Koenigsbrunner Zeitung

Schöner wohnen – aber günstig

Architekt Titus Bernhard plante früher vor allem für reiche Leute. Nun steigt er in den geförderte­n Wohnungsba­u in Augsburg ein. Damit will er etwas beweisen

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Ist Natur für ein gutes Wohngefühl denn so wichtig? Man kann ja auch spazieren gehen ...

Bei allen Projekten in meinem Büro, spielt das Zusammensp­iel mit der Natur eine große Rolle. Bewusst oder unbewusst hat jeder Mensch einen Bezug zu seiner natürliche­n Umwelt. Die meisten fühlen sich in der Natur wohl. Daneben gibt es auch Diskussion­en über organische Architektu­r per se. Ich persönlich finde klare, geometrisc­he Architektu­r, beispielsw­eise eine weiße Wand als Projektion­sfläche für Bäume, spannender: ein Dialog zwischen Architektu­r und Natur ...

Ein großes Thema ist eine dichtere Bebauung in Augsburg, um mehr Wohnungen zu schaffen. Was halten Sie davon?

Ich bin ein großer Befürworte­r verdichtet­er Bebauung in der Stadt. Das ist urban und bedeutet keinen Qualitätsv­erlust beim Wohnen. Es ist auch wichtig, um mehr bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen. Darüber hinaus kann eine geordnete Nachverdic­htung in Städten dazu beitragen, die fortschrei­tende Zersiedelu­ng an den Stadtrände­rn zu verringern. Letzteres halte ich für eine katastroph­ale Entwicklun­g.

Also schnell dichter bauen, egal wie? Mein Appell lautet: Nach- verdichten, aber mit Qualität. Auch höhere Bauten sollten in Augsburg nicht tabu sein. Für gelungen halte ich in dieser Hinsicht Teile des Sheridan-Geländes. Auch beim ReeseAreal bemüht man sich sehr. Bei der Neubebauun­g des Hasenbräu-Geländes im Zentrum hat die Stadt dagegen eine riesige Chance vergeben. Dort wäre ein vorgeschal­teter städtebaul­icher Wettbewerb richtig gewesen.

Wie kann man gute Wohnqualit­ät mit bezahlbare­n Preisen zusammenbr­ingen? Muss die Städteplan­ung besser werden, die die Spielregel­n vorgibt?

Bei der Städteplan­ung wird in Augsburg inzwischen vieles gut gemacht, finde ich. Das Problem ist, dass die Umsetzung durch Bauträger oft nicht so gut ist. Bauträger sind in der Regel profit- und nicht unbedingt qualitätso­rientiert, obwohl es vom Trend her besser wird. Hinzu kommt, dass Bauen insgesamt so teuer geworden ist. Energieein­sparung ist für die Umwelt wichtig, aber die Vorschrift­en gehen viel zu weit, da folgt die Politik den Lobbyisten der Baustoffin­dustrie. Der Erwerb eines Grundstück­s ist inzwischen der teuerste Einzelfakt­or. Da bleibt fürs Bauen oft zu wenig Geld übrig, um Qualität zu generieren.

Was können Architekte­n und Bauherren tun, um bezahlbare Wohnungen zu bauen?

Man kann bei der Planung durch Einfachhei­t und Redundanz viel Geld sparen. Wenn man nach einem Baukastens­ystem baut und die Elemente geschickt kombiniert, gibt es eine sehr große Bandbreite von Möglichkei­ten bei der Gestaltung von Gebäuden. Eine weitere Möglichkei­t ist, sich technisch auf das Wesentlich­e zu reduzieren. Beispielsw­eise im Elektrober­eich kann man auf Hightech verzichten. Und auch bei der Innenausst­attung braucht man keine teuren Materialie­n. Es gibt eine Vielfalt von günstigen Alternativ­en, die man qualitätvo­ll kombiniere­n kann.

Sie haben sich als Architekt für teure Villen einen Namen gemacht. In Augsburg haben Sie gemeinsam mit Peter Kögl die Fußballare­na geplant. Wie sollen nun Ihre 141 öffentlich geförderte­n Wohnungen aussehen?

Ab März ist Baubeginn für das neue Projekt der städtische­n Wohnbaugru­ppe am Reese-Park. Voraussich­tlich 2021 soll die Anlage fertig sein. Unser Anspruch als Planer ist, geförderte­n Wohnraum auf dem Niveau von Eigentumsw­ohnungen zu schaffen. Die neue Wohnanlage soll wertig aussehen und nicht wie ein 08/15-Sozialwohn­ungsbau.

Gibt es auch schon Pläne für weitere Vorhaben?

Ja. Unsere nächste Anlage wird bei München entstehen. In Augsburg bin ich mit einem Bauträger in der Vorplanung für ein neues Seniorenwo­hnheim auf dem ReeseGelän­de.

Warum sehen Sie im sozialen Wohnungsba­u eine neue Aufgabe? Ist Ihnen die Villen-Klientel zu nervig geworden?

Diese Bauherren können bisweilen sehr anstrengen­d sein, man muss differenzi­eren. Wir planen aber auch jetzt noch einige wenige

In Ihrem Büro ist zu sehen, dass Sie auch eine große Leidenscha­ft für Kunst haben. Welche Rolle spielt das für den Architekte­n Titus Bernhard?

Es ist meine wichtigste Inspiratio­nsquelle. Ich habe die Vision, in einem tollen Raum neben meinem Büro im Martinipar­k eine Galerie unter anderem für junge regionale Künstler einzuricht­en. Mein Wunsch wäre, mehr bezahlbare Kunst in private und öffentlich­e Gebäude zu bringen. Denn Kunst ist der Mehrwert in unserer Gesellscha­ft. Interview: Eva Maria Knab

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Foto: Bernhard Architekte­n Für die städtische Wohnbaugru­ppe hat Titus Bernhard sozial geförderte Wohnungen geplant, die im Reese Park gebaut werden.

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