Ärger wegen angeblich gestohlener Songs
Hat der Besitzer eines Tonstudios auf Verträgen die Unterschriften gefälscht? Das soll in einem Prozess nun ein Gutachter vom Landeskriminalamt klären
„Einer lügt“. Nach zweistündiger Verhandlung will niemand im Gerichtssaal 108 dem Fazit des Verteidigers widersprechen. Da Zeugen und Angeklagter völlig gegensätzlich aussagen, soll ein Sachverständiger des bayerischen Landeskriminalamtes für Klarheit sorgen. In einem Verfahren, das sich um angeblich gestohlene Songs einer bekannten bosnischen Sängerin dreht. In seiner Heimat, sagt ein Zeuge aus, sei sie so bekannt wie hierzulande Helene Fischer. Rechtsanwalt Hermann Kühn verteidigt an diesem Vormittag den Besitzer eines Augsburger Tonstudios und Musikverlags. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt seinen Mandanten der Urkundenfälschung. „Die Vorwürfe stimmen nicht“, lässt der in Istanbul geborene 51-Jährige seinen Verteidiger vortragen, bevor er beredt selbst sehr ausführlich Vorgänge aus den 1990er-Jahren schildert.
Damals gab es in Augsburg eine größere Gruppe von Bosniern, die sich regelmäßig in der Disco eines Landsmanns trafen, wo live immer wieder Musiker ihrer Heimat auftraten. Der Sohn des Discothekenbetreibers ist selbst Musiker, spielt mehrere Instrumente, komponiert und textet Lieder. Für die er Mitte der 1990-Jahre für eine Demo-Version das Ton-Studio des Angeklagten anmietete. Nach dem Willen des Autors sollte die während der Kriegswirren aus Jugoslawien nach Österreich geflohene Sängerin Mirsada Cizmic drei seiner Lieder singen. In einem Wiener Tonstudio erfolgten schließlich die Aufnahmen. Tausende Clicks im Internet belegen, dass sie auch heute noch gerne gehört werden.
Unbestritten ist, dass der Angeklagte im Jahr 2015 bei der Musikautoren-Gesellschaft Gema in München die aufgenommenen Titel als Inhaber eines Musikverlags angemeldet hat. Zum Beweis, dass er die Nutzungsrechte an den Songs besitzt, legte er mehrere Verträge vor, die angeblich auch die Unterschrift des Komponisten und Texters tragen. Doch der 46-Jährige, als Zeuge geladen, bestreitet, dass es seine Unterschrift ist, als ihm die Verträge im Gerichtssaal vorgelegt werden. „Ich habe die Verträge nie unterschrieben.“Gutachten des bayerischen Landeskriminalamtes scheinen ihm recht zu geben. „Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“, heißt es in einem, seien sie gefälscht.
Für Anwalt Hermann Kühn ist das allerdings eine zu vage Aussage, weswegen er darauf besteht, den Gutachter selbst befragen zu können. Diese Verhandlung ist nun für den Freitag in dieser Woche angesetzt.