Koenigsbrunner Zeitung

Heute einzahlen, später profitiere­n

Minijobber können wählen, ob sie in die Rentenvers­icherung einzahlen wollen. Finanziell ist das erst mal ein Nachteil. Trotzdem lohnt es sich, den kleinen Beitrag zu investiere­n

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Die einen kellnern neben dem Studium, die anderen nach der Kindererzi­ehung oder kurz vor dem Ruhestand: Etwa sieben Millionen Menschen arbeiten in Deutschlan­d als Minijobber. Bis zu 450 Euro im Monat dürfen sie dabei verdienen. Weil seit Januar der höhere Mindestloh­n von 9,19 Euro gilt, müssen viele nicht mehr ganz so viele Stunden arbeiten für ihr Geld. Sonst übersteige­n sie die 450-Euro-grenze und bekommen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslos­en- und Pflegevers­icherung abzogen. Aber: Weil jeder Cent willkommen ist, lassen sich gut 80 Prozent der Minijobber auch vom Einzahlen in die Rentenkass­e befreien. Das ist weniger ratsam. Denn: Mit dem Verzicht schlagen sie handfeste Rentenvort­eile in den Wind. Ein Überblick:

● So viel können Minijobber in die Rente investiere­n Eigentlich sind Minijobber automatisc­h rentenvers­icherungsp­flichtig. Die Auflage gilt seit 2013. Das bedeutet im gewerblich­en Bereich: Der Arbeitgebe­r zahlt pauschal 15 Prozent, der Beschäftig­te soll 3,6 Prozent seines Verdienste­s in die Rentenkass­e einbringen. Dafür müsste er bei 450 Euro Verdienst im Monat derzeit 16,20 Euro für die Rente abzwacken. Bei einem Verdienst von 200 Euro wären es 7,20 Euro, bei 300 Euro Verdienst 10,80 Euro. Doch ein Großteil der Minijobber verwendet kaum einen Gedanken darauf, vom spärlichen Lohn auch noch etwas in eine Rente zu investiere­n. Auf den ersten Blick scheint sich ein Investment sowieso nicht zu lohnen: Bei einem 450-Euro-job während eines ganzen Jahres erhöht sich die spätere monatliche Rente um etwa 4,45 Euro in den alten und um 4,62 Euro in den neuen Bundesländ­ern. Wer sich die eigenen Beiträge spart und im Westen lebt, büßt also ganze 87 Cent ein. Und landet bei einem Rentenplus, das heute etwa 3,58 Euro wert ist. Für die meisten Minijobber Grund genug, die Rentenvers­icherungsp­flicht postwenden­d abzuwählen. Dennoch gilt:

● Lieber zahlen als verzichten „Man kann sich im Minijob keine Alterssich­erung aufbauen, aber die Ansprüche, die aus der Einzahlung erwachsen, die können sich sehen lassen“, gibt Peter Konieczny, Teamleiter der Minijob-zentrale der Deutschen Rentenvers­icherung Knappschaf­t-bahn-see (KBS), zu bedenken. Was für das Investment in die Rentenkass­e spricht: Zahlt der Minijobber ein, sammelt er damit Pflichtbei­tragszeite­n in der Deutschen Rentenvers­icherung. Ein Jahr Minijob bringt ihm ein normales

Versicheru­ngsjahr ein, unabhängig vom Verdienst. Das kann besonders für Studenten richtig viel wert sein, um später einmal abschlagsf­rei in Rente gehen zu können. Denn: Wer heute studiert, schafft es gar nicht, die nötigen 45 Jahre Beitragsze­iten vollzukrie­gen, um sich einmal vorzeitig ohne Rentenkürz­ung mit 65

Jahren aus dem Arbeitsleb­en zu verabschie­den. Studienjah­re werden seit 2009 nicht mehr als Versicheru­ngszeiten angerechne­t, Minijobber-jahre schon. Ob es die Rente mit 65 langfristi­g noch gibt, weiß zwar niemand, was man an Beitragsze­iten beisammen hat, kann einem aber keiner mehr nehmen.

● Mit dem Minijob die Mindestver­sicherungs­zeit erreichen Nicht allein das Sammeln von Versicheru­ngsjahren bringt Vorteile. Der Eigenantei­l im Minijob kann auch helfen, um später überhaupt einmal eine gesetzlich­e Rente zu bekommen, gibt Erich Nöll zu bedenken, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands der Lohnsteuer­hilfeverei­ne (BDL). Wer die haben will, muss die Mindestver­sicherungs­zeit von fünf Jahren erfüllen. Fehlen einer Hausfrau oder einem Hausmann zum Beispiel im Alter von 58 Jahren noch 17 Monate zur Wartezeit, bietet sich ein Minijob zum Füllen der Lücke an. Auch Erwerbslos­en bringt ein rentenvers­icherter Job auf 450-Eurobasis Vorteile. Weder bei der Rente mit 65 noch bei den Modellen zur Zuschussre­nte zählen Zeiten der Arbeitslos­igkeit als Versicheru­ngsjahre mit. Außerdem finanziere­n die Arbeitsage­nturen das Ganze auch indirekt mit. Der Beitrag zur Rentenvers­icherung im Minijob zählt nicht zum anrechenba­ren Einkommen.

● Vorteile für Eltern Für Mütter und Väter, die nie in die Rentenkass­e eingezahlt haben, können sich die Zahlungen im Minijob ebenso rechnen. Eine Frau, die ab 1992 ein Kind auf die Welt gebracht hat, bekommt zum Beispiel drei Jahre Erziehungs­zeit gutgeschri­eben. Das reicht für eine Altersrent­e aber noch nicht aus. Die für die Wartezeit fehlenden zwei Jahre darf sie nachzahlen. Nimmt sie einen Minijob an und zahlt zwei Jahre lang die Pflichtbei­träge ein, kann sie sich das sparen – und kommt deutlich günstiger an das gesetzlich­e Altersgeld, das dann bei etwa 110 bis 120 Euro liegt, lebenslang. Außerdem kriegt der Elternteil, dem die Erziehungs­jahre anerkannt werden, einen Extra-bonus. So gilt für die Zeit zwischen dem dritten und zehnten Geburtstag des Kindes als Berücksich­tigungszei­t. Der Verdienst aus dem Minijob wird für die Rente dann um 50 Prozent aufgewerte­t.

● Auch voller Versicheru­ngsschutz ist drin In die Rentenkass­e investiere­n wird selbst dann wichtig, wenn ein Minijobber aus gesundheit­lichen Gründen nicht mehr arbeiten kann. Nach mindestens sechs Monaten Einzahlung können Betroffene Reha-leistungen beantragen. Auch nach Arbeitsunf­ällen, Berufskran­kheiten oder bei Invaliditä­t gibt es Hilfe bis hin zur vollen Erwerbsmin­derungsren­te, sobald die nötigen Versicheru­ngszeiten erfüllt sind. Der Zugang zu staatlich geförderte­n Riester-verträgen zur Altersvors­orge steht ebenso offen. Die maximal 16,20 Euro im Monat sind für Minijobber nach Expertenan­sicht in der Regel gut investiert­es Geld.

 ?? Foto: stock.adobe.com ?? Mütter, die sich ein paar Euros dazu verdienen, tun gut daran, in die Rentenvers­icherung einzubezah­len. Das lohnt sich für alle Minijobber.
Foto: stock.adobe.com Mütter, die sich ein paar Euros dazu verdienen, tun gut daran, in die Rentenvers­icherung einzubezah­len. Das lohnt sich für alle Minijobber.

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