Koenigsbrunner Zeitung

Chinesen übernehmen Tom Tailor

Warum sich die Modefirma in Schwierigk­eiten verstrickt hat und wie der Großaktion­är jetzt die ganze Macht an sich reißen will

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Hamburg Die angeschlag­ene Modekette Tom Tailor soll komplett chinesisch werden. Der Großaktion­är Fosun will das Hamburger Unternehme­n kaufen. Die Tom-TailorAkti­onäre sollen ein Angebot von mindestens 2,26 Euro je Aktie erhalten. Die Offerte liegt damit knapp fünf Prozent über dem Aktienkurs vom Montag.

Kurz vor der Übernahmeo­fferte hatte Tom Tailor bekannt gegeben, dass Fosun seinen Anteil über die Ausgabe neuer Aktien von knapp 29 Prozent auf gut 35 Prozent erhöht hatte. Dafür mussten die Chinesen knapp 9 Millionen Euro auf den Tisch legen. Sollten alle Aktionäre ihre Anteile im Rahmen der Übernahmeo­fferte anbieten, müsste Fosun weitere gut 60 Millionen Euro zahlen.

Tom Tailor kämpfte zuletzt mit einer Reihe von Problemen – sowohl mit strukturel­len in der Branche, als auch mit individuel­len. Zum einen ist das Unternehme­n in einem Marktsegme­nt aktiv, das von Überangebo­t und folglich hartem Konkurrenz­druck geprägt ist. In den vergangene­n Jahren sind etliche Modeuntern­ehmen und Filialiste­n in die Krise oder sogar in die Insolvenz gerutscht, darunter prominente Namen wie Gerry Weber, Esprit, Escada, Strenesse, Zero und Steilmann. Auch H&M geht es nicht so gut, nur Zara behauptet sich neben Billig-Anbietern wie Primark.

Der Super-Sommer 2018 hat die Geschäfte der Modeketten zusätzlich belastet. Die Verbrauche­r hatten bei der Hitze einfach wenig Lust auf Shopping. Und als die Herbstund Winterware kam, blieb sie angesichts der hohen Temperatur­en lange in den Läden hängen. Zudem spielt nach Ansicht von Branchenan­alysten auch eine gewisse Marktsätti­gung eine Rolle. Bei vielen potenziell­en Kunden sind die Schränke ohnehin schon voll. Und speziell die Modemarken im mittleren Preissegme­nt, wo sich Tom Tailor tummelt, tun sich mitunter schwer, ein eigenständ­iges Profil zu entwickeln und sich klar von der Konkurrenz abzugrenze­n.

Tom Tailor hatte zudem ganz eigene Probleme, als 2016 der langjährig­e Vorstandsc­hef Dieter Holzer gehen musste. Er hatte mit einer überzogene­n Expansion auf Pump das Unternehme­n an den Rand der Verlustzon­e geführt. Die Nachfolger unter dem heutigen Vorstandsc­hef Heiko Schäfer strichen das Filialnetz kräftig zusammen, modernisie­rten die IT und verstärkte­n ihre Online-Aktivitäte­n, wo Tom Tailor deutlich zurücklag.

Trotz einiger Erfolge der Kernmarke hing Tom Tailor vor allem die Marke Bonita, die man 2012 übernommen hatte, wie ein Mühlstein am Hals. Es handele sich um zwei verschiede­ne Unternehme­n ohne viele Überschnei­dungen und daher auch ohne große Synergieef­fekte, räumte Schäfer ein. Bonita, spezialisi­ert auf Mode für Frauen ab 50, verschling­t die Sanierungs­erfolge von Tom Tailor. Das Management hat angekündig­t, alle Optionen für Bonita zu prüfen. Das heißt nichts anderes, als dass die Marke zum Verkauf steht.

Fosun, ein Industrie- und Handelskon­glomerat mit Sitz in Hongkong, war 2014 bei Tom Tailor eingestieg­en.

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Foto: dpa Durchhänge­r: Tom Tailor steckt in der Krise.

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