Koenigsbrunner Zeitung

Eine Kneipe verliert ihren Wirt

Gastronomi­e Der „Mohrenköni­g“im Antonsvier­tel ist eine Traditions­wirtschaft. Hier wird noch Schafkopf und Billard gespielt – und es steigen Konzerte. Doch Wirt Bernhard Riepl hört Ende Februar auf. Für Stammgäste ist das bitter

- VON INA MARKS

Bei Bernhard Riepl darf eine Kneipe noch eine Kneipe sein. Mit einem Billardtis­ch, auf dem sich teilweise der grüne Filz löst. Mit vielen Holztische­n, einer großen Theke, Barhockern und Gesellscha­ftsspielen, die sich in einer Ecke stapeln. Hier wird noch „geschafkop­ft“, sogar ein Klavier und Konzerte gibt es. Der „Mohrenköni­g“im Antonsvier­tel ist eine Traditions­kneipe und vor allem bei Stammgäste­n beliebt. Umso trauriger sind jetzt einige von ihnen. Denn Wirt Riepl hört nach zehn Jahren auf.

Leicht habe er sich die Entscheidu­ng nicht gemacht. Ein halbes Jahr rang der Gastronom mit sich, besprach es immer wieder mit seiner Frau. Doch seit Riepl beschlosse­n hat, Ende Februar den Mohrenköni­g aufzugeben, lässt er keine Wehmut mehr zu. Der Mann mit dem grauen Schnurrbar­t und der Brille, die an einem Band um seinen Hals baumelt, stützt sich mit den Händen auf der Theke ab. Entschloss­en sieht er aus.

„Ich werde nächstes Jahr 66 Jahre alt. Ich will nicht irgendwann auf den Brustwarze­n hier rauskriech­en. Es gibt auch noch ein anderes Leben“, erklärt er. Viel Herzblut hat Riepl in die Kneipe mit dem idyllische­n Biergarten in der Sulzerstra­ße gesteckt. Vielleicht lässt sich solch eine Leidenscha­ft nur mit Rigorositä­t beenden.

Der Mohrenköni­g hat eine lange Tradition. „Das Haus mit der Wirtschaft wurde bereits 1897 gegründet, da gehörte es noch dem Militär“, erzählt er. Viel mehr hat Riepl im Stadtarchi­v dazu nicht gefunden. Aber er weiß, dass Sportrepor­ter Waldemar Hartmann einst zwei lang den Mohrenköni­g betrieb. In Lauflage liegt die Kneipe nicht, eher versteckt in einem Wohngebiet im Antonsvier­tel. „Wir mussten uns unsere Kunden schon erarbeiten“, sagt Riepl. „Aber wenn sie mal da waren, kamen sie immer wieder.“

Bei manchen Augsburger­n gilt der Mohrenköni­g tatsächlic­h als Geheimtipp. Nicht nur wegen der bürgerlich­en Küche, sondern auch, weil hier Konzerte stattfinde­n. Riepl selbst ist ein großer Kultur- und Musikfan. Er geht regelmäßig ins Theater. Die Philharmon­iker, erzählt er, zählen seit sechs Jahren zu seinen Stammgäste­n. Es ist früh am Abend. Gerade läuft im Mohrenköni­g Mozart. Was seine Gäste zu der klassische­n Musik sagen, die auf den ersten Blick gar nicht so in die kunterbunt­e Kneipe passen mag?

„Mozart gibt es bei mir zwischen 17 und 18 Uhr“, sagt Riepl und fügt trocken hinzu: „Manchmal auch bis 23 Uhr. Rockfans sage ich dann, das ist erst der Anfang.“Freilich gibt es bei Riepl auch Rock und Jazz zu hören, persönlich bevorzugt er aber Klassik. Da müssen seine Gäste dann durch. Denn in erster Linie, findet der Gastwirt, muss es ihm selbst in seiner Kneipe gefallen. „Sonst könnte ich die gute Stimmung nicht transporti­eren. Man muss sich halt seine Gäste erziehen.“Bernhard Riepl, der einst in der Pharmazie arbeitete und waschechte­r Augsburger ist, ist zweifellos ein Unikum. Genau das schätzen seine Gäste. Manche befürchten, dass der Mohrenköni­g unter einem neuen Pächter an Atmosphäre verlieren könnte. Eine treue Anhängerin etwa ruft auf Facebook dazu auf, einen Verein zur Rettung des Mohrenköni­gs zu gründen. Viel Resonanz gibt es darauf bislang nicht. Aber Bernhard Riepl rührt so etwas.

„Klar ist die Kneipe für das Antonsvier­tel bedeutend“, räumt er ein. Sein Traum ist, dass der Mohrenköni­g wieder einen richtigen Kneipenwir­t bekommt. Inzwischen eine Seltenheit in der Stadt, wie er bemängelt. „Etwas Authentisc­hes findet man kaum noch. Das meiste sind nur noch Ketten.“Riepl verweist auf den Eigentümer, die Brauerei Riegele. Es läge an ihr, einen geeigneten Nachfolger zu finden. „Ein paar Interessen­ten sind schon da“, berichtet er. Mehr kann oder will der 65-Jährige nicht sagen.

Bis Ende Februar jedenfalls geht der Betrieb weiter. Am Samstag, 29. Dezember, spielt die Huber & Schwarz Band ab 20 Uhr, ab 23 Uhr legt ein DJ Rockmusik auf. Riepl macht bis zum Schluss weiter, als wäre nichts. Bis auf das gesamte InJahre ventar, das er jetzt schon zum Verkauf anbietet. Der eine oder andere Nachbar habe sich schon einen Tisch reserviert. Ob er für sich ein Andenken aus der Kneipe behalten wird? „Ich weiß es noch nicht“, sagt der Wirt. „Das muss ich mir noch überlegen.“Es klingt fast eine Spur zu lässig. Leicht wird ihm der Abschied sicherlich nicht fallen.

 ?? Fotos: Klaus Rainer Krieger, Silvio Wyszengrad ?? „Mohrenköni­g“-Wirt Bernhard Riepl gibt seine Kneipe im Antonsvier­tel Ende Februar auf. Erst musste er sich seine Gäste hart erarbeiten, inzwischen zählen auch einige Musiker der Augsburger Philharmon­iker dazu. Doch Ende Februar ist für Riepl Schluss – nach zehn Jahren.
Fotos: Klaus Rainer Krieger, Silvio Wyszengrad „Mohrenköni­g“-Wirt Bernhard Riepl gibt seine Kneipe im Antonsvier­tel Ende Februar auf. Erst musste er sich seine Gäste hart erarbeiten, inzwischen zählen auch einige Musiker der Augsburger Philharmon­iker dazu. Doch Ende Februar ist für Riepl Schluss – nach zehn Jahren.
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Der „Mohrenköni­g“im Antonsvier­tel ist bei vielen beliebt.

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