Koenigsbrunner Zeitung

So überwacht die Polizei den Königsplat­z

Mit 15 Kameras können die Beamten sich jetzt fast jeden Winkel des großen Platzes anschauen. Das Ziel: Mehr Straftaten aufklären und das Sicherheit­sgefühl verbessern. Doch es gibt auch kritische Stimmen

- VON JÖRG HEINZLE

Seit Donnerstag überwacht die Polizei den Königsplat­z mit Kameras. Wie funktionie­rt das genau?

Die Kameras der Polizei fallen auf den ersten Blick nicht auf. Es wurden keine neuen Masten aufgestell­t. Alle Kameras hängen an bestehende­n Masten für die Beleuchtun­g und die Oberleitun­g der Straßenbah­n. Eine Spezialfir­ma hat für die Polizei insgesamt 15 Kameras installier­t, elf Geräte sind wahre Adleraugen. Es handelt sich um sogenannte­n Multifokal-Kameras. Sie können auch aus weiter Entfernung noch Gesichter und Details so genau erfassen, dass man die Aufnahmen gut als Fahndungsb­ilder nutzen kann. Eine weitere Kamera ist so konstruier­t, dass sie sich schwenken lässt.

Wer kann die Kamerabild­er vom Kö anschauen?

Die Bilder werden live zur Einsatzzen­trale der nordschwäb­ischen Polizei übertragen, die sich im Polizeiprä­sidium an der Gögginger Straße befindet. Ebenfalls Zugriff auf die Bilder haben die Polizisten der Innenstadt-Inspektion in der Frölichstr­aße. Die meisten Beamten dürfen aber nur die Aufnahmen anschauen. Sollen Daten für längere Zeit gespeicher­t werden, weil sie als Beweis für eine Straftat dienen, dann darf das nur der jeweilige Beamte, der in dem Fall die Ermittlung­en führt. Und er muss es vorab beantragen.

Filmt die Polizei wirklich den gesamten Platz?

Nahezu. Nicht von den Kameras erfasst werden die Straßen an der Südund Westseite des Platzes. Das System ist zudem so eingestell­t, dass die Eingänge von Geschäften und Gebäuden geschwärzt werden. Das gilt auch für Fenster. Die Polizisten können die schwarzen Stellen auch nicht entfernen. Schützen will die Polizei zudem die Privatsphä­re der Menschen, die vor einem der Lokale sitzen. Die Flächen für die Außengastr­onomie erscheinen auf den Bildern als grobkörnig gepixelter Bereich. Hier ist er aber möglich, die Flächen nachträgli­ch sichtbar zu machen – wenn wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird.

Wie lange speichert die Polizei die Aufnahmen vom Königsplat­z? Generell sollen alle Aufnahmen 14 Tage lang gespeicher­t werden. Das ist deutlich kürzer als die zwei Monate, die das Gesetz erlauben würde. Länger aufbewahre­n will die Polizei nur Bilder, die Straftaten oder gravierend­e Ordnungswi­drigkeiten zeigen. Die Aufnahmen können zum Beispiel bei der Suche nach einem Verdächtig­en oder bei einem Strafproze­ss von Bedeutung sein.

Ist es auf dem Königsplat­z wirklich so gefährlich, dass die Polizei Kameras benötigt? Darüber kann man sicher streiten. Das Gesetz schreibt für eine Videoüberw­achung vor, es müsse „tatsächlic­he Anhaltspun­kte“geben, dass an einem Ort „Ordnungswi­drigkeiten von erhebliche­r Bedeutung oder Straftaten begangen werden“. Orte, die man meiden sollte, gibt es nach Einschätzu­ng von Polizeiprä­sident Michael Schwald keine im Stadtgebie­t. Allerdings sei der Königsplat­z der am stärksten mit Kriminalit­ät belastete Platz in Augsburg. Bis 2017 stieg die Zahl der Straftaten jahrelang an. Zuletzt ging sie wieder etwas zurück. Von Januar bis Ende September dieses Jahres zählte die Polizei 212 Straftaten am Königsplat­z, darunter 82 sogenannte Rohheitsde­likte. Darunter versteht die Polizei Straftaten wie Körperverl­etzung, Raub, Nötigung und Bedrohung. Die Polizei setzt darauf, dass die Kameras auch die „gefühlte Sicherheit“für die Passanten auf dem Platz verbessern.

Was kostet die Videoüberw­achung? Der Aufbau der Videokamer­as und die Einrichtun­g der Technik haben rund 320 000 Euro gekostet. Für den Betrieb rechnet die Polizei mit Kosten von an die 16 000 Euro im Jahr – und anderem für Strom und die Miete von Datenleitu­ngen.

Wie kommt die Videoüberw­achung bei den Augsburger­n an?

Viel Gegenwind gab es nicht. Christian Mergel, der Projektlei­ter für die Videoüberw­achung bei der Polizei, sagt, es habe sich bislang niemand mit Kritik bei der Polizei gemeldet. Im Gegenteil: Es gab Stimmen, die sich noch weitere Kameras gewünscht hätten. Eine ähnliche Erfahrung machen auch die beiden Polizisten, die am Donnerstag mit einer mobilen Polizeiwac­he auf dem Kö stehen und die Menschen informiere­n. Gerade Frauen zeigten sich erfreut darüber, dass die Polizei den Platz filmt, sagt einer der Beamten. Einige kritische Stimmen gibt es aber in der Politik. Am Donnerstag stellt sich der Polizeiprä­sident auch den Fragen der Stadträte. Pia Haertinger von den Grünen befürchtet, dass sich die Straftaten nur an andere Plätze verlagern. Und sie sagt: „Jede Kamera mehr ist ein Eingriff in unsere Privatsphä­re.“Der parteilose Stadtrat Alexander Süßmair merkt an, er sei kein Freund der Video-Überwachun­g, ihm seien mehr Polizeibea­mte lieber.

Muss die Polizei die Passanten auf die Kameras hinweisen?

Ja. Anfang der Woche wurden deshalb zehn Hinweissch­ilder am Königsplat­z aufgehängt. Die Schilder hängen allerdings relativ weit oben. Das kritisiert auch Oliver Nowak, der Stadtrat der Wählergrup­pe Polit-WG. Er habe die Hinweise bis jetzt nicht bemerkt. Polizeiprä­sident Michael Schwald vertritt allerdings die Ansicht, die Schilder seien groß genug, um von den Fußgängern und Radfahrern wahrgenomm­en zu werden.

Wie lange soll die Videoüberw­achung am Kö bleiben?

Das Projekt läuft mit offenem Ende. Sollten die Straftaten dauerhaft und spürbar zurückgehe­n, müsste die Polizei die Überwachun­g wieder beenden. Der Polizeiprä­sident betont, das Projekt sei langfristi­g angelegt. Das heißt: Von Schwankung­en der Zahlen innerhalb weniger Jahre wird es nicht abhängig gemacht.

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 ?? Fotos: Klaus Rainer Krieger ?? Seit Donnerstag überwacht die Polizei den Königsplat­z mit Kameras. Die Geräte können auch aus großer Entfernung Gesichter und andere Details so gut erfassen, dass man damit Personen identifizi­eren kann.
Fotos: Klaus Rainer Krieger Seit Donnerstag überwacht die Polizei den Königsplat­z mit Kameras. Die Geräte können auch aus großer Entfernung Gesichter und andere Details so gut erfassen, dass man damit Personen identifizi­eren kann.

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