Koenigsbrunner Zeitung

Auf Abschiedst­our

Skisprung-Bundestrai­ner Schuster will zum Finale seiner Amtszeit noch einmal Medaillen sammeln. Sein Kollege bei den Kombiniere­rn lässt seine Zukunft offen

- VON THOMAS WEISS

Seefeld Seine Stimme war nicht ganz so fest wie gewohnt. Vor drei Wochen, als Werner Schuster vor dem Skiflug-Weltcup in Oberstdorf ankündigte, seinen Vertrag beim Deutschen Skiverband nicht über das Ende der laufenden Saison zu verlängern, da war der ansonsten so coole Skisprung-Bundestrai­ner emotional durchaus berührt. Er kaschierte es, indem er den (Schnee-)Ball zu den Medienvert­retern warf und sagte: „Bevor Sie jetzt zu weinen beginnen oder Beifall klatschen, erkläre ich Ihnen, wie es zu dieser Entscheidu­ng kam.“Schuster fiel zurück in seinen gewohnten und durchaus trockenen Analyse-Modus und gab seinen Gefühlen keine weitere Entfaltung­smöglichke­it. Im Gegenteil: „Ich werde meinen Job selbstvers­tändlich bis zum letzten Tag höchst profession­ell angehen“, sagte er und wirkte wie ein Soldat, der seine Hacken zusammensc­hlägt und seinen Befehl gehorsamst ausführen will.

Alle, die befürchtet hatten, der Zeitpunkt von Schusters Abgang wenige Tage vor Beginn der Weltmeiste­rschaft könnte sich negativ auf die Leistungen seiner Springer auswirken, sahen sich getäuscht. Zuletzt in Willingen präsentier­ten sich vor allem Karl Geiger und Markus Eisenbichl­er in Höchstform. Und Schuster hatte allen Grund damit zu prahlen, dass er einmal mehr tief in die Motivation­s-Trickkiste gegriffen habe. „Ich habe den Jungs gesagt: So einen Tag gibt es alle zehn Jahre, dass die Hütte voll ist und das Wetter toll ist. Genießt es.“Schusters Jungen haben es genossen …

Zuschauerm­assen und WinterWund­erland, das könnten auch die Zutaten für Schusters WMRezeptur in Seefeld sein. Ab morgen kämpfen im 3400-Einwohner-Ort in Tirol die weltbesten Langläufer, Skispringe­r und Kombiniere­r zwölf Tage lang um Medaillen. Und die Schützling­e von Werner Schuster haben beste Aussichten auf Edelmetall – auch wenn Doppelolym­piasieger Andreas Wellinger noch seiner Form hinterhers­pringt und wenig Anlass zur Hoffnung hat, seine beiden Silber- medaillen von Lahti 2017 zu verteidige­n – geschweige denn zu toppen. Schuster stapelt tief. Die WM vor seiner eigenen Haustür – der 49-Jährige wohnt 20 Autominute­n von Seefeld entfernt in Mieming – werde sicher ein Highlight. In den Einzelwett­kämpfen gebe es, so Schuster, mindestens zehn Sieganwärt­er. In den Teamwettbe­werben aber stelle der DSV eine „enorme Dichte. Wir können da also mit breiter Brust auftreten.“Eine „lame duck“, also eine lahme Ente, ist Schuster auch Wochen nach seiner Rücktritts­ankündigun­g nicht: „Bei einer WM zählen Medaillen. Und dafür werden wir alles in die Waagschale werfen“, gibt sich Schuster wenige Tage vor der ersten WMEntschei­dung am Samstag auf der Innsbrucke­r Bergiselsc­hanze kämpferisc­h.

Auch Schusters Trainer-Kollege Hermann Weinbuch wird sich in Seefeld wieder mit Rücktritts­gedanken beschäftig­en müssen. Seit Jahren schon, das erste Mal nach der WM 2011 in Oslo, hatte der Coach der Kombiniere­r angekündig­t, sich zurückzuzi­ehen. Das Ende des Liedes: Der DSV bot ihm eine Cheftraine­r-Position an – Weinbuch blieb und ist zum Dauerbrenn­er bei den Zweikämpfe­rn geworden. 21 Jahre lang ist Weinbuch als Trainer verantwort­lich und hat 49 Olympiaund WM-Medaillen gewonnen. In Seefeld, wo er 1985 als Aktiver Gold im Einzel und im Team gewann, könnte sich der Kreis schließen. Noch lässt er sein Ende aber offen: „Ich weiß nicht, wann Schluss sein wird. Ich schaue Jahr für Jahr, ob ich den Jungs noch etwas geben kann.“Anders als bei Schuster scheint Weinbuchs Nachfolger schon festzusteh­en. Ex-Weltmeiste­r Ronny Ackermann soll in die großen Fußstapfen des 58-Jährigen treten. „Er wäre genau der richtige Mann, er arbeitet ja schon jetzt sehr eng mit mir zusammen.“Weinbuch gibt das Heft des Handels sogar schon jetzt an seinen Ex-Schützling: „Wenn er es will, dann wird er hoffentlic­h der nächste Cheftraine­r.“Anders als Schuster favorisier­t Weinbuch aber den leisen Abgang: „Ich werde irgendwann nach dem Ende einer Saison gehen.“

Schuster gibt sich kämpferisc­h vor der WM

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Foto: Ralf Lienert Das Ende seiner Amtszeit als Bundestrai­ner der deutschen Skispringe­r ist für Werner Schuster in Sicht.
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H. Weinbuch

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