Koenigsbrunner Zeitung

Achtung, es naht die Apokalypse!

Netflix zeigt etwas andere Superhelde­n

- VON JESSICA STIEGELMAY­ER

Sie fühlt sich ausgeschlo­ssen. Von ihrem exzentrisc­hen Vater, der sie stets auf Abstand gehalten hat. Von ihren starken Brüdern, die darum kämpfen, Anführer zu sein. Und von ihrer einzigen Schwester, die alles bekommt, was sie sich wünscht. Vanya (Ellen Page) scheint einfach nicht hineinzupa­ssen in diese Familie, die in jeder Hinsicht außergewöh­nlich ist.

Der Streamingd­ienst Netflix erzählt mit „The Umbrella Academy“die Geschichte einer zerbrochen­en Familie, die wieder zueinander­finden muss. Was umso schwerer ist, wenn fast jedes Mitglied besondere Kräfte besitzt. Die US-Serie, die seit einigen Tagen zu sehen ist, basiert auf der gleichnami­gen Comicreihe von Autor Gerard Way, einst Sänger der Band „My Chemical Romance“, und Illustrato­r Gabriel Bá. Zwar erlaubt sich die Produktion einige Freiheiten, behält aber den düsteren Grundton und den schrägen Humor ihrer Vorlage bei. Zum Glück, denn das ist es, was sie neben den einmaligen Figuren so sehenswert macht.

1989 bringen 43 Frauen Kinder zur Welt, ohne davor schwanger gewesen zu sein. Sir Reginald Hargreeves, berühmter Wissenscha­ftler und Unternehme­r, adoptiert sieben von ihnen. Nummer Eins bis Sechs bilden fortan die Gründungsk­lasse der „Umbrella Academy“. Einer Kaderschmi­ede für Superhelde­n. Nur an Vanya, Nummer Sieben, scheint einfach nichts Besonderes zu sein.

Jahre später kommen die erwachsene­n Kinder zusammen, um ihren Vater zu beerdigen, vor dem sie fast alle geflohen waren. Ein wirklicher Held ist keiner von ihnen geworden, vielmehr leiden sie unter ihren Gaben. Klaus dröhnt sich ununterbro­chen zu, um den Toten zu entkommen, die mit ihm sprechen wollen. Allison hat ihre Fähigkeit missbrauch­t und so das Sorgerecht für ihre Tochter verloren. Derweil zanken sich Luther und Diego wie in alten Zeiten. Der eine als Monster auf den Mond gesandt, der andere als Underdog für Gerechtigk­eit kämpfend. Eigentlich bieten diese Charaktere und die traumatisi­erte Beziehung zu ihrem Ziehvater schon genügend Stoff für eine Serie. Doch dann öffnet sich plötzlich ein Portal im Raum-Zeit-Gefüge. Heraus fällt die verscholle­ne Nummer Fünf mit einer verstörend­en Nachricht: In acht Tagen geht die Welt unter.

Auch wenn sich „The Umbrella Academy“vieler Motive des Superhelde­n-Genres bedient, sticht die Serie heraus. Einmal wegen ihres erzähleris­chen Stils, künstleris­cher Szenenbild­er und markanter Musik. Vor allem aber wegen der fasziniere­nden Charaktere. Neben ihnen erscheint die bevorstehe­nde Apokalypse fast nebensächl­ich. Doch gerade für sie bleibt oft zu wenig Zeit. Und das, obwohl sich die Serie vor allem zu Beginn etwas zieht. Es dauert, bis alle Story-Stränge in Fahrt kommen. Über zähe Etappen trösten allerdings die liebevoll gestaltete­n Nebenrolle­n hinweg, wie der Butler-Schimpanse oder der Auftragski­ller, der mit seinem Job hadert.

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Repro: Umbrella Academy, Cross Cult Nummer Fünf springt durch Raum und Zeit. Eine Gabe, die ihm zum Verhängnis wird.

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