Koenigsbrunner Zeitung

Fernsehsch­auspieler, bitte nicht nuscheln!

- VON SILVANO TUIACH silvano.tuiach@augsburger-allgemeine.de

Irgendwann kommt das Alter, in dem man an den Abenden nicht mehr auf eine Party – oder „Feschtle“, wie wir früher sagten – geht, sondern seinen Tag vor der Glotze beschließt. Nach der „Tagesschau“(Seit wie vielen Jahren ist Susanne Daubner da eigentlich schon präsent? Seit zwanzig, seit dreißig Jahren?) kommen die Krimis. Und wenn man – wie ich – Dauerglotz­er ist, dann fällt auf, wie zahlenmäßi­g gering die Anzahl der Fernsehsch­auspieler ist, die wir wöchentlic­h sehen. Simon Schwarz und Alexander Held zum Beispiel sind Dauergäste auf der Mattscheib­e. Auch Peter Kurth ist derzeit permanent zu sehen. Am peinlichst­en war seine Fernsehprä­senz als er in „Babylon Berlin“den Kommissar gab und in der gleichzeit­ig laufenden Serie „Die Protokolla­ntin“was? – ja, auch den Kommissar mimte!

Das Allerschli­mmste – das seltsamerw­eise viel zu selten thematisie­rt wird – ist das Nuscheln der Fernsehakt­eure. In jedem zweiten „Tatort“versteht man kaum ein Wort. Am Anfang dachte ich, na ja, vielleicht bin ich schwerhöri­g geworden. Aber als immer mehr Bekannte mich auf dieses Phänomen ansprachen, wusste ich, es liegt nicht an meinen Ohren. Wenn es Ihnen auch so geht, kann ich Ihnen sagen, woher die Nuschelei rührt. Die Regisseure werden immer jünger und halten die Schauspiel­er an, „authentisc­h“zu sprechen, und fordern sie auf, ihre Sprechausb­ildung an den jeweiligen Schauspiel­schulen zu vergessen. Aber wenn man darob die Handlung des Films nicht mehr versteht, dann hört der Spaß auf.

In diesem Zusammenha­ng fällt mir die Krimiserie „Siska“ein, die vor mehr als zehn Jahren im Fernsehen lief. Dieser „Siska“(gespielt von dem Schauspiel­er Peter Kremer), so um die vierzig, groß gewachsen, gut aussehend, war das glatte Gegenteil der heutigen Nuschler. Wenn Kommissar Siska vor der Tür eines Verdächtig­en stand, sprach er sein „Öffnen Sie sofort die Türe, hier ist die Polizei!“so dezidiert, als stünde er in den Kammerspie­len und würde aus einem Shakespear­e-Stück deklamiere­n. Lächerlich zwar, aber verstanden hat man ihn.

Als ich unlängst beim Tippen dieser Zeilen einen pensionier­ten Mitarbeite­r unserer Zeitung traf, fragte er mich, woran ich gerade schreibe. Als ich ihm von meinem Text erzählte, antwortete er, das könne er absolut nachvollzi­ehen. Aus diesem Grund gehe er auch nicht mehr ins Theater. Dort würden gerade die jungen Schauspiel­er derart nuscheln, dass er nichts mehr verstehe. Und Herr M. versichert­e mir, dass er noch sehr gut höre …

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An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

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