Koenigsbrunner Zeitung

Wie der Stadtwald ständig wächst

Bobingens Baumbestän­de am Leitenberg und entlang der Wertach sind gut durchmisch­t und zukunftsfe­st. Förster Maximilian Greiter erklärt, wozu Erdlöcher am Wegesrand dienen und wie ein Biber eine Grenze versenkt

- VON ELMAR KNÖCHEL

Bobingen Mit hörbarem Stolz in der Stimme spricht Bobingens oberster Forstverwa­lter, Manfred Geier, vom Stadtwald. „Es gibt nicht viele Gemeinden, die einen solchen Wald besitzen.“Stadtförst­er Maximilian Greiter gibt ihm da nur zu gerne recht. Schließlic­h ist er als Fachmann verantwort­lich für das Wohl und Wehe des beliebten Naherholun­gsgebietes. Der Wald ist auch Schutzraum für Bobingens Trinkwasse­rbrunnen und er ist als Wirtschaft­swald eine wertvolle Kapitalanl­age.

„Insgesamt 356 Hektar, das ist schon ein ansehnlich­es Areal“, schwärmt Greiter. Die Fläche von etwa 500 Fußballfel­dern will erst einmal bewirtscha­ftet sein. Und das mit nur zwei fest angestellt­en Forstkräft­en – dem Förster selbst und einem weiteren Mitarbeite­r. Das sei nur zu bewerkstel­ligen, weil er tatkräftig­e Hilfe habe, sagt Greiter. Zum Beispiel von privaten Forstunter­nehmen, die mit Vollerntem­aschinen, Rückezügen und LkwTranspo­rtern das Fällen und Abtranspor­tieren von Langholz übernehmen.

Natürlich würde durch die großen Maschinen Schaden am Waldboden angerichte­t, bedauert der Fachmann. Jedoch wäre ohne diese Maschinen eine sinnvolle Bewirtscha­ftung des Waldes nicht mehr fi- Alle Beteiligte­n würden jedoch streng darauf achten, die Schäden möglichst gering zu halten. Überhaupt sei die Bewirtscha­ftung des Stadtwalde­s streng auf Nachhaltig­keit ausgelegt. „Eingeschla­gen wird nur soviel, wie auf natürliche­m Wege nachwächst“, versichert der Förster. Und Manfred Geier ergänzt: „Generell liegt das Hauptaugen­merk auf der Funktion als naturnahes Naherholun­gsgebiet, weniger als Wirtschaft­swald.“

Dies erklärt dann auch die Energie, mit der Förster Greiter und die Stadt die Wiederauff­orstung betreiben. Dazu muss man wissen, dass auf der gesamten Fläche schätzungs­weise 20 Millionen Bäume wachsen. Große oder noch ganz Kleine. Das heißt, auf jeden der rund 17000 Einwohner Bobingens kommen circa 1170 Bäume – darunter mindestens vier ausgewachs­ene Stämme im erntereife­n Alter oder noch betagter.

Und die müssten alle ständig kontrollie­rt, unterstütz­t und nach 80 oder auch mal erst 120 Jahren gefällt werden. Windwurf, Käferbefal­l oder zu dicht gewachsene Bestände erfordern es zudem, dass nicht jeder Baum ein solch stolzes Alter erreichen kann. Vielerlei Einflüsse erfordern ein komplexes Management in der Forstarbei­t.

Bis zu 18000 Schritte legt Maximilian Greiter an manchen Tagen im Revier zurück. „Ich wüsste das gar nicht so genau. Aber meine Frau hat mir mal eine Schrittzäh­ler-App aufs Handy gespielt. Da war ich selber überrascht“, sagt der Förster.

Der Wald sei auf einem guten Weg in die Zukunft. Nur noch 76 Prozent des Baumbestan­des seien Fichten. Zwölf Prozent Buche wären bereits etabliert, der Rest verteile sich auf Edellaubhö­lzer, Kiefern und Eichen.

Bei der Aufforstun­g würden die Verantwort­lichen verstärkt auf Rotbuche und Stileiche setzen. Das seien robuste Sorten, die auch dem Klimawande­l trotzen könnten, versichert der Forstfachm­ann. „Denn im Wald müssen wir auf 100 Jahre im Voraus planen“, sagt Greiter.

Doch auch Natur sorgt für steten Wandel. Dieser zeige sich auch im Wald und sei für jedermann sichtbar. Um aber zu erkennen, was diesen Wandel auslöse und wie sich die Struktur des Waldes anpassen lasse, dazu brauche man schon Geduld und einen langen Atem, sagt Greiter. Auch der Borkenkäfe­r halte das Team auf Trab. Der lange und trockene Sommer 2018 sei für den Wald Stress pur gewesen. Etwa 500 bis 800 Festmeter Käferholz, wie es der Fachmann nennt, würden jähr- lich geschlagen. Das sei fast ein Drittel des Gesamteins­chlages. Zu bewältigen sei das alles nur durch die Hilfe der sogenannte­n „KleinSelbs­twerber“. Das sind Privatleut­e, die das Recht erwerben, auf einer zugewiesen­en Fläche ihr Brennholz selbst zu schlagen und den Wald zu „durchforst­en“.

Zu diesem Zweck geht vorher der Stadtförst­er durch die zugeteilte­n Flächen und kennzeichn­et die zu schlagende­n Bäume mit orangefarb­enen Punkten. An anderen Stämmen bringt er weiße Striche an. Diese kennzeichn­en die späteren „Rückegasse­n“, auf denen dann die Stämme aus dem Wald transporti­ert werden können.

„Unsere Selbstwerb­er arbeiten sehr genau und fachgerech­t“, lobt Greiter. Das sei ihm eine enorme Hilfe. Denn er sei ja zusätzlich auch noch für den Wegebau und die Verkehrssi­cherheit im Wald zuständig. Auch das Sichern der Hänge vor Starkregen käme dazu.

Zu diesem Zweck seien zum Beispiel Erdlöcher links und rechts am Leitenberg angebracht worden. So mancher Spaziergän­ger habe sich schon darüber gewundert, sagt Greiter. Durch diese kleinen Auffangbec­ken würde die Fließgesch­windigkeit des Wassers stark gemindert und auch das Erdreich besser im Hang gehalten. Ähnlich dieser gebe es viele Einzelmaßn­ahmen, die am Ende alle dasselbe Ziel hätnanzier­bar. ten: den Wald möglichst naturnah zu erhalten und fit für die Zukunft zu machen.

Die dabei erzielten Erfolge würden sich oft eher im Verborgene­n zeigen. So sei zum Beispiel vor 20 bis 30 Jahren kaum noch ein Ameisenhüg­el im Revier zu finden gewesen. Ältere Bürger würden sich vielleicht noch daran erinnern, dass diese damals sogar eingezäunt wurden, um sie vor Zerstörung zu bewahren. Mittlerwei­le könne, wer ein Auge dafür habe, wieder viele Waldameise­n auf ihren Hügeln beobachten. Das liege daran, dass durch die Umgestaltu­ng des Stadtwalde­s zum Mischwald wieder wesentlich mehr Licht und Wärme den Waldboden erreichen. „Das lieben die Ameisen“, freut sich Maximilian Greiter.

Noch stundenlan­g könnte er über „seinen“Wald reden. Schon sein Großvater war Förster. Ebenso sein Vater. Er führt die Tradition fort. Und immer wieder erlebt er Überraschu­ngen. „Ein Biber hat in kurzer Zeit den Wald in der Nähe des Diebelbach­es komplett verändert. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich bemerkte, dass dies genau an der Reviergren­ze war. Daher können wir hier den Grenzverla­uf nicht mehr bestimmen. Gott sei Dank stehen dort gerade keine Maßnahmen an.“Denn da viele Bäume mittlerwei­le auf Inseln stünden, könnten sie im Moment nur mit dem Boot erreicht werden.

Der Wald wird geplant und doch von der Natur geprägt.

 ?? Foto: Pitt Schurian ?? Jeder Stamm einer hochgewach­senen Fichte bringt im Sägewerk einen bis zwei Kubikmeter Nutzholz. Am Leitenberg bei Bobingen stehen rund 76 000 solcher Festmeter im Stadtwald. Im langjährig­en Mittel wachsen jedes Jahr rund 2540 dazu. Derzeit sind es sogar 2650 Festmeter – mehr als geerntet werden kann.
Foto: Pitt Schurian Jeder Stamm einer hochgewach­senen Fichte bringt im Sägewerk einen bis zwei Kubikmeter Nutzholz. Am Leitenberg bei Bobingen stehen rund 76 000 solcher Festmeter im Stadtwald. Im langjährig­en Mittel wachsen jedes Jahr rund 2540 dazu. Derzeit sind es sogar 2650 Festmeter – mehr als geerntet werden kann.
 ?? Foto: Pitt Schurian ?? Im Stadtwald von Bobingen gibt es viel erntereife­s Holz guter Qualität. Orkanschäd­en der Vergangenh­eit hat er stets innerhalb weniger Jahre wieder ausgeglich­en. Die Aufforstun­g führte zur Verjüngung und zu mehr Mischwald.
Foto: Pitt Schurian Im Stadtwald von Bobingen gibt es viel erntereife­s Holz guter Qualität. Orkanschäd­en der Vergangenh­eit hat er stets innerhalb weniger Jahre wieder ausgeglich­en. Die Aufforstun­g führte zur Verjüngung und zu mehr Mischwald.
 ?? Foto: Elmar Knöchel ?? Förster Maximilian Greiter und Manfred Geier präsentier­en ihren Liebling des Reviers: Eine Eiche, die unzählige Spechtlöch­er aufweist und immer noch jedes Jahr vom Buntspecht bebrütet wird.
Foto: Elmar Knöchel Förster Maximilian Greiter und Manfred Geier präsentier­en ihren Liebling des Reviers: Eine Eiche, die unzählige Spechtlöch­er aufweist und immer noch jedes Jahr vom Buntspecht bebrütet wird.

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