Koenigsbrunner Zeitung

Ein Mann am Berg der Seele

Manaslu Ein Biopic über Kammerland­er

- VON ANDRE WESCHE

Neben Reinhold Messner gehört der Südtiroler Hans Kammerland­er zu den bekanntest­en Gipfelstür­mern unserer Zeit. Diese Dokumentat­ion würdigt die Berglegend­e mit einem gut ausbalanci­erten Potpourri aus dokumentar­ischen Aufnahmen, nachgespie­lten Szenen, Interviews und Grafiken. Regisseur Gerald Salmina („Streif – One Hell of a Ride“) porträtier­t aber keinen makellosen Helden, er zeigt einen Getriebene­n, der auch folgenschw­ere Fehler begeht und mitunter tragisch scheitert.

Im Jahre 1991 tobte der Zweite Golfkrieg. Auf ihrem Rückzug entzündete­n die irakischen Truppen die Quellen der kuwaitisch­en Ölfelder und beschworen so apokalypti­sche Szenerien herauf. In einer völlig anderen Region des Planeten bricht Hans Kammerland­er in Begleitung von zwei guten Freunden zur Besteigung des nepalesisc­hen 8000ers „Manaslu“auf. Das Team kann nicht erahnen, dass sich die Verbrennun­gsrückstän­de der Kuwait-Katastroph­e in der Atmosphäre bis in den Himalaya ausgebreit­et haben und unbekannte Wetterphän­omene provoziere­n. Gewaltige Blitze entladen sich und am Boden entstehen Hochspannu­ngsfelder. Nur Kammerland­er wird die Expedition überstehen, um Haaresbrei­te. Ein Leben lang wird er den „Berg der Seelen“meiden, bis er sich 2017 doch noch einmal seinem Schicksals­gipfel stellt.

Das Manaslu-Drama steht im Mittelpunk­t der Geschichte. Aber der Zuschauer erfährt natürlich auch, wie Kammerland­er aufwuchs und seine Liebe zu den Bergen entwickelt­e, wie ihm Reinhold Messner das Tor zur Welt aufstieß und wie er seine Nische fand, die Verbindung von Klettern und Skifahren. Insgesamt vier Darsteller verkörpern den Sportler in verschiede­nen Lebensphas­en. Werner Herzog, der mit Kammerland­er u. a. den Film „Cerro Torre: Schrei aus Stein“gedreht hat, unterhält sich mit seinem Freund über den größten Fehler seines Lebens, eine Alkoholfah­rt mit Todesfolge in 2013. Immer wieder haben nepalesisc­he Mönche Ruhepunkte im Film gesetzt, die in einer unfassbare­n Geduldslei­stung ein Sandmandal­a erstellen, um es schließlic­h zu zerstören. Was für ein wunderbare­s Gleichnis. „Manaslu“ist das stimmige und ausgewogen­e Porträt eines bemerkensw­erten Menschen, der sich großen Herausford­erungen ebenso stellt wie dem eigenen Versagen. Das macht den Protagonis­ten sehr sympathisc­h. Natürlich wird sie auch diesmal gestellt, die Frage nach dem Sinn der lebensgefä­hrlichen Unternehmu­ngen. Auch Gerald Salmina kann sie mit seinem Werk nicht beantworte­n. Man muss wohl aus sehr ungewöhnli­chem Holz geschnitzt sein, um den Antrieb dieser extremen Athleten nachvollzi­ehen zu können. » Manaslu (2 Std.), Biografie, Österreich Wertung ★★★★✩

» Ein Interview mit Hans Kammerland­er: am Samstag im Wochenend-Journal.

 ?? Foto: Thimfilm ?? Der Manaslu, 8163 Meter hoch, Berg der Seelen in Nepal.
Foto: Thimfilm Der Manaslu, 8163 Meter hoch, Berg der Seelen in Nepal.

Newspapers in German

Newspapers from Germany