Die Natur, die Nacht, die Mysterien
In der Galerie Noah sind Werke von 20 Künstlern zu „Endstation Sehnsucht“versammelt
Romantik ist ein weites Feld. Sie darf alles, sie will Räume öffnen, Regeln hinter sich lassen, ist traurig, schwarz, schwärmerisch, ja auch – wie man weiß – ironisch. Und so vereinen sich unter dem Titel „Endstation Sehnsucht – Die neue deutsche Romantik“20 Künstlerinnen und Künstler, die in der Galerie Noah bereits, aktuell oder in früheren Zeiten, ausgestellt haben oder deren in Kommission genommene Werke auf Liebhaber warten. Mit Malerei, Zeichnung und Skulptur nehmen es fast alle indes mit der thematischen Einengung nicht so wörtlich. Man kann schwärmen, staunen, schmunzeln oder sich kreativ irritieren lassen.
Sehnsucht: Da gibt es gleich zu Beginn des Rundgangs ein Bild, das passt. Tilo Baumgärtels großformatige Zeichnung „Über dem Moment“zeigt in einem perspektivisch wunderbar rhythmisierten Raum voller Bücher und kuriosem Mobiliar einen jungen Menschen mit romantisch-biedermeierlicher Anmutung, der über einem leeren Papier brütet. Dichtet er oder, jetzt aktuell reichlich profan gedacht, schreibt er einen Wunschzettel?
Das nächste Bild marschiert in der „Romantik“-Ausstellung dann gleich in die Natur. Ilana Lewitans ebenso stattliches Ölbild „www.waldpoesie.il“inszeniert den Lichteinfall in einem Ensemble kahler Stämme stimmungsvoll, bricht aber natürlich die Romantik im unteren Bildrand durch bizarre Spiegelungen. Das Bild darf stellvertretend stehen für die anderen Exponate, die in die Natur gehen: ironisch (Bernhard Heisigs „Mädchen im Wald“), expressiv gesteigert (Felix Rehfelds „Seebensee“), technisch sarkastisch cool (Harald Gnades „Copynature“, in dem im auseinanderstiebenden Wald ein Sturzbach überzogen ist mit massenhaft silbernen Zahlen und Buchstaben; Einsteins Relativitätstheorie scheint Amok zu laufen), still dämmernd (Felix Weinolds geheimnisvolle „Nacht“-Bilder), durchaus mit realistischem Zauber (Gudrun Brünes „Überschwemmung“als Farbereignis) oder mit zitierter Caspar-David-Friedrich-Choreografie (Verena Landaus „Petrolio“oder Uta Reinhardts „Vorstadt“und ihre Beobachter im Vordergrund).
Doch das Romantik-Thema springt nicht so ins Auge bei den meisten anderen Kunstwerken, können aber dafür durch ihre abgefeimt virtuose Poesie („Weiße Fahne“von Katrin Heichel, Cornelia Schleimes Porträt „Die Zofe“) begeistern. Mit von der Partie sind etwa auch die mysteriös schwebenden Enkaustik-Szenen von Günther Baumann oder die luziden antiken griechischen Götter-Zitate von Monika Schultes im Studio.
Dort hängen auch die duftigen und witzigen Aquarelle von Rosa Loys Personal. Ein Clou: Raimund Göbners wunderbar ironische bemalte Holzskulpturen, wo zumeist sportlich bewegungsfreudige Zeitgenossen allerliebst auf den Arm genommen werden, aber ohne groteske Verzerrungen. Das Fazit sei Goethes Faust überlassen: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“.