Hört auf die Opfer!
Wenn sich ein Priester – wie in Donauwörth – an Kindern vergangen hat, sind dann alle Priester Kinderschänder? Selbstverständlich nicht. Und auch „die Kirche“kann man trotz der Vielzahl von Fällen körperlicher und sexueller Gewalt gegen Kinder in ihren Reihen nicht pauschal als „Täterorganisation“bezeichnen. Doch selbstverständlich muss man fragen: Wie konnte es zu den Straftaten kommen? Was hat sie begünstigt, was dafür gesorgt, dass sie nicht schneller publik wurden? Im Falle des Kinderheims Heilig Kreuz in Donauwörth sind diese Fragen nun beantwortet, die Vorwürfe wurden – wenn auch spät – aufgearbeitet. Was Schreckliches geschah, ist für jeden nachzulesen in einem Bericht, der auf der Homepage des Bistums Augsburg veröffentlicht wurde. Die Veröffentlichung ist gut, das muss Standard sein.
Bemerkenswert ist, dass bei der Vorstellung des Berichts vor Journalisten Opfer anwesend waren. Genau das ist der richtige Weg: Sie müssen an der Aufarbeitung und an Präventionskonzepten beteiligt werden, künftig noch viel stärker. Nicht über sie, sondern mit ihnen müssen Kirchenverantwortliche reden (so diese denn von den Opfern als Gesprächspartner akzeptiert werden). Das ist ein Baustein zu mehr Gerechtigkeit, die den Opfern widerfahren muss. Und es ist für die in eine tiefe Krise geratene katholische Kirche ein Baustein zur Wiedererlangung von Glaubwürdigkeit. Das Vertrauen, das sie verspielte, muss sie sich mühevoll neu verdienen. Bericht und Pressekonferenz zum Fall des Kinderheims zeigen, wie sie das tun kann.