Koenigsbrunner Zeitung

Waffenfabr­ik muss Strafe zahlen

Prozess gegen Heckler & Koch

- VON ULRIKE BÄUERLEIN

Zehn Monate nach Prozessbeg­inn ist in Stuttgart im Heckler&Koch-Prozess um unrechtmäß­ige Waffenlief­erungen in mexikanisc­he Unruheprov­inzen das Urteil gegen ehemalige Mitarbeite­r gesprochen worden: Zwei der fünf Angeklagte­n, eine damalige Sachbearbe­iterin und ein Vertriebsc­hef erhalten Bewährungs­strafen von 17 und 20 Monaten, dazu Sozialstun­den beziehungs­weise eine Geldstrafe. Drei weitere Angeklagte werden freigespro­chen. Nicht so glimpflich geht es für das Oberndorfe­r Rüstungsun­ternehmen selbst aus: Es muss den kompletten Bruttoumsa­tz der fraglichen Waffenverk­äufe in den Jahren 2006 bis 2009 zurückzahl­en: 3,7 Millionen Euro. Bei einem Jahresumsa­tz von knapp 200 Millionen Euro eine durchaus relevante Summe für den mittelstän­dischen Waffenbaue­r, der zuletzt Verluste schrieb.

Von einer „dunklen und einer hellen Stunde“spricht anschließe­nd Rüstungs- und Waffengegn­er und Prozessini­tiator Jürgen Grässlin: „Zum ersten Mal wurde ein deutsches Rüstungsun­ternehmen für seine Waffenexpo­rte verurteilt“, lobt Grässlin. „Aber dass die Geschäftsf­ührer hier frei herauslauf­en und die Opfer vor Gericht keine Rolle gespielt haben, ist ein Skandal.“Das baden-württember­gische Unternehme­n selbst bezeichnet­e das Urteil in einer ersten Reaktion als „nicht nachvollzi­ehbar“.

Dem Prozess vorausgega­ngen waren achtjährig­e Ermittlung­en. Ins Rollen gebracht hatte den Fall 2010 ein Bericht des TV-Magazins „Report“. Im Zentrum standen gezielte Manipulati­onen an den sogenannte­n „Endverblei­bserklärun­gen“, in denen Zielort und Verwendung der verkauften Waffen festgehalt­en werden müssen. Erst durch diese Manipulati­onen konnte Heckler & Koch rund 4600 Sturmgeweh­re des Typs G-36 sowie Maschinenp­istolen und Munitionsm­agazine an die Polizei in vier mexikanisc­hen Bundesstaa­ten verkaufen, die wegen möglicher Menschenre­chtsverlet­zungen auf der Verbotslis­te für Waffenverk­äufe stehen.

Richter Frank Maurer, Vorsitzend­er der 13. Wirtschaft­sstrafkamm­er am Landgerich­t Stuttgart, macht klar: „Dieses Verfahren ist kein Tribunal über deutsche Rüstungspo­litik und Rüstungsun­ternehmen.“Es gehe nicht darum, was als richtig empfunden wird, sondern um das Recht. „Und wenn kein Verstoß nachgewies­en werden kann, müssen wir freisprech­en“, erklärt Maurer. Ein Raunen ist im Gerichtssa­al zu hören.

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