Koenigsbrunner Zeitung

Mueller-Geheimpapi­er mit Sprengkraf­t

USA Niemand weiß, was im Abschlussb­ericht steht. Sicher ist, dass die Affäre weitergehe­n wird

- VON KARL DOEMENS

Washington Der Präsident gibt sich siegessich­er. „Ich bin gespannt auf den Bericht“, behauptete Donald Trump am Freitag. „Die gute Sache ist: Es gab keine Zusammenar­beit mit Russland und keine Justizbehi­nderung. Da war nichts. Und wenn es ein ehrlicher Bericht ist, wird er das sagen.“Die Opposition in Washington hat ganz andere Erwartunge­n an die Darlegunge­n von Sonderermi­ttler Robert Mueller – und aus unterschie­dlichen Gründen könnten beide Seiten enttäuscht werden.

Wenn der renommiert­e Ex-FBIChef nach 19 Monaten demnächst nämlich tatsächlic­h seine Arbeit beendet, wie dies amerikanis­che Zeitungen berichten, wird das nicht mit einem großen Knall passieren. Es dürfte keine Pressekonf­erenz geben und keine spektakulä­re Verurteilu­ng oder Reinwaschu­ng in der Russland-Affäre. Vielmehr wird Mueller, so schreibt es das Gesetz vor, einen vertraulic­hen Bericht an Justizmini­ster William Barr übermittel­n. Darin muss der Ermittler darlegen, warum er bestimmte Personen anklagte, wen er sonst noch untersucht­e und weshalb er diese Personen nicht belangte. Das kann in Form einer Liste mit Spiegelstr­ichen oder einer hundertsei­tigen Abhandlung geschehen. Niemand weiß, welche Form Mueller wählen wird.

Noch größer ist das Rätselrate­n über den Inhalt. Anders als in Washington sonst üblich, ist aus der Untersuchu­ng nichts nach außen gedrungen. Zwar hat Barr versproche­n, er werde „so viel Transparen­z herstellen, wie es in Übereinsti­mmung mit dem Gesetz möglich ist“. Das komplette Schriftstü­ck von Mueller will er aber nicht veröffentl­ichen. Der Justizmini­ster ist nur verpflicht­et, seinerseit­s einen Bericht an den Kongress zu schicken. Das kann das Original, eine Kurzfassun­g oder eine eigene Zusammenfa­ssung sein. So ist in Washington ein heftiger politische­r Streit über die Offenlegun­g und die Deutung von Muellers Erkenntnis­sen entbrannt. Die Demokraten fordern die Veröffentl­ichung des gesamten Berichts. Trump will das Bekanntwer­den von sensiblen Informatio­nen, die ihn belasten, unbedingt verhindern. Der Justizmini­ster hat schon klargemach­t, dass er keine Informatio­nen über Personen freigeben will, die sich nicht strafbar gemacht haben.

In jedem Fall werden die Demokraten den Bericht des Justizmini­sters genau studieren. Dafür haben sie eigens erfahrene Anwälte angeheuert. Ihre neue Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus wollen sie nutzen, um Zeugen vorzuladen und offengebli­ebene Fragen weiter zu untersuche­n. Auch die Gerichte stellen ihre Arbeit mit dem Ende der MuellerErm­ittlungen keineswegs ein: Alle laufenden Verfahren werden zu Ende geführt. Und einen Teil der Untersuchu­ngen – etwa die Überprüfun­g der Spenden zu Trumps Amtseinfüh­rung oder die Anklage des Trump-Vertrauten Roger Stone – haben ohnehin andere Staatsanwa­ltschaften übernommen. Neal Katyal, der damalige Oberste Anwalt der Obama-Regierung, riet den Lesern der New York Times deshalb schon: „Erwarten Sie nicht, dass die Sache vorbei ist, wenn Mueller seinen Bericht übergibt.“

Wie gefährlich die Russland-Affäre am Ende für Trump wird, lässt sich derzeit unmöglich vorhersage­n. Die Führung der Demokraten tritt angesichts der republikan­ischen Übermacht im Senat bislang bei einem Amtsentheb­ungsverfah­ren eher auf die Bremse. Und was mögliche Straftaten Trumps angeht, vertritt das Justizmini­sterium die Auffassung, dass ein amtierende­r Präsident nicht angeklagt werden kann.

Viele würden gerne seine Gedanken lesen: Sonderermi­ttler Mueller.

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Foto: dpa

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