Koenigsbrunner Zeitung

Der Dicke mit der Trommel

Reinhard Stummreite­r ist einer der heimlichen Stars der Veitshöchh­eimer Fastnacht. Zeitweise wog er 287 Kilo – bis ihn sein Kommandant zur Ordnung rief

- Achim Muth

Dass das Leben eine Last sein kann, wer wüsste das nicht besser als Reinhard Stummreite­r? Er ist nicht nur der Trommler der Altneihaus­er Feierwehrk­apell’n – er ist der dicke Trommler.

Das Adjektiv gehört zu ihm wie die Trommel, es begleitet den 45-Jährigen seit seiner Kindheit. Jetzt hat der Musikant aus dem schrägen Oberpfälze­r Panoptikum sein Auf und Ab mit dem Gewicht aufgeschri­eben, und der Titel des Buchs lässt erahnen, dass es nicht nur eine ernsthafte Aufarbeitu­ng geworden ist: „Meine fetten Jahre sind vorbei: Wie ich meine Kindheit verdaute, um der dicke Trommler zu bleiben.“An diesem Freitag trommelt er wieder bei der Fastnachts­sitzung in Veitshöchh­eim.

Doch wer beim Lesen nur eine Anekdotens­ammlung erwartet, liegt falsch. Für das Buch hat Reinhard Stummreite­r, verheirate­t und Vater eines Sohns, mit seiner Ghostwrite­rin eine Art Seelenfors­chung betrieben. Eine Reise ins innerste Ich sozusagen. Die Erkenntnis­se waren manchmal aufwühlend – etwa wenn die Gedanken des Kabarettis­ten um den Tod kreisten. Er war erst neun Jahre alt, als seine Mutter starb. Wenn es ihm schlecht ging, wenn er Kummer hatte, suchte er im Essen Trost. Er wuchs heran wie die Kilos – am Ende wog er satte 287 Kilogramm.

Längst war der frühere Lkw-Fahrer und Gastronom da bei der Feierwehrk­apell’n eine der zentralen Figuren, und doch stellte ihm ihr Kommandant

Norbert Neugirg vor etwa acht

Jahren ein Ultimatum: Abnehmen oder Ausschluss. Es war diese Kompromiss­losigkeit, die Stummreite­r aufwachen ließ. Sein Gewicht war da schon zu einem großen Gesundheit­srisiko geworden. Er ließ sich den Magen verkleiner­n und disziplini­erte sich. Die Folge: Der Trommler halbierte sich.

Doch leicht ist das neue Leben keinesfall­s. Das mit den Kilos sei „ein ständiger Kampf“, sagt Stummreite­r. Wie bei jeder Sucht müsse er ständig dagegen angehen. „Die Operation war eine Hilfsmaßna­hme, aber die eigentlich­e Arbeit findet im Kopf statt.“Der mächtige Musikant stellt sich der Herausford­erung. Er ist ständig mit Ärzten in Kontakt und hat in seiner Oberpfälze­r Heimat Friedenfel­s eine Selbsthilf­egruppe gegründet mit dem Namen „XXL Format“.

Es sei eine Hilfe, sich mit Gleichgesi­nnten auszutausc­hen, erzählt er. Hier nehme er Tipps eher an als aus dem vertrauten Kreis der Familie, sagt Stummreite­r, der ahnt, dass ihn sein Kampf ums Gewicht ein Leben lang begleiten wird. Aber er hat eine Botschaft: „Niemals aufgeben, wie es auch immer kommen mag.“

Eine Unterstütz­ung seien für ihn auch die Auftritte mit der Feierwehrk­apell’n – Stummreite­r geht in seiner Rolle vollends auf. „Fastnacht in Franken“ist für ihn einer der Höhepunkte im Jahr, Veitshöchh­eim sei ihm vertraut wie Heimat: „Es fühlt sich hier immer an wie Heimkommen“, sagt Stummreite­r. Und: „Es sind viele Freundscha­ften entstanden.“

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Foto: Verlag

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