 engagiert sich Johann „Hans“Stecker ehrenamtli­ch für die Tafel und die Wärmestube.

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