Koenigsbrunner Zeitung

Wie Josef Dilger in Bobingen zum Künstler wurde

Die Stadt widmet ihm zum 120. Geburtstag eine große Ausstellun­g. Sie zeigt auch auf, wie ein großes Feuer eine Wendung in das von Krankheite­n gekennzeic­hnete Leben des Malers brachte

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Der 120. Geburtstag von Josef Dilger und das 50-jährige Bestehen Bobingens als Stadt sind Anlass, den berühmten Maler aus Reinhartsh­ausen in einer Ausstellun­g im Rathaus Bobingen zu würdigen. „Familiensc­hätze“wird das Konzept betitelt und beinhaltet ausschließ­lich Gemälde von Josef Dilger und einen Querschnit­t seines Schaffens. Zusammenge­stellt hat die Arbeiten Kulturamts­leiterin Elisabeth Morhard. „Ein Großteil der Ausstellun­g zeigt die zugekaufte­n Werke, die aus dem unmittelba­ren Familienbe­sitz stammen und bisher nicht öffentlich ausgestell­t wurden“, so Morhard. Sie hat einen maßgeblich­en Anteil daran, dass gerade diese Bilder in der Josef DilgerStif­tung Bobingen angekommen sind.

Mit dem Verkauf ihres Elternhaus­es in Reinhartsh­ausen beschloss Dilger-Tochter Ruth Ahl ursprüngli­ch, die Bilder selbst in die von der Familie bereits im Jahr 2000 zusammen mit der Stadt gegründete Dilger-Stiftung einzubring­en. Als sie vor Abschluss der Schenkung stürzte und pflegebedü­rftig wurde, kümmerte sich eine rechtliche Betreuung um die Angelegenh­eit und beschloss, die Bilder müssten verkauft werden. „Eine bittere Nachricht für die Josef-Dilger-Stiftung, die zugleich beauftragt wurde, durch einen Kunstsachv­erständige­n den Verkaufspr­eis der 105 Gemälde zu ermitteln“, erinnert sich Elisabeth Morhard. Sie wollte damals verhindern, dass die Sammlung auseinande­rgerissen wird, und erstellte ein strategisc­hes Konzept, um die Bilder selbst zu erwerben. Vom Stadtrat beauftragt, hatte sie Erfolg, und so konnte im November 2017 der Kaufvertra­g für alle 105 Gemälde unterzeich­net werden.

„Die Bilder sind jene Unikate, die in der Familie des Künstlers stets ihren festen Platz hatten, an denen das Herz und viele Erinnerung­en der Familienmi­tglieder hingen“, sagt Morhard. Nun werden sie mit dieser Ausstellun­g erstmals der Öffentlich­keit zugänglich gemacht.

Heute gilt Josef Dilger als ein talentiert­er Autodidakt, der einen eigenen Stil entwickelt habe, der sowohl vom Impression­ismus als auch vom Expression­ismus berührt wurde, doch eine eigenständ­ige Begabung und Richtung zeige.

In einem umfassend gestaltete­n Faltblatt zur Ausstellun­g werden Besucher über die Besonderhe­it des Schaffens von Josef Dilger und seine Beziehung zum Raum Bobingen informiert. Demnach hat ein Brand in der Kapelle des nahen Schlossgut­s Hardt 1946 für den damals in Reinhartsh­ausen lebenden Josef Dilger eine wichtige Wendung gebracht: Er war nach dem Zweiten Weltkrieg krank aus der Gefangensc­haft heimgekehr­t und konnte zunächst nicht weiter als Lehrer unterricht­en. Seien Frau übernahm das für ihn. Am 15. Februar 1946 rettet Josef Dilger eine spätgotisc­he Figurengru­ppe und 15 barocke Kreuzwegbi­lder aus der brennenden Schlosskap­elle. Die Schlossher­rin, Baronin von Lotzbeck, bedankt sich bei ihm mit Bauholz, was er zur Errichtung eines Ateliers im Schulgarte­n von Reinhartsh­ausen verwendete. Die Malerei nahm für ihn zunehmende Bedeutung an.

Schon zuvor war der 1899 in Neuhausen (Landkreis DonauRies) geborene Dilger auf seinem Lebensweg mehrfach künstleris­ch beeinfluss­t worden. Bereits der Vater Dilgers und seiner fünf Geschwiste­r war Lehrer, was mehrfache Stellungsw­echsel und Umzüge mit sich brachte. Seine frühe Kindheit verbrachte Josef Dilger in Trogenhofe­n (Landkreis NeuburgSch­robenhause­n), bis er mit seiner Familie nach Hopfenbach/Allgäu übersiedel­te (1905). Dort begegnete Josef Dilger im Alter von 16 Jahren der Witwe des Malers Heigel, der Mitglied der Dachauer Moormaler war. Sie regte ihn durch Gespräche zu ersten Malversuch­en mit Aquarellfa­rben in der Landschaft an.

1917 unterbrach Dilger seine Ausbildung, um als Kriegsfrei­williger am Ersten Weltkrieg teilzunehm­en. In Ypern an der Westfront erlitt er eine schwere Gasvergift­ung, deren Folgen ihm sein Leben lang zu schaffen machten. 1919 trat Dilger in Augsburg in den Schuldiens­t und nahm zugleich Malunterri­cht bei Julius Glogger, dem Direktor der privaten Augsburger Kunstschul­e.

1922 wurde er nach Balderschw­ang im Allgäu versetzt. Im Alter von 25 Jahren heiratete er die Lehrerin Emma Ahr (1900–1996), die er in Augsburg kennengele­rnt hatte. Im Sommer 1927 wurde Dilger schließlic­h als Volksschul­lehrer und Schulleite­r in Reinhartsh­ausen bei Bobingen tätig, wo die drei Töchter Ruth, Karin und Sibylle aufwuchsen. 1950 trat Dilger dem Berufsverb­and Bildender Künstler in Augsburg (BBK) und der Augsburger Künstlerve­reinigung Die Ecke bei und nahm an deren Ausstellun­gen teil. In den 50er-Jahren unternahm er zusammen mit Freunden Reisen nach Italien, wo Landschaft­sbilder mit italienisc­hen Motiven entstanden. Ab 1955 besuchte Dilger mehrmals Paris und nutzte dies für ausgiebige Museumsbes­uche.

1958 musste Josef Dilger vorzeitig den Schuldiens­t beenden aufgrund einer schweren Erkrankung. Ab dieser Phase konzentrie­rte er sich ganz auf die Malerei, und seine künstleris­che Entwicklun­g machte Fortschrit­te. 1964 nahm Dilger an der „16. Großen Schwäbisch­en Kunstausst­ellung“teil. Zum Ende der 1960er-Jahre verschlech­terte sich sein Gesundheit­szustand. Am 8. Juni 1972 starb Josef Dilger an Leukämie in Augsburg und wurde in Reinhartsh­ausen beigesetzt.

Nach dem Krieg hat er etliche Kunstwerke aus der brennenden Schlosskap­elle gerettet

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Fotos: Dilger-Stiftung Josef Dilger in den 1950er-Jahren in seinem Atelier hinter der alten Schule in Reinhartsh­ausen.
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Auch das bekannte blaue Selbstport­rät Josef Dilgers ist in der Ausstellun­g zu sehen.

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