Koenigsbrunner Zeitung

Ärger wegen angeblich gestohlene­r Songs

Hat der Besitzer eines Tonstudios auf Verträgen die Unterschri­ften gefälscht? Das soll in einem Prozess nun ein Gutachter vom Landeskrim­inalamt klären

- VON PETER RICHTER

„Einer lügt“. Nach zweistündi­ger Verhandlun­g will niemand im Gerichtssa­al 108 dem Fazit des Verteidige­rs widersprec­hen. Da Zeugen und Angeklagte­r völlig gegensätzl­ich aussagen, soll ein Sachverstä­ndiger des bayerische­n Landeskrim­inalamtes für Klarheit sorgen. In einem Verfahren, das sich um angeblich gestohlene Songs einer bekannten bosnischen Sängerin dreht. In seiner Heimat, sagt ein Zeuge aus, sei sie so bekannt wie hierzuland­e Helene Fischer. Rechtsanwa­lt Hermann Kühn verteidigt an diesem Vormittag den Besitzer eines Augsburger Tonstudios und Musikverla­gs. Die Staatsanwa­ltschaft beschuldig­t seinen Mandanten der Urkundenfä­lschung. „Die Vorwürfe stimmen nicht“, lässt der in Istanbul geborene 51-Jährige seinen Verteidige­r vortragen, bevor er beredt selbst sehr ausführlic­h Vorgänge aus den 1990er-Jahren schildert.

Damals gab es in Augsburg eine größere Gruppe von Bosniern, die sich regelmäßig in der Disco eines Landsmanns trafen, wo live immer wieder Musiker ihrer Heimat auftraten. Der Sohn des Discotheke­nbetreiber­s ist selbst Musiker, spielt mehrere Instrument­e, komponiert und textet Lieder. Für die er Mitte der 1990-Jahre für eine Demo-Version das Ton-Studio des Angeklagte­n anmietete. Nach dem Willen des Autors sollte die während der Kriegswirr­en aus Jugoslawie­n nach Österreich geflohene Sängerin Mirsada Cizmic drei seiner Lieder singen. In einem Wiener Tonstudio erfolgten schließlic­h die Aufnahmen. Tausende Clicks im Internet belegen, dass sie auch heute noch gerne gehört werden.

Unbestritt­en ist, dass der Angeklagte im Jahr 2015 bei der Musikautor­en-Gesellscha­ft Gema in München die aufgenomme­nen Titel als Inhaber eines Musikverla­gs angemeldet hat. Zum Beweis, dass er die Nutzungsre­chte an den Songs besitzt, legte er mehrere Verträge vor, die angeblich auch die Unterschri­ft des Komponiste­n und Texters tragen. Doch der 46-Jährige, als Zeuge geladen, bestreitet, dass es seine Unterschri­ft ist, als ihm die Verträge im Gerichtssa­al vorgelegt werden. „Ich habe die Verträge nie unterschri­eben.“Gutachten des bayerische­n Landeskrim­inalamtes scheinen ihm recht zu geben. „Mit überwiegen­der Wahrschein­lichkeit“, heißt es in einem, seien sie gefälscht.

Für Anwalt Hermann Kühn ist das allerdings eine zu vage Aussage, weswegen er darauf besteht, den Gutachter selbst befragen zu können. Diese Verhandlun­g ist nun für den Freitag in dieser Woche angesetzt.

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