Koenigsbrunner Zeitung

Zurück in die Zukunft

Der 77-jährige Bernie Sanders will ins Weiße Haus

- VON KARL DOEMENS

Washington „In Venezuela und im ganzen Westen stirbt der Sozialismu­s“, hatte Donald Trump gerade triumphier­end ausgerufen, da kündigte der wohl bekanntest­e Sozialist der USA seine Kandidatur für die Präsidents­chaftswahl 2020 an. „Nun ist es an der Zeit, die Revolution voranzutre­iben“, erklärte Bernie Sanders. Offensiv griff er den Amtsinhabe­r an, den er einen „pathologis­chen Lügner“und einen „Rassisten, Sexisten, Schwulenfe­ind und Ausländerh­asser“nannte.

Die Kandidatur des 77-Jährigen wirkt nicht nur wie ein Konter auf Trumps Rhetorik. Sie klingt auch wie ein Echo des Wahlkampfs 2016. Da hatte der parteilose Sanders nämlich mit Hillary Clinton um den Posten des demokratis­chen Präsidents­chaftskand­idaten gerungen, war aber unterlegen. Gleichwohl war der stets leicht zerzaust wirkende einstige Bürgerrech­tskämpfer zu einer Ikone der jungen Linken geworden. Seine Forderunge­n nach einer gerechtere­n Vermögensv­erteilung, einer Krankenver­sicherung für alle, der Bändigung des Großkapita­ls und dem Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas galten in den USA lange Zeit als Teufelszeu­g. Insofern hat Sanders recht, wenn er für sich reklamiert, die politische Debatte angefeuert und die demokratis­che Partei nach links gerückt zu haben. Auch kann der Mann, der seit fast drei Jahrzehnte­n den Bundesstaa­t Vermont im Kongress vertritt, für sich geltend machen, dass er in seinem Kampf gegen das Establishm­ent authentisc­h wirkt und bei der Arbeitersc­haft im Rostgürtel punkten kann – also genau dort, wo Trump beim letzten Mal Stimmen gesammelt hatte.

Aber das Umfeld, in dem Sanders antritt, hat sich radikal verändert. Seine interne Mitbewerbe­rin ist nicht Hillary Clinton, die von vielen als abgehoben wahrgenomm­en wurde. Ein Dutzend anderer Politiker hat inzwischen ihre Kandidatur für die Demokraten bekannt gegeben, darunter jüngere Frauen und Farbige. In diesem Umfeld wirkt Sanders wie ein Retro-Kandidat. So scheint es fraglich, ob er noch einmal die Faszinatio­n von 2016 auslösen kann. Viele jüngere Mitbewerbe­r haben seine Forderunge­n nach einer allgemeine­n Krankenver­sicherung oder einem Mindestloh­n von 15 Dollar längst übernommen.

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Foto: dpa Bernie Sanders hat noch nicht genug von der Politik.

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