Ein Mann, viele Frisuren
John Travolta war Tänzer und Ganove, trug Schmalzlocke und Gangstermähne. Heute, mit 65, ist er gut im Geschäft. Die Hoffnung auf eine bleibende Haarpracht hat er aufgegeben
Los Angeles Eine neue Frisur hat John Travoltas Leben kurz vor dem 65. Geburtstag etwas leichter gemacht. „Das Leben ist einfacher“, sagte der Hollywood-Star mit einem Augenzwinkern in der TV-Sendung Extra und seine Glatze glänzte im Scheinwerferlicht. Am meisten freue er sich über die vielen positiven Reaktionen, sagte der Mann, dessen Haar wie bei wohl keinem anderen ein Abbild seiner Karriere ist – von der Schmalzlocke im Tanzfilm „Grease“bis hin zur schwarzen Gangstermähne in „Pulp Fiction“.
Es war eine Nebenrolle als Bandenführer in Brian De Palmas Gruselschocker „Carrie – Des Satans jüngste Tochter“(1976), die den jungen Schauspieler vor über 40 Jahren bekannt machte. Als Tony Manero in „Saturday Night Fever“wurde er ein Jahr später zum Superstar. Millionen Teenager fanden sich in der Geschichte um den tanzbegeisterten New Yorker Underdog wieder. Die Rolle zu den groovigen Songs der Bee Gees brachte Travolta seine erste Oscar-Nominierung ein. Das jüngste von sechs Kindern einer Familie mit italo-irischen Vorfahren war plötzlich in Hollywood auf Erfolgskurs. Dann Schmalzlocke, Koteletten und Hüftschwung: In dem Hit-Musical „Grease“(1978) verführte er als rebellischer Danny nicht nur seine Filmpartnerin Olivia Newton-John. Travolta versprühte einen unglaublichen Charme und glänzte als begnadeter Tänzer in der Tradition eines Gene Kelly und Fred Astaire. Zuletzt strich er die ergrauten Haare mit Pomade für seine Mafioso-Rolle in „Gotti“zurück. Das Gangsterdrama über das einst gefürchtete GambinoClan-Oberhaupt John Gotti Sr. war im vorigen Sommer erst nach vielen Verzögerungen wegen Problemen mit dem Skript, der Besetzung und der Finanzierung in den USA angelaufen – und schnell wieder aus den Kinos verschwunden. In Deutschland kam der Film nur als DVD auf den Markt, Travolta heimste noch eine Nominierung für den SpottFilmpreis „Goldene Himbeere“ein. Die Schmäh-Trophäen werden wenige Tage nach Travoltas Geburtstag am heutigen Montag verliehen.
Schon in den 1980er Jahren stolperte er über schlechte Rollen und falsch gewählte Filme, die Karriere war plötzlich im Keller. Privat hatte er vorher einen Schicksalschlag erlitten: Seine achtzehn Jahre ältere Freundin, Schauspielerin Diana Hyland, starb 1977 an Krebs. Damals schloss er sich der umstrittenen Scientology-Organisation an. Freimütig bekennt er sich zu der Lehre von L. Ron Hubbard. Bis heute ist er neben Tom Cruise eines der prominentesten Mitglieder von Scientology – und Gold wert als Werber für deren Interessen und neue Mitglieder. Als Produzent und Hauptdarsteller brachte Travolta Hubbards Science-Fiction-Buch „Battlefield Earth“auf die Leinwand. Kelly Preston, seit 1991 seine Ehefrau, spielte ebenfalls mit. Der Film floppte im Jahr 2000 an den Kinokassen.
Dass Travolta, der einen Pilotenschein und eine eigene Boeing besitzt, nicht in der Bedeutungslosigkeit versank, verdankt er Regisseur Quentin Tarantino. „Pulp Fiction“, dessen Blutorgie um Ganovenehre und Mord, brachte Travolta 1994 zurück ins Geschäft, verschaffte ihm die zweite Oscar-Nominierung und einen Aufschwung der Karriere, der bis heute hält. Zuletzt spielte er im Thriller „Criminal Activities“(2016) als Gangster seine Macht aus.
Ein trauriger Anlass brachte die Travolta-Familie 2009 in die Schlagzeilen. Jett, der 16-jährige Sohn des Schauspielerpaares, starb während eines Urlaubs auf den Bahamas. Der Junge litt seit Jahren an Krampfanfällen. Im Herbst 2010 durchbrach eine freudige Nachricht die Trauer: Kelly Preston brachte Söhnchen Benjamin zur Welt – mit 48 Jahren. Tochter Ella Bleu ist jetzt 18 Jahre alt – und folgt in den Fußstapfen ihrer Eltern. Vater und Tochter standen kürzlich für den Thriller „The Poison Rose“vor der Kamera. „Sie ist so gut“, schwärmte Travolta. Er wolle sie auf keinen Fall von ihrer Karriere abbringen. Künstler hätten das beste Leben, sagte Travolta. „Wir haben die goldene Eintrittskarte für die Welt – warum sollte man das jemandem vorenthalten?“B. Munker, dpa