So überwacht die Polizei den Königsplatz
Mit 15 Kameras können die Beamten sich jetzt fast jeden Winkel des großen Platzes anschauen. Das Ziel: Mehr Straftaten aufklären und das Sicherheitsgefühl verbessern. Doch es gibt auch kritische Stimmen
Seit Donnerstag überwacht die Polizei den Königsplatz mit Kameras. Wie funktioniert das genau?
Die Kameras der Polizei fallen auf den ersten Blick nicht auf. Es wurden keine neuen Masten aufgestellt. Alle Kameras hängen an bestehenden Masten für die Beleuchtung und die Oberleitung der Straßenbahn. Eine Spezialfirma hat für die Polizei insgesamt 15 Kameras installiert, elf Geräte sind wahre Adleraugen. Es handelt sich um sogenannten Multifokal-Kameras. Sie können auch aus weiter Entfernung noch Gesichter und Details so genau erfassen, dass man die Aufnahmen gut als Fahndungsbilder nutzen kann. Eine weitere Kamera ist so konstruiert, dass sie sich schwenken lässt.
Wer kann die Kamerabilder vom Kö anschauen?
Die Bilder werden live zur Einsatzzentrale der nordschwäbischen Polizei übertragen, die sich im Polizeipräsidium an der Gögginger Straße befindet. Ebenfalls Zugriff auf die Bilder haben die Polizisten der Innenstadt-Inspektion in der Frölichstraße. Die meisten Beamten dürfen aber nur die Aufnahmen anschauen. Sollen Daten für längere Zeit gespeichert werden, weil sie als Beweis für eine Straftat dienen, dann darf das nur der jeweilige Beamte, der in dem Fall die Ermittlungen führt. Und er muss es vorab beantragen.
Filmt die Polizei wirklich den gesamten Platz?
Nahezu. Nicht von den Kameras erfasst werden die Straßen an der Südund Westseite des Platzes. Das System ist zudem so eingestellt, dass die Eingänge von Geschäften und Gebäuden geschwärzt werden. Das gilt auch für Fenster. Die Polizisten können die schwarzen Stellen auch nicht entfernen. Schützen will die Polizei zudem die Privatsphäre der Menschen, die vor einem der Lokale sitzen. Die Flächen für die Außengastronomie erscheinen auf den Bildern als grobkörnig gepixelter Bereich. Hier ist er aber möglich, die Flächen nachträglich sichtbar zu machen – wenn wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird.
Wie lange speichert die Polizei die Aufnahmen vom Königsplatz? Generell sollen alle Aufnahmen 14 Tage lang gespeichert werden. Das ist deutlich kürzer als die zwei Monate, die das Gesetz erlauben würde. Länger aufbewahren will die Polizei nur Bilder, die Straftaten oder gravierende Ordnungswidrigkeiten zeigen. Die Aufnahmen können zum Beispiel bei der Suche nach einem Verdächtigen oder bei einem Strafprozess von Bedeutung sein.
Ist es auf dem Königsplatz wirklich so gefährlich, dass die Polizei Kameras benötigt? Darüber kann man sicher streiten. Das Gesetz schreibt für eine Videoüberwachung vor, es müsse „tatsächliche Anhaltspunkte“geben, dass an einem Ort „Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden“. Orte, die man meiden sollte, gibt es nach Einschätzung von Polizeipräsident Michael Schwald keine im Stadtgebiet. Allerdings sei der Königsplatz der am stärksten mit Kriminalität belastete Platz in Augsburg. Bis 2017 stieg die Zahl der Straftaten jahrelang an. Zuletzt ging sie wieder etwas zurück. Von Januar bis Ende September dieses Jahres zählte die Polizei 212 Straftaten am Königsplatz, darunter 82 sogenannte Rohheitsdelikte. Darunter versteht die Polizei Straftaten wie Körperverletzung, Raub, Nötigung und Bedrohung. Die Polizei setzt darauf, dass die Kameras auch die „gefühlte Sicherheit“für die Passanten auf dem Platz verbessern.
Was kostet die Videoüberwachung? Der Aufbau der Videokameras und die Einrichtung der Technik haben rund 320 000 Euro gekostet. Für den Betrieb rechnet die Polizei mit Kosten von an die 16 000 Euro im Jahr – und anderem für Strom und die Miete von Datenleitungen.
Wie kommt die Videoüberwachung bei den Augsburgern an?
Viel Gegenwind gab es nicht. Christian Mergel, der Projektleiter für die Videoüberwachung bei der Polizei, sagt, es habe sich bislang niemand mit Kritik bei der Polizei gemeldet. Im Gegenteil: Es gab Stimmen, die sich noch weitere Kameras gewünscht hätten. Eine ähnliche Erfahrung machen auch die beiden Polizisten, die am Donnerstag mit einer mobilen Polizeiwache auf dem Kö stehen und die Menschen informieren. Gerade Frauen zeigten sich erfreut darüber, dass die Polizei den Platz filmt, sagt einer der Beamten. Einige kritische Stimmen gibt es aber in der Politik. Am Donnerstag stellt sich der Polizeipräsident auch den Fragen der Stadträte. Pia Haertinger von den Grünen befürchtet, dass sich die Straftaten nur an andere Plätze verlagern. Und sie sagt: „Jede Kamera mehr ist ein Eingriff in unsere Privatsphäre.“Der parteilose Stadtrat Alexander Süßmair merkt an, er sei kein Freund der Video-Überwachung, ihm seien mehr Polizeibeamte lieber.
Muss die Polizei die Passanten auf die Kameras hinweisen?
Ja. Anfang der Woche wurden deshalb zehn Hinweisschilder am Königsplatz aufgehängt. Die Schilder hängen allerdings relativ weit oben. Das kritisiert auch Oliver Nowak, der Stadtrat der Wählergruppe Polit-WG. Er habe die Hinweise bis jetzt nicht bemerkt. Polizeipräsident Michael Schwald vertritt allerdings die Ansicht, die Schilder seien groß genug, um von den Fußgängern und Radfahrern wahrgenommen zu werden.
Wie lange soll die Videoüberwachung am Kö bleiben?
Das Projekt läuft mit offenem Ende. Sollten die Straftaten dauerhaft und spürbar zurückgehen, müsste die Polizei die Überwachung wieder beenden. Der Polizeipräsident betont, das Projekt sei langfristig angelegt. Das heißt: Von Schwankungen der Zahlen innerhalb weniger Jahre wird es nicht abhängig gemacht.