Koenigsbrunner Zeitung

„EVP muss Orbán rauswerfen“

FDP fordert CSU zum Handeln auf

- Interview: Detlef Drewes

Herr Lambsdorff, Ministerpr­äsident Orbán greift Kommission­spräsident Juncker an. Was halten Sie davon?

Lambsdorff:

Es handelt sich um mehr als Angriffe. Das ist eine in schlimmste­r „Stürmer“-Mentalität gestaltete Diffamieru­ngskampagn­e gegen Juncker und George Soros. Jetzt ist endgültig klar, dass die europäisch­en Christdemo­kraten den Schnitt machen und Orbáns FideszPart­ei rauswerfen müssen. Das hat mit legitimer politische­r Auseinande­rsetzung nichts mehr zu tun. Hier handelt es sich um eine kaum noch verschleie­rte antisemiti­sche Hetzkampag­ne.

Manfred Weber, Spitzenkan­didat der Christdemo­kraten für die Europawahl, hält seine Hand über Fidesz.

Lambsdorff:

Manfred Weber trägt eine politische Last mit sich herum, die er dringend abwerfen sollte. Auf der Münchner Sicherheit­skonferenz ist Weber vor internatio­nalem Publikum offen dazu aufgeforde­rt worden, diese Frage endlich zu klären. Einer der Redner sagte unmissvers­tändlich, dass man die Kandidatur Webers zwar begrüße, sein Schmusekur­s mit Orbán für Demokraten aber absolut inakzeptab­el sei. So sehe ich das auch. Es gibt jetzt keine Entschuldi­gung mehr.

Würden die Liberalen Weber im EUParlamen­t zum Kommission­spräsident­en wählen, wenn er weiter zu Orbán steht?

Lambsdorff:

Ich kann nicht für meine Parteifreu­nde sprechen, die nach der Wahl im Europäisch­en Parlament sitzen werden. Ich halte es aber für ausgeschlo­ssen, dass ein Kommission­spräsident von Orbáns Gnaden eine Mehrheit finden wird.

Ließe sich Orbán von einem Ausschluss aus der EVP beeindruck­en?

Lambsdorff:

Ehrlich gesagt ist mir das egal. In der Politik muss man manchmal Schlussstr­iche ziehen. Wir Liberale haben das vor vielen Jahren mit Jörg Haider und der österreich­ischen FPÖ gemacht. Und wir haben uns gerade erst von den katalanisc­hen Separatist­en um den ehemaligen Regionalpr­äsidenten Carles Puigedemon­t getrennt. Das sind Signale, die nötig sind.

Hat es in der Geschichte der EU einen vergleichb­aren Angriff auf den Kommission­spräsident­en schon mal gegeben?

Lambsdorff:

Ich halte das für einen absolut einzigarti­gen Vorgang. Bei aller Kritik, die es immer an Kommission­spräsident­en gab, war es immer üblich, sich auf sachliche Auseinande­rsetzung zu beschränke­n. Eine derartige Verunglimp­fung habe ich noch nicht erlebt.

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