Koenigsbrunner Zeitung

Danebengez­ielt

Diese Neuverfilm­ung kommt zwar cool daher. Aber hinter dem Street-Fashion-Look steckt nur eines: Konzeptlos­igkeit

- VON FRED DURAN

„Vergesst die Geschichte. Vergesst, was ihr zu wissen glaubt“, heißt es am Anfang von Otto Bathursts „Robin Hood“. Keine einfache Aufgabe. Schließlic­h strahlt die Sagengesta­lt des Diebes, der die Reichen bestiehlt, um die Beute an die Armen zu verteilen, seit Jahrhunder­ten weit über den Sherwood Forest hinaus in die europäisch­e Kultur- und Filmgeschi­chte. Vom Klassiker mit Errol Flynn (1938) über den Disney-Zeichentri­ckfilm (1973) und die MelBrooks-Persiflage (1993) bis hin zur letzten Kinoverfil­mungen mit Russell Crowe (2010) spannt sich der Bogen der illustren Adaptionen. Wer den Stoff abermals aus der Klamottenk­iste herausholt, sollte sich also etwas wirklich Neues einfallen lassen.

Genau dies versucht Bathurst mit sichtbarer Anstrengun­g und scheitert dabei auf ganzer Linie. Ähnlich wie Guy Ritchies „King Arthur“hat auch Bathurst ein cooles MythenUpda­te im Sinn. Dabei lässt er keine Gelegenhei­t aus, um sein Werk mit Gegenwarts­verweisen, modischer Garderobe, digital unterfütte­rter Kampfkunst und hektischen Schnittgew­ittern im 21. Jahrhunder­t zu verorten. Sein Robin Hood (Taron Egerton) ist ein junger knackiger Adelsmann, der für die Kreuzzüge zwangsverp­flichtet wird. Und schon befindet sich der Film im ersten Schlachtge­metzel, das in moderner Kriegsfilm­manier à la „American Sniper“in Szene gesetzt wird, nur dass hier statt automatisc­hen Gewehren Pfeil und Bogen zum Einsatz kommen.

Zurück in England muss Robin feststelle­n, dass sein gesamter Besitz seitens des Sheriffs von Nottingham (Ben Mendelsohn) gepfändet wurde und auch die geliebte Marian (Eve Hewson) inzwischen anderweiti­g liiert ist. Im Verein mit dem befreiten Gefangenen John (Jamie Foxx) macht er sich daran, durch gezielte Diebstähle die Steuerkass­e des Tyrannen zu leeren, womit auch der Geldstrom für die Kreuzzüge unterbroch­en werden soll. Damit nicht genug, zettelt der Kapuzenman­n in der Minenstadt eine proletaris­che Revolte an, und bald fliegen nicht nur Pfeile, sondern auch MolotowCoc­ktails, unterlegt von Heavy-Metal-Klängen, durch die Luft.

Ohne Sinn und Verstand biedert sich dieser „Robin Hood“beim Publikum an. Die Kreuzzüge werden zum Synonym für den Irakkrieg. Der Sheriff im schwarzen Ledermante­l spiegelt wahlweise Adolf Hitler oder Donald Trump. Und der Aufstand der Kapuzenrev­olutionäre wirkt wie eine militante Antifa-Demo. Aber all die aktuellen Verweise führen nirgendwoh­in und erst recht nicht in eine sinnvolle Handlung. Bathurst übt sich mit seinen in Street-Fashion gekleidete­n Helden nur in Revoluzzer-Posen, um die eigene Konzeptlos­igkeit zu vertuschen: krude Story, blecherne Dialoge, heillos zerschnitt­ene ActionSequ­enzen und ein Set-Design, das mittelalte­rliche und frühindust­rielle Elemente zu einem inkohärent­en Fantasy-Brei mischt – nicht einmal die Pfeile, die in Maschineng­ewehrschne­lligkeit verschosse­n werden, ergeben einen Sinn. Wenn dann nach dem Abspann in Marvel-Manier noch ein Cliffhange­r hinterherg­eschoben wird, möchte man auf die Knie fallen und um Gnade flehen: Bitte nicht noch ein Sequel, das Original ist Strafe genug.

» Titel (1 Std. 56 Min.), Actionaben­teuer, USA 2018

Wertung ★✩✩✩✩

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Foto: Studiocana­l Schießwüti­g: Robin Hood (Taron Egerton).

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