Koenigsbrunner Zeitung

Die Politik und der böse Wolf

Schießen oder Schützen: Wie ein Raubtier die Regierung entzweit. Cdu-landwirtsc­haftsminis­terin Klöckner kritisiert Spd-umweltmini­sterin Schulze

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Schon wieder hat Problemwol­f „GW924M“zugeschlag­en. In der Nacht zum Sonntag riss er ein Schaf aus der Herde von Otto Magnussen. Es ist bereits das elfte Tier, berichten örtliche Medien, das der Bauer aus Rethwisch in Schleswigh­olstein an das Raubtier verloren hat. Und der Landwirt ist mit seinem Verlust und seiner Wut nicht allein. Denn die Zahl der von Wölfen getöteten und verletzten Nutztiere hat 2017 laut der Dokumentat­ionsstelle des Bundes drastisch zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Risse um fast 66 Prozent auf 472. Insgesamt 1667 Tiere wurden dabei getötet, verletzt oder vermisst. Die Ausbreitun­g des Wolfes seit seiner Rückkehr nach Deutschlan­d ab dem Jahr 2000 bleibt nicht ohne Folgen. Und in der Politik wird der Streit darüber, ob der Schutz des Raubtieres schwerer wiegt als die Interessen der Weidetierh­alter, immer heftiger. In der Frage geht ein Riss mitten durch die Große Koalition.

Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) setzt sich dafür ein, dass der strenge Schutz des Wolfes gelockert wird. Doch für Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) kommt ein Abschuss nur in Ausnahmefä­llen in Frage. Angeheizt wird der Streit jetzt von der FDP, die in einem Antrag verlangt, den Wolf zur jagbaren Tierart zu erklären. Am heutigen Donnerstag soll darüber im Bundestag sogar namentlich abgestimmt werden – was viele Unionsabge­ordnete in eine Zwickmühle bringt. Denn was die FDP fordert, sehen auch viele in CDU und CSU so. Ob sie allerdings für den Opposition­santrag und gegen den Koalitions­partner stimmen werden, ist fraglich.

Gegenüber unserer Redaktion sagt Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner: „Dass der Wolf zurück nach Deutschlan­d gefunden hat, ist grundsätzl­ich zu begrüßen.“Zeige es doch, dass Maßnahmen zu Förderung und Schutz der Artenvielf­alt erfolgreic­h seien. „Anderersei­ts darf die Rückkehr des Wolfes aber nicht dazu führen, dass weniger im Freien gehalten werden können oder in letzter Konsequenz in bestimmten Regionen die Weidetierh­altung eingestell­t werden muss“, sagt die Ministerin. Denn die Population verdoppele sich alle drei bis vier Jahre, die Zahl der Wolfsüberg­riffe auf Nutztiere nehme zu. Klöckner weiter: „Den Schaden hat der Landwirt, auch seine Belange sind zu schützen. Mehr noch, es geht auch um den Schutz der Bürger, die in den betroffene­n Regionen durch Wolfsrudel verunsiche­rt sind.“Manche Tiere seien schon in der Nähe von Wohngebiet­en gesichtet worden. Die Cdu-politikeri­n sagt: „Ich setze mich deshalb für eine gemäßigte Bestandsre­gulierung ein, die es rechtssich­er ermöglicht, einzelne Wölfe eines Rudels zu entnehmen.“An Kabinettst­iere kollegin Svenja Schulze appelliert Klöckner: „Der erhebliche Anstieg an Wolfsrisse­n und der Zahl der dabei getöteten, verletzten oder vermissten Tiere zeigt, dass wir jetzt Handlungsb­edarf haben und sich das Bundesumwe­ltminister­ium endlich bewegen muss.“

Umweltmini­sterin Svenja Schulze hat dagegen mehrfach betont, dass sie es ablehnt, den Schutz des Wolfs zu lockern. Erst vor wenigen Tagen sagte sie: „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in Deutschlan­d beides miteinande­r vereinbare­n können: den Schutz des Wolfs, der weiterhin eine vom Aussterben bedrohte Tierart ist, und den Schutz von Schafen.“So setze sie darauf, Landwirte bei der Anschaffun­g von wolfssiche­ren Elektrozäu­nen oder Schutzhund­en zu unterstütz­en. Darüber, so Schulze, diskutiere sie seit geraumer Zeit mit der Landwirtsc­haftsminis­terin. Doch bis zuletzt

Bauern sollen Tiere mit Elektrozäu­nen schützen

konnten Klöckner und Schulze in Sachen Wolf keinen gemeinsame­n Nenner finden.

Karlheinz Busen, der jagdpoliti­sche Sprecher der Fdp-fraktion, gießt nun mit seinem Antrag Öl ins Feuer: „Die Entwicklun­g kann so nicht weitergehe­n. Wir wollen den Wolf ins Jagdrecht aufnehmen und seinen Schutzstat­us senken. Wir fordern ein ideologief­reies Wolfsmanag­ement und unbürokrat­ische Entschädig­ungen für Nutztierha­lter.“Laut Busen leben mittlerwei­le mehr als 1000 Wölfe in Deutschlan­d, die Population steige unkontroll­iert jedes Jahr um 25 bis 30 Prozent. Die Tierart sei keinesfall­s vom Aussterben bedroht, so Busen.

Bislang ist die Tötung eines Wolfs nur in Ausnahmefä­llen erlaubt. Lediglich zwei wurden mit Genehmigun­g erschossen, darunter Problemwol­f „Kurti“. Aktuell sind zwei Wölfe in Norddeutsc­hland zum Abschuss freigegebe­n. Darunter auch „GW924M“. Doch der Schrecken der Schafe von Bauer Magnussen führt seit Wochen die Jäger an der Nase herum.

 ?? Foto: Carsten Rehder, dpa ?? Die Rückkehr des Wolfes ist ein hochemotio­nales Thema. Was Naturschüt­zer jubeln lässt, treibt Landwirten Sorgenfalt­en auf die Stirn.
Foto: Carsten Rehder, dpa Die Rückkehr des Wolfes ist ein hochemotio­nales Thema. Was Naturschüt­zer jubeln lässt, treibt Landwirten Sorgenfalt­en auf die Stirn.

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