Besser mit Regeln
Berlin Sind Computerspiele nun echter Sport oder nur schnöde Daddelei? Um diese Frage geht es am Mittwoch im Sportausschuss des Bundestags. Und die Antwort ist für die Gamer-Szene in Deutschland von riesiger Bedeutung. Denn wird der elektronische Sport (E-Sport) dem klassischen Sport im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit gleichgestellt, bringt das eine ganze Reihe von Vorteilen. Vereine, die sich dem E-Sport widmen, könnten sich dann über öffentliche Zuschüsse, steuerliche und rechtliche Vorteile sowie weniger Bürokratie freuen. Für ausländische Teilnehmer an deutschen E-Sport-Turnieren würde sich zudem die Einreise vereinfachen. Einen entsprechenden Antrag hatten die Grünen im Bundestag gestellt.
Die Bundesregierung bekennt sich im Koalitionsvertrag dazu, E-Sport „künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anzuerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen“zu wollen. Im November hatte der Bundestag erstmals über das Thema beraten, alle Fraktionen hatten sich dabei zur Förderung des E-Sports in Deutschland bekannt.
Doch bevor die Diskussion im Sportausschuss weitergeht, kommt es zum Streit. Stefan Müller, der parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, sagte unserer Redaktion: „Von einer Gleichstellung des E-Sports mit traditionellen Sportarten halte ich nichts. Es ist richtig, dass es auch beim E-Sport um den Wettkampf geht. Und sicherlich brauchen die Gegner auch eine gewisse Motorik und müssen die Spielregeln kennen, um den Sieg zu erringen. Aber letztlich fin- det E-Sport in einer virtuellen Welt statt.“Die Wettkämpfe, so Müller, würden am Computer ausgetragen, bei traditionellen Sportarten brauche es dagegen „nicht nur gewisse körperliche Voraussetzungen, vor allem Fitness, sondern hier messen sich Menschen im realen Leben in einem Spiel oder in einem anderen sportlichen Wettkampf miteinander“. Für Müller sei die soziale Komponente der traditionellen Sportarten entscheidend: „Sie bringen Menschen zusammen, können ganze Stadien oder Hallen füllen, etwa beim Fußball, Handball oder Der CSU-Politiker stützt damit die Position des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), der gar nicht daran denkt, die Computerspieler in seine Reihen aufzunehmen. In einem Positionspapier heißt es: „Der DOSB geht davon aus, dass E-Gaming in seiner Gesamtheit nicht den zentralen Aufnahmekriterien entspricht, die das Sport- und Verbändesystem unter dem Dach des DOSB konstituieren und prägen.“
Allenfalls bei der „elektronischen Sportartensimulation“sieht der DOSB eine „Bedeutung für die
Die neue Sportart, die von den Britischen Inseln herüber nach Deutschland schwappte, hatte es anfangs schwer. Der älteren Generation galt nur das Turnen als adäquate Form der Leibesertüchtigung. Dagegen führe die „Fußlümmelei“oder „englische Krankheit“zur Degeneration, beanspruche sie doch nicht alle Körperteile gleich, klagten die Verfechter von Bock, Reck und Barren. Den Siegeszug des Fußballs stoppen konnten sie freilich nicht.
Ebenso wenig werden diejenigen, die heute den E-Sport als tumbe Daddelei abtun, dem Phänomen gerecht. Schon allein weil Millionen meist junger Spieler von immer attraktiveren Computerspielen fasziniert sind, lässt sich das Thema nicht ignorieren. E-Sport birgt Risiken und kann Nebenwirkungen haben – bis hin zum Suchtverhalten. Doch für viele Anhänger gibt es kaum etwas, das mehr Spaß macht.
Die Grenzen zu dem, was klassicherweise unter Sport verstanden wird, sind fließend. Bei der virtuellen Form der Fußlümmelei etwa, bei der die Spieler per Konsole gesteuert werden, kommt es auf eine perfekte Hand-Auge-Koordination an. Ähnlich wie bei Golf oder Bogenschießen.
Wer E-Sport ernsthaft betreibt, muss körperlich fit sein. Doch E-Sport besteht eben längst nicht nur aus der Simulation körperbetonter Sportarten. Es gibt Strategiespiele, die kluges Vorausdenken erfordern, wie Schach. Besonders umstritten sind Kampf- und Ballerspiele. Die den Bezug zum Krieg wiederum mit vielen Sportarten teilen, die einst der Steigerung der Wehrtüchtigkeit dienten – Schießen, Fechten, Boxen, um nur einige zu nennen.
Wenn sich der Deutsche Olympische Sportbund nur zum Teil für das Thema zuständig fühlt, dann ist das sein gutes Recht. Die Politik aber tut gut daran, sich Gedanken zu machen, wie sie mit dem E-Sport künftig umgeht. Wie sie seine Chancen fördert, Auswüchse und Missbrauch aber begrenzt. Vereine, die sich den Computerspielen widmen, sollten die gleichen Rechte und Pflichten haben, wie andere auch. Die Diskussion, was nun wirklich hehrer Sport ist, führt in der Regel nicht weiter. Ob es nun um Fußlümmelei oder Daddelei geht.