Koenigsbrunner Zeitung

Die Natur, die Nacht, die Mysterien

In der Galerie Noah sind Werke von 20 Künstlern zu „Endstation Sehnsucht“versammelt

- VON MANFRED ENGELHARDT

Romantik ist ein weites Feld. Sie darf alles, sie will Räume öffnen, Regeln hinter sich lassen, ist traurig, schwarz, schwärmeri­sch, ja auch – wie man weiß – ironisch. Und so vereinen sich unter dem Titel „Endstation Sehnsucht – Die neue deutsche Romantik“20 Künstlerin­nen und Künstler, die in der Galerie Noah bereits, aktuell oder in früheren Zeiten, ausgestell­t haben oder deren in Kommission genommene Werke auf Liebhaber warten. Mit Malerei, Zeichnung und Skulptur nehmen es fast alle indes mit der thematisch­en Einengung nicht so wörtlich. Man kann schwärmen, staunen, schmunzeln oder sich kreativ irritieren lassen.

Sehnsucht: Da gibt es gleich zu Beginn des Rundgangs ein Bild, das passt. Tilo Baumgärtel­s großformat­ige Zeichnung „Über dem Moment“zeigt in einem perspektiv­isch wunderbar rhythmisie­rten Raum voller Bücher und kuriosem Mobiliar einen jungen Menschen mit romantisch-biedermeie­rlicher Anmutung, der über einem leeren Papier brütet. Dichtet er oder, jetzt aktuell reichlich profan gedacht, schreibt er einen Wunschzett­el?

Das nächste Bild marschiert in der „Romantik“-Ausstellun­g dann gleich in die Natur. Ilana Lewitans ebenso stattliche­s Ölbild „www.waldpoesie.il“inszeniert den Lichteinfa­ll in einem Ensemble kahler Stämme stimmungsv­oll, bricht aber natürlich die Romantik im unteren Bildrand durch bizarre Spiegelung­en. Das Bild darf stellvertr­etend stehen für die anderen Exponate, die in die Natur gehen: ironisch (Bernhard Heisigs „Mädchen im Wald“), expressiv gesteigert (Felix Rehfelds „Seebensee“), technisch sarkastisc­h cool (Harald Gnades „Copynature“, in dem im auseinande­rstiebende­n Wald ein Sturzbach überzogen ist mit massenhaft silbernen Zahlen und Buchstaben; Einsteins Relativitä­tstheorie scheint Amok zu laufen), still dämmernd (Felix Weinolds geheimnisv­olle „Nacht“-Bilder), durchaus mit realistisc­hem Zauber (Gudrun Brünes „Überschwem­mung“als Farbereign­is) oder mit zitierter Caspar-David-Friedrich-Choreograf­ie (Verena Landaus „Petrolio“oder Uta Reinhardts „Vorstadt“und ihre Beobachter im Vordergrun­d).

Doch das Romantik-Thema springt nicht so ins Auge bei den meisten anderen Kunstwerke­n, können aber dafür durch ihre abgefeimt virtuose Poesie („Weiße Fahne“von Katrin Heichel, Cornelia Schleimes Porträt „Die Zofe“) begeistern. Mit von der Partie sind etwa auch die mysteriös schwebende­n Enkaustik-Szenen von Günther Baumann oder die luziden antiken griechisch­en Götter-Zitate von Monika Schultes im Studio.

Dort hängen auch die duftigen und witzigen Aquarelle von Rosa Loys Personal. Ein Clou: Raimund Göbners wunderbar ironische bemalte Holzskulpt­uren, wo zumeist sportlich bewegungsf­reudige Zeitgenoss­en allerliebs­t auf den Arm genommen werden, aber ohne groteske Verzerrung­en. Das Fazit sei Goethes Faust überlassen: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“.

 ?? Foto: Galerie Noah ?? Natursehns­ucht und Internet, wie passt das zusammen? Ilana Lewitan hat diesem Ölgemälde den Titel „www.waldpoesie.il“gegeben.
Foto: Galerie Noah Natursehns­ucht und Internet, wie passt das zusammen? Ilana Lewitan hat diesem Ölgemälde den Titel „www.waldpoesie.il“gegeben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany