Koenigsbrunner Zeitung

Mann lobt Übernachtu­ng in der Ausnüchter­ungszelle

Bei Google bekommt die Augsburger Polizei gute Noten. Warum sie auch vom Restaurant nebenan profitiert

- VON JÖRG HEINZLE

Die Polizei hat bei den Menschen einen guten Ruf. Das belegen Umfragen immer wieder. Auch im Internet, wo man heutzutage ja alles bewerten kann, schneidet die Polizei ziemlich gut ab. Das Augsburger Polizeiprä­sidium bekommt von Nutzern der Suchmaschi­ne Google immerhin 4,2 von fünf möglichen Sternen. Einer lobt sogar in den höchsten Tönen eine unfreiwill­ige Übernachtu­ng in einer Arrestzell­e. Sein Fazit: „Nettes Personal und gepflegte, gemütliche Stube.“

Der Nutzer bewertet das Gebäude des Polizeiprä­sidiums als „wunderschö­n“und lobt ausdrückli­ch die zwei „netten Herren“, die ihn zu seinem Zimmer begleitet hätten. Er vergibt volle fünf Sterne. Auch mit dem Frühstück war er zufrieden. Obwohl das im Polizeiarr­est eher karg ausfällt – es gibt üblicherwe­ise Marmeladen­brot und Tee. Ob er es wirklich ernst meint? In den Arrestzell­en der Polizei werden Betrunkene zur Ausnüchter­ung untergebra­cht und Straftäter, die gerade erst festgenomm­en worden sind. Allerdings: Allein die Besucher der Polizei sind es nicht, die das Präsidium so positiv bewerten. Die Polizei profitiert offenkundi­g auch von einem direkten Nachbarn. Ein Indiz dafür sind Bewertunge­n, die überhaupt nicht zur Polizei passen. Ein Nutzer schreibt: „Lecker Essen. Allerdings war das Salat-dressing leicht sauer. Sonst alles super.“Ein anderer Kommentar lautet: „Laut Hörensagen eine schnelle Bedienung, nette Leute und leckeres Essen!“. Ein Nutzer lobt das Essen und betont: „Immer wieder gerne.“

Wie kommt das zustande? Es geht bei diesem Lob offenbar nicht um die Qualität der Speisen in der Polizeikan­tine. Die Spur führt in das Restaurant „La Commedia“auf der anderen Straßensei­te. Wer auf seinem Mobiltelef­on die Ortungsfun­ktion entspreche­nd aktiviert hat, der wird regelmäßig von Google aufgeforde­rt, die Orte, die er gerade besucht, zu bewerten. Offensicht­lich ist die Ortung aber nicht in allen Fällen so exakt, dass Google genau feststelle­n kann, ob man gerade bei der Polizei sitzt oder in dem italienisc­hen Restaurant einkehrt. Und so kommt es dann offenbar zu den fremden Federn, mit denen sich die Augsburger Polizei schmücken kann. Dass die Polizei bei Google so gut bewertet wird, wussten die Verantwort­lichen im Präsidium bisher selbst nicht. Sie sind per Zufall darauf gestoßen, weil sie sich auf der Suche nach einem alten Medienberi­cht gegoogelt haben.

Über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter hat sich die Augsburger Polizei jetzt bei dem unbekannte­n Gast der Arrestzell­e für das Lob bedankt. Bezahlen muss er übrigens schon für die Nacht in der Ausnüchter­ungszelle. Die Gebühr liegt bei 60 Euro. Wird die Zelle besonders stark verschmutz­t, dann werden noch einmal 19 Euro draufgesch­lagen.

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Fotos: Bernd Hohlen, Jörg Heinzle So sieht es in einer Arrestzell­e des Augsburger Präsidiums aus (Bild links). Ein Internetnu­tzer hat seinen Aufenthalt nun im Internet „bewertet“. Und er war offenbar recht zufrieden ...
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