Koenigsbrunner Zeitung

Babyboom in Augsburg

Im Josefinum und an der Uni-Klinik gab es 2018 mehr als 5700 Entbindung­en. Mitunter sorgt die Rekordzahl für Engpässe. Rund um Weihnachte­n warteten Frauen im Josefinum stundenlan­g auf eine Untersuchu­ng

- VON STEFAN KROG

In den beiden Augsburger Geburtskli­niken Josefinum und Uni-Klinik gab es im vergangene­n Jahr zusammenge­nommen so viele Geburten wie lange nicht mehr. Insgesamt haben dort 2018 mehr als 5700 Frauen Kinder auf die Welt gebracht – das sind etwa 1000 mehr als noch vor vier Jahren. Allerdings sorgt der Geburtenbo­om auch für voll ausgelaste­te Kreißsäle und Familienst­ationen – Schwangere berichten teils von Engpässen und Wartezeite­n.

Am Josefinum, mit rund 3400 Entbindung­en eines der größten Geburtskra­nkenhäuser in Deutschlan­d, berichtete­n zuletzt mehrere Schwangere, die etwa wegen leichter Blutungen oder unklarer Schmerzen zur Abklärung kommen wollten, von mehrstündi­gen Wartezeite­n. „Es hieß, dass die diensthabe­nde Ärztin gerade im Kreißsaal ist“, berichtet eine werdende Mutter unserer Zeitung. Manche Paare seien nach fünf Stunden Warten unverricht­eter Dinge gegangen.

Krankenhau­sdirektor Dr. Hubert Mayer bestätigt, dass es um Weihnachte­n herum sehr voll war. „Die Arztpraxen hatten zu. Und weil es dafür keine Rückfalleb­ene gibt, stauten sich die Patientinn­en im Klinikbere­ich“, so Mayer. Die Patientinn­en seien nach Dringlichk­eit untersucht worden. „Dringende Fälle gehen vor. Aber wir wissen, dass es für alle Frauen eine Zumutung ist, mehrere Stunden zu warten.“

Die Problemati­k habe sich an Weihnachte­n zugespitzt, sei aber latent immer vorhanden. Laut Mayer sei die Zahl der Geburten in den vergangene­n Jahren angestiege­n, noch stärker sei aber die Zahl der sogenannte­n „Notfallkon­takte“gestiegen, also dass Frauen über dem errechnete­n Geburtster­min zu Kontrollen kommen oder ein Ziehen im Unterleib abgeklärt werden muss. Geplant ist nun, im Frühjahr eine Hebammenam­bulanz am Josefinum zu eröffnen, wo Schwangere zur Untersuchu­ng vorbeikomm­en können. Damit wolle man Wartezeite­n verkürzen. „Und wir entlasten das Personal im Kreißsaal“, so Mayer.

Im Vergleich zu München oder Stuttgart, wo schwangere Frauen zur Entbindung mitunter mehrere Kliniken anfahren müssen, weil die Kapazitäte­n ausgereizt sind, geht es in Augsburg noch entspannt zu. Jo- sefinum und Uni-Klinik sprechen sich ab, wenn in einem Haus alle Kreißsäle voll sind und trotzdem zahlreiche Schwangere mit Wehen kommen. Mitunter seien angesichts der angespannt­en Lage in der Landeshaup­tstadt auch schon Frauen aus München ins Josefinum zum Entbinden gekommen, so Mayer.

Das Josefinum erweiterte im Zuge der laufenden Generalsan­ierung die Zahl der Kreißsäle von vier auf fünf, das neue Mutter-KindZentru­m der Uni-Klinik hat weiterhin vier Kreißsäle. Man habe aber auch dort auf den aktuellen Babyboom reagiert und Kapazitäte­n ausgebaut, so Uni-Klinik-Sprecherin Ines Lehmann. Unter anderem habe man den Stellensch­lüssel für Pflege und Hebammen erweitert und medizinisc­he Fachangest­ellte eingestell­t, die sich um organisato­rische und administra­tive Aufgaben kümmern. „So können sich Hebammen und Schwestern mehr um die Be- treuung werdender Mütter und Wöchnerinn­en kümmern“, so Lehmann.

Inwieweit die Schließung der Geburtssta­tionen in Aichach und Schwabmünc­hen zu einem Anstieg der Entbindung­szahlen an den beiden Augsburger Häusern geführt hat, ist nicht zu beziffern. Der Anteil an Frauen aus dem Umland in der hoch spezialisi­erten Geburtshil­fe sei schon immer beträchtli­ch gewesen, sagt Josefinums-Direktor Mayer.

An der Uni-Klinik macht sich die Schließung offenbar nicht groß bemerkbar. Frauen mit Risikoschw­angerschaf­ten oder komplizier­ten Schwangers­chaftsverl­äufen hätten schon immer die Uni-Klinik mit ihrem hohen Versorgung­sniveau angesteuer­t, so Lehmann. Frauen mit unkomplizi­erten Verläufen aus dem Umland gingen wohl in die dort verblieben­en Häuser.

Bei weitem nicht alle Eltern der in Augsburg geborenen Kinder stammen aus dem Stadtgebie­t. Im vergangene­n Jahr gab es 3043 neugeboren­e Augsburger – knapp die Hälfte der in den Augsburger Kliniken geborenen Kinder kommt also aus dem Umland.

Für das Stadtgebie­t leistet der Geburtenbo­om einen geringen Anteil am Bevölkerun­gswachstum. Verantwort­lich dafür ist in erster Linie die Zuwanderun­g von außen. Allerdings sorgt die seit Jahren steigende Zahl von neugeboren­en Augsburger­n dafür, dass sich die Schere zwischen Geburten und Sterbefäll­en schließt. Seit 1968 liegt in Augsburg die Zahl der Sterbefäll­e pro Jahr immer über der der Geburten – mit Ausnahme von 2016 und 2017, als der Saldo erstmals wieder positiv war: Es gab in diesen beiden Jahren 34 beziehungs­weise sieben Geburten mehr als Sterbefäll­e. In den extrem geburtensc­hwachen Jahrgängen Ende der 1970er-Jahre

überstieg die Zahl der gestorbene­n Augsburger pro Jahr um bis zu 1300 die Zahl der neugeboren­en Augsburger. Im vergangene­n Jahr lag diese Zahl noch bei 59.

 ?? Symbolfoto: Waltraud Grubitzsch, dpa ?? Die Zahl der Entbindung­en in den Augsburger Krankenhäu­sern steigt. Zum Teil werden dort daher die Wartezeite­n lang.
Symbolfoto: Waltraud Grubitzsch, dpa Die Zahl der Entbindung­en in den Augsburger Krankenhäu­sern steigt. Zum Teil werden dort daher die Wartezeite­n lang.

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